Nachhaltigkeit und Mitbestimmung im Bankenaufsichtsrat
Nachhaltigkeitsberichte als wirksamer Hebel für Aufsichtsräte um auf eine sozial-ökologisch orientierte Unternehmensstrategie hinzuwirken.
Die Anhebung von Rechenschafts- und Publizitätspflichten für Unternehmen zu Umwelt, Soziales und Governance sind entscheidender Anknüpfungspunkt für Betriebs- und Aufsichtsräte, um auf eine sozial-ökologisch nachhaltig ausgerichtete Unternehmensführung hinzuwirken.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist ein wirksamer Hebel für Arbeitnehmervertreter:innen im Aufsichtsrat. Arbeitnehmervertreter:innen sollten daher proaktiv vorgehen und strategische Fragen zur „Nachhaltigkeits-Governance“ im Unternehmen sprich zur Etablierung bzw. zum Ausbau des Nachhaltigkeitsreportings sowie zur Verankerung der Nachhaltigkeitsstrategie (Ziele, Evaluierung) aufwerfen. Dies mit besonderem Fokus auf das Reporting und die Festlegung sozialer Zielsetzungen (z.B. Aus- und Weiterbildung fördern und gerecht verteilen, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Fluktuation senken, Gleichstellung vorantreiben). Von höchster Bedeutung für die Umsetzung einer wirksamen Nachhaltigkeitsstrategie ist die Einrichtung eines Nachhaltigkeitsmanagements, mit entsprechenden Ressourcen (Personal, Budget).
Schon heute nimmt der Gesetzgeber Vorstand und Aufsichtsrat in die Pflicht, für die Qualität der „nichtfinanziellen Berichte“ sowie der ihr zugrunde liegenden Datenerfassungs- und Steuerungssysteme Sorge zu tragen. Durch den veröffentlichten Richtlinienentwurf der EU-Kommission zu einer Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vom April 2021 erfährt diese Verantwortung weiteren Nachdruck. Am 24. Februar 2022 hat der Rat nunmehr seinen Standpunkt („allgemeine Ausrichtung“) zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission festgelegt. Mit dieser allgemeinen Ausrichtung erhält der Ratsvorsitz ein Mandat für weitere Gespräche mit dem Europäischen Parlament, die im Frühjahr 2022 beginnen sollen. Zu den wesentlichen Neuerungen für Management und Aufsichtsrat:
Ein Thema, das auf besonders umfassende Art und Weise neu geregelt wird, ist jenes der externen Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung – primär durch hierfür beauftragte Wirtschaftsprüfer:innen oder andere spezialisierte Dienstleister:innen. Dies soll grundsätzlich den Aufsichtsrat unterstützen, seinen eigenen Prüfpflichten nachzukommen. Die vorgeschlagenen Neuregelungen sind von großer Komplexität und machen daher eine intensive Befassung durch den Aufsichtsrat unumgänglich. Dieser ist weiterhin für die Beauftragung und Sicherstellung einer adäquaten Durchführung der beauftragten Prüfung verantwortlich. Weiters ist die allgemeine Bestimmung des § 82 Aktiengesetz (AktG) zu berücksichtigen, die den Vorstand zur Führung eines angemessenen IKS und Rechnungswesens verpflichtet – was gleichermaßen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung gilt. Dies hat der Aufsichtsrat wiederum zu überwachen. Und auch für die weitere Transformation der Organisations- und Governance-Strukturen hat der Aufsichtsrat seine Beiträge zu leisten: Zunehmend lässt sich der Bedarf erkennen, die oftmals historisch gewachsenen Nachhaltigkeits-Agenden in Unternehmen in die Finanzorganisation und die dafür entwickelten Systeme, Prozesse und Rollenprofile zu überführen.
Die Verankerung von Nachhaltigkeit in der Governance (Management, Aufsichtsrat) ist von hoher Relevanz, um die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen effektiv zu verfolgen und Nachhaltigkeitsrisiken sorgfältig zu überwachen. Dem Aufsichtsrat kommt bei der Überwachung und Prüfung der Nachhaltigkeitsstrategie sowie des nachhaltigkeitsorientierten Risikomanagements eine Schlüsselrolle zu. Die Arbeitnehmervertreter:innen sollten bei der Ausrichtung der Nachhaltigkeitsstrategie im Aufsichtsrat bzw. im Rahmen eines (bestenfalls) eingerichteten Nachhaltigkeitsausschusses maßgeblich mitwirken und ihre Zielsetzungen für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einbringen. Der geplanten Neuerungen im Rahmen der CSRD sehen gleichwertige Überwachungspflichten für den Nachhaltigkeits- wie den Finanzbericht vor. Daher sollte – analog zur Finanzberichterstattung – mindestens ein Mitglied des Prüfungsausschusses über entsprechende Nachhaltigkeitsexpertise („sustainability expert“) verfügen. Belegschaftsvertreter:innen sind die Expert:innen für „gute Arbeit“ in den Unternehmen und leisten dank ihrer fundierten Kenntnisse zur Situation der Beschäftigten in den Betrieben einen wertvollen Beitrag im Hinblick auf soziale Nachhaltigkeit. Gerade wenn es um die wirtschaftliche Mitbestimmung im Aufsichtsrat geht, sollte das Wissen der Arbeitnehmervertreter:innen als „Social Sustainability Experts“ jedenfalls genutzt werden.
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