Mann liest mit Lupe
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Die Behandlung des Jahresabschlusses im Aufsichtsrat in Krisenzeiten

In Krisenzeiten stehen Mitglieder von Aufsichtsräten vor besonderen Herausforderungen. Außerhalb von Krisenzeiten sind die Aufgaben des Aufsichtsrates oft langfristiger und strategischer Natur. Es geht darum die Geschäftsführung oder den Vorstand durch aufmerksame Kontrolle, durch die richtigen Fragen und Hinweise auf eventuelle blinde Flecken oder schleichende Entwicklungen strategisch zu begleiten. Der Aufsichtsrat unterstützt auf diese Art und Weise die handelnden Organe, damit diese ihren Blick gleichzeitig weiten und schärfen, um das langfristige Wohl der Gesellschaft und der Beschäftigten zu sichern. In der Krise müssen mitunter sehr kurzfristig Maßnahmen beschlossen werden.

Die folgenden Punkte sollen helfen bei der Behandlung des Jahresabschlusses die richtigen Themen anzusprechen und Fragen zu stellen, sofern diese nicht ohnehin in der Aufsichtsratssitzung aufgeworfen werden. 

Fünf Empfehlungen

1. Ereignisse nach dem Bilanzstichtag hinterfragen
Prüfen Sie, ob im Jahresabschluss auf „Ereignisse nach dem Bilanzstichtag“ eingegangen wird. Falls dies nicht der Fall ist, fragen Sie den/die Wirtschaftsprüfer:in und/oder die Geschäftsführung, welche konkreten Auswirkungen Krisenereignisse, wie z.B. Energieteuerung oder Lieferkettenprobleme auf die Zahlen im Jahresabschluss haben und welche Maßnahmen die Geschäftsführung gesetzt hat oder gedenkt zu setzen. 

2. Gewinnausschüttungen vermeiden
Fragen Sie nach, ob durch die Krise das Vermögen, das Eigenkapital bzw. die Liquidität der Gesellschaft nachhaltig gemindert wird. Wenn dies bejaht wird oder Sie den Eindruck haben, dass dies so ist, thematisieren Sie eine mögliche Sperre des Bilanzgewinnes. Dies würde bedeuten, dass dieser nicht mehr als Dividende an die Eigentümer:innen der Gesellschaft ausgeschüttet werden kann, um die Substanz und die Liquidität der Gesellschaft zu schützen.

3. Maßnahmen auf Basis unterschiedlicher Szenarien diskutieren und Annahmen gut prüfen
Wenn die Geschäftsführung im Aufsichtsrat Maßnahmen zur Bewältigung der Krise vorschlägt, sollten diese aufgrund von nachvollziehbaren Szenarien erwogen werden. Es ist wenig sinnvoll, nur ein einziges Szenario/Zukunftsbild zu zeichnen. Die Entwicklungen der letzten Monate haben gezeigt, dass Annahmen sehr schnell wieder „veraltet“ sein können. Seriös ist es also, verschiedene Möglichkeiten und Szenarien für die Zukunft zu zeichnen. Fordern Sie also für Zukunftsentwicklungen immer unterschiedliche Szenarien ein („Bestes Szenario“ – „Wahrscheinlichstes Szenario“ – „Schlimmstes Szenario“). Hinterfragen Sie für die Szenarien auch jeweils die Annahmen, die getroffen wurden. Diese sollen verständlich, plausibel und nachvollziehbar erklärt werden. 

4. Mittelfristige Pläne für die Umsätze und Liquidität einfordern
Auch wenn akut im Ausnahmefall keine bzw. nur geringfügige oder sehr kurzfristige Maßnahmen getroffen werden – fordern Sie eine Diskussion über die Entwicklung der Umsätze und der Zahlungsfähigkeit  („Liquidität“) des Unternehmens für die nächsten Monate ein. Diese Pläne sind die Grundlage für mögliche Maßnahmen und sollten allen Mitgliedern des Aufsichtsrates bekannt sein und von diesen erörtert werden.

5. Die Werte in der Bilanz hinterfragen
Achten Sie in diesem Zusammenhang besonders auf die Marktwerte des Anlagevermögens und hinterfragen Sie diese. Die meisten Vermögenswerte werden in Österreich aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sehr „vorsichtig“ bewertet. Der tatsächliche Wert von Wertpapieren oder Liegenschaften kann weit über dem Wert stehen, der in der Bilanz bzw. im Jahresabschluss angeführt ist. Es kann aber natürlich auch aufgrund eines akuten Kursverfalls das Gegenteil eintreten. Der Aufsichtsrat sollte hier den Jahresabschluss als Grundlage umfassende und über den Jahresabschluss hinausgehende Informationen sehen. 

 

AK Beratung

Wenden Sie sich besonders in Krisenzeiten mit Ihren Aufsichtsratsunterlagen an die zuständige Gewerkschaft bzw Arbeiterkammer!

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