Dass sich die Balken biegen: Täuschen mit Grafiken
Anhand einiger typischer Beispiele aus der Aufsichtsratspraxis sollen im Folgenden mögliche Manipulationsmöglichkeiten aufgezeigt werden. In diesen Beispielen wird jeweils die Entwicklung des Umsatzes, des Aktienkurses, des Einkommens und der Krankenstände veranschaulicht. Auf dem ersten Blick steigt der Umsatz der Firma rasant, der Wert der Aktien nimmt enorm zu, die Höhe des Einkommens pro Beschäftigten vervielfachte sich in nur wenigen Jahren und die Krankenstände haben ein Höchstausmaß angenommen. Diese Eindrücke aber täuschen.
Abschneiden der vertikalen y-Achse
Die beiden Balkendiagramme stellen die Umsatzentwicklung eines Unternehmens dar. Beide Grafiken beziehen sich auf dieselbe Datengrundlage. Trotzdem vermittelt die erste Abbildung den Eindruck, dass der Umsatz rasant steigt. Dieser Eindruck entsteht durch die unterschiedliche Skalierung der vertikalen y-Achse. Der unterste Achsenwert liegt in Abbildung 1 bei 48.000 Tsd € Umsatz. In Abbildung 2 startet er bei Wert Null: nun sieht die Umsatzentwicklung nicht mehr so spektakulär aus wie zuvor. Achten Sie daher darauf, dass die y-Achse - bis auf begründete Ausnahmen - mit 0 beginnt!
Abschneiden der horizontalen x-Achse
Die beiden Liniendiagramme zeigen die Kursentwicklung einer Aktiengesellschaft. Auch hier wird auf dieselbe Datengrundlage zurückgegriffen. Abbildung 3 vermittelt den Eindruck, dass sich der Aktienkurs steil aufwärts entwickelt hat. Betrachtet man den Aktienkurs aber über einen längeren Zeitraum - wie in Abbildung 4 -, sieht man, dass der Aktienkurs vor 2016 viel höher war und dann tief gefallen ist. Bezieht man den vorangegangenen Abwärtstrends ein, stellt der Aufwärtstrend eigentlich nur die Erholung des gefallenen Aktienkurses dar. Der gezeigte Ausschnitt des Aktienkurses war sehr begünstigend gewählt. Achten Sie daher auf die Breite des gewählten Zeitausschnittes!
Falsche Proportionen von Piktogrammen
Oft werden bei der Darstellung zum Thema passende Symbole (sogenannte Piktogramme) verwendet. In obiger Darstellung wird die Entwicklung der Einkommen der Beschäftigten in den Jahren 2016 bis 2018 anhand eines Geldbeutels symbolisiert. Indem sich die Größe des Geldbeutels in Abbildung 5 enorm erhöht, gelangt man zur Schlussfolgerung, dass sich ebenso die Höhe des Einkommens verdoppelt hat. Stimmt das? Der Geldbeutel von 2016 passt ungefähr 2mal in den Geldbeutel von 2018. Das bedeutet, dass das Einkommen von 2018 eigentlich 2mal so groß wie 2016 sein sollte, das wären ungefähr 56.000 Euro. Tatsächlich sind es aber nur 30.000 Euro, also ein Anstieg von knapp einem Sechstel. Der Vergrößerung des Geldbeutels verhält sich nicht proportional zur Erhöhung des Einkommens. Die gewählte Darstellung täuscht also über die wahren Zahlenverhältnisse hinweg. Achten Sie daher darauf, dass der Flächeninhalt des Piktogramms dem darzustellenden Wert entspricht!
Täuschung durch 3D-Effekte, Farben, Sehhilfen
Dreidimensionale Bilder sind abwechslungsreicher, aber fast beliebig manipulierbar. Die Abbildung 7 zeigt die Anzahl der Krankenstände pro Beschäftigten mit 3D-Effekt. Diese sind mit 16 Tagen im Jahr 2018 genauso hoch wie 2015. Durch die perspektivische Darstellung scheint der Wert für 2018 jedoch erheblich größer als der gleich hohe Wert aus 2015 weiter hinten. Außerdem lassen die Farbe Rot, die Längsstreifen im Balken und die Sehhilfe (dicker Pfeil nach oben) den vorderen Balken noch mächtiger erscheinen. Achten Sie daher auf die verzerrende Wirkung raffinierter Perspektiven, unterschiedlicher Farben, von Längs- und Querstreifen und Sehhilfen! Sie können das Kleine groß und das Große klein erscheinen lassen.
IFAM Tipp
Daten hinter den Grafiken anfordern und prüfen
Wenn Ihnen Daten in Form von Grafiken vorgelegt werden, sollten Sie jedenfalls die dahinterliegenden konkreten Zahlen anfordern. Denn auch wenn grafische Darstellungen nicht manipulativ verwendet werden, zeigen sie oft nur einige ausgewählte Werte als Zahlen an.
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