Täuschen mit Grafiken
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Was können Zahlen aus einem Jahresabschluss aussagen? Eine Zahl für sich alleine sagt noch wenig aus. Ein Jahresüberschuss von 1 Mio Euro mag für einen kleinen Handwerksbetrieb ein großer Erfolg sein, für einen multinationalen Industriekonzern wäre er wohl eine Katastrophe. Zahlen werden umso aussagekräftiger, je stärker sie zu anderen Zahlen in Bezug gesetzt werden. Dabei gibt es verschiedene Bezugsmöglichkeiten. Ein Vergleich mit den Vorjahren erscheint sinnvoll oder auch ein Vergleich mit anderen Betrieben aus demselben Land und derselben Branche. Nicht zuletzt macht es Sinn, Zahlen aus einem Jahresabschluss mit anderen Zahlen aus demselben Jahresabschluss zu vergleichen. Die Personalkosten sind vielleicht gestiegen, aber ist der Gewinn im selben Jahr vielleicht noch viel höher angewachsen? Die zusätzliche Information ermöglicht oft eine neue Interpretation. Dieses In-Bezug-Setzen von Zahlen und deren Interpretation nennt man Bilanzanalyse, die einzelnen Werte „Kennzahlen“. Diese sind bis auf wenige Ausnahmen nicht gesetzlich geregelt – es kann daher grundsätzlich alles verglichen werden, was einen informativen Mehrwert liefert. Einige bekannte Kennzahlen werden nachfolgend aufgezählt.
Die EBIT-Quote (auch EBIT-Marge oder EBIT-Margin) stellt das prozentuelle Verhältnis des Betriebserfolges zum Umsatz oder zur Betriebsleistung dar. Sie gibt daher Auskunft darüber, wieviel Euro von 100 Euro erstellter oder verkaufter Leistung dem Betrieb als operativer Gewinn bleiben und ist daher für profitorientierte Unternehmen eine sehr wichtige finanzielle Erfolgskennzahl. Die EBIT-Quote kann je nach Betrieb adaptiert werden, es kann der Umsatz oder die Betriebsleistung dem gesamten Betriebserfolg oder auch nur dem ordentlichen Betriebserfolg gegenübergestellt werden. Genauso gut könnte natürlich das EBITDA oder der Jahresüberschuss anteilig am Umsatz oder an der Betriebsleistung berechnet werden. Bei Unternehmen mit hohen Investitionen könnte zB die „EBITDA-Quote“ sinnvoller sein.
Die Personalaufwandquote (oft auch Personalaufwandstangente genannt) ist das prozentuelle Verhältnis der Personalaufwendungen zum Umsatz oder zur Betriebsleistung. Sie gibt Auskunft darüber wieviel Euro von 100 Euro erstellter oder verkaufter Leistung für das eigene Personal ausgegeben werden. Es ist daher durchaus möglich, dass die Personalkosten in absoluten Zahlen zwar deutlich steigen, aber die Personalaufwandstangente sinkt. Dies würde bedeutet, dass das Personal entsprechend mehr geleistet hat als in den Vorjahren, obwohl die Kosten steigen. Werden für die Personalaufwandstangente die ordentlichen (also um außerordentliche Effekte bereinigte) Personalaufwendungen und die ordentliche Betriebsleistung verwendet, so spricht man von der ordentlichen Personalaufwandstangente oder –quote.
Die Liquidität gibt Auskunft darüber ob ein Betrieb zahlungsfähig ist. Im Grunde ist sie eine Gegenüberstellung von Umlaufvermögen und Fremdkapital und beantwortet somit die Frage zu welchem Anteil die Schulden durch das verfügbare und kurzfristig „liquidierbare“ Vermögen abgedeckt sind. Je nachdem von welcher Frist man spricht, spricht man von unterschiedlichen „Liquiditätsgraden“. Die Liquidität dritten Grades – das ist die kurzfristigste Liquidität, bei der wirklich nur kurzfristig rückzahlbares Fremdkapital und sofort verfügbare Zahlungsmittel gegenübergestellt werden – sollte immer 100 % betragen. Das heißt: Die kurzfristig „liquidierbaren“ Vermögenswerte sollten die kurzfristig rückzahlbaren Schulden immer übersteigen.
Die Eigenkapitalquote ist das prozentuelle Verhältnis von Eigenkapital und Gesamtkapital. Sie drückt daher aus zu welchem Anteil die Vermögenswerte des Betriebes durch Eigenkapital finanziert sind, mit anderen Worten: welcher Anteil des Unternehmens wirtschaftlich tatsächlich den EigentümerInnen gehört (und nicht durch Banken oder Dritte finanziert wurde). Die Eigenkapitalquote wird auch im Unternehmensreorganisationsgesetz angesprochen, eine Eigenkapitalquote von unter 8 % wird – in Verbindung mit anderen Kennzahlen – als problematisch betrachtet.
Die Fiktive Schuldentilgungsdauer errechnet sich aus der Nettoverschuldung anteilig am operativen Cash-Flow eines Betriebes. Sie beantwortet daher die Frage: Wie oft muss ein Unternehmen den jährlichen Mittelüberschuss verdienen um die komplette Nettoverschuldung abzubauen, dh um theoretisch komplett schuldenfrei sein zu können. Dies ist eine theoretische Kennzahl, da es für ein Unternehmen betriebswirtschaftlich Sinn macht, Teile des Vermögens auch durch Fremdkapital zu finanzieren. Allerdings gibt die fiktive Schuldentilgungsdauer Auskunft über die „Bewegungsfähigkeit“ eines Betriebes und die Abhängigkeit von Dritten. Das Unternehmensreorganisationsgesetz sagt, dass ein Wert von über 15 (also der Mittelüberschuss muss 15 Jahre lang verdient werden um die Nettoverschuldung abzubauen) – in Kombination mit einer zu niedrigen Eigenkapitalquote – problematisch ist.
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