Verhältnis von Aufsichtsrat und Abschlussprüfer
Für eine effiziente Aufsichtsratsarbeit und gute Abschlussprüfung ist eine intensive Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer von entscheidender Bedeutung. So hat auch das Unternehmensrechtsänderungsgesetz (URÄG 2008) den Aufsichtsrat in seiner Rolle als Auftraggeber des Abschlussprüfers gestärkt und damit klargestellt, dass der Abschlussprüfer ein Hilfsorgan des Aufsichtsrats ist. Im Folgenden soll ein Überblick über die Verbindung zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer von der Wahl bis zur Auftragserfüllung gegeben werden.
Vorschlagsrecht des Aufsichtsrats
Der Aufsichtsrat hat der Haupt(General)versammlung einen Vorschlag zur Wahl des Abschlussprüfers zu erstatten. Dazu bedarf es einer Aufsichtsratssitzung, in deren Verlauf sich die AufR-Mitglieder darauf verständigen, welche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Abschlussprüfer beauftragt werden soll. Der AufR-Vorsitzende holt von diesen Prüfungsfirmen Angebote ein. Mit dem Prüfer, der am besten qualifiziert erscheint, wird – im Allgemeinen vom Prüfungsausschuss – ein Gespräch geführt. Der Aufsichtsrat hat dabei festzustellen, ob die Unabhängigkeit des Prüfers beeinträchtigt sein könnte und mit dem Abschlussprüfer die Konditionen für den Fall seiner Bestellung zu vereinbaren.
Unabhängigkeitserklärung des Prüfers
Liegt eine Befangenheit durch Beziehungen geschäftlicher,finanzieller oder persönlicher Art vor, darf ein Prüfer die Abschlussprüfung nicht vornehmen. Es genügt bereits die „Besorgnis“, dass ein Befangenheits- oder Ausschlussgrund vorliegt. Im Rahmen einer Unabhängigkeitserklärung an den Aufsichtsrat bzw Prüfungsausschuss hat der Abschlussprüfer noch vor Aufnahme in den Wahlvorschlag alle Umstände darzulegen, die seine Unabhängigkeit oder Unbefangenheit gefährden könnten sowie allfällig getroffene Schutzmaßnahmen zur Sicherstellung einer unabhängigen und unbefangenen Prüfung aufzuzeigen. Weiters hat er eine nach Leistungskategorien gegliederte Aufstellung über das für das vorangegangene Geschäftsjahr von der Gesellschaft erhaltene Entgelt vorzulegen sowie über die Einbeziehung in ein gesetzliches Qualitätssicherungssystem zu berichten.
Ausschlussgründe des Prüfers
Im Unternehmensgesetzbuch (§ 271 UGB) sind ua folgende Ausschlussgründe definiert:
- wenn der Prüfer Anteile an der zu prüfenden Gesellschaft (bzw an Konzerngesellschaften) oder auf den Erwerb, Verwaltung und Veräußerung derartiger Anteile maßgeblichen Einfluss hat (= finanzielles Interesse)
- wenn der Prüfer gesetzlicher Vertreter oder Mitglied des Aufsichtsrats des zu prüfenden Unternehmens ist oder in den letzten 2 Jahren war (= Selbstprüfung)
- wenn er bestimmte Tätigkeiten bei dem zu prüfenden Unternehmen durchgeführt hat, zB Buchführung, Erstellung des Jahresabschlusses, interne Revision (= Selbstprüfung)
- wenn er Bewertungsleistungen erbringt, die sich nicht unwesentlich auf den geprüften Jahresabschluss auswirken (= Selbstprüfung)
- wenn er über keine Bescheinigung gemäß dem Abschlussprüfer-Qualitätssicherungsgesetz verfügt
- wenn er in den letzten 5 Jahren mindestens 30% seiner Gesamteinnahmen aus der Prüfung des zu prüfenden Unternehmens bezogen hat (= wirtschaftliche Abhängigkeit)
Besondere Ausschlussgründe (§ 271a UGB) wurden für die börsennotierte Gesellschaft bzw „XL“-Gesellschaft (5-fach große Kapitalgesellschaft) definiert. Demnach darf jemand nicht Abschlussprüfer sein, der
- in den letzten 5 Jahren mindestens 15 % seiner Gesamteinnahmen aus der Beratung und Prüfung der betreffenden Gesellschaft (inkl. Konzerngesellschaften) bezogen hat (= wirtschaftliche Abhängigkeit)
- in dem zu prüfenden Geschäftsjahr über die Prüfungstätigkeit hinaus für die zu prüfende Gesellschaft Rechts- oder Steuerberatungsleistungen erbracht hat (= Selbstprüfung). Erlaubt ist es aber „Gestaltungsalternativen“ für den Jahresabschluss aufzuzeigen, die sich nicht wesentlich auswirken.
- in dem zu prüfenden Geschäftsjahr für die zu prüfende Gesellschaft bei der Entwicklung, Installation und Einführung von Rechnungslegungsinformationssystemen mitgewirkt hat (= Selbstprüfung)
- bereits 5mal einen Bestätigungsvermerk gezeichnet hat (interne Rotation). Nach einer 2jährigen Unterbrechung darf allerdings wieder ein weiteres Prüfungsmandat angenommen werden.
Die Regeln bezüglich der Befangenheit sowie die Ausschlussgründe sind auch dann anzuwenden, wenn „Netzwerkpartner“ betroffen sind. Ein Netzwerk liegt vor, wenn Personen bei ihrer Berufsausübung zur Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen für eine gewisse Dauer zusammenwirken. Liegt Befangenheit aufgrund einer Tätigkeit oder einer Beziehung durch ein Netzwerkmitglied vor, so darf der Abschlussprüfer die Prüfung dennoch durchführen, wenn er durch entsprechende Schutzmaßnahmen sicherstellt, dass das Netzwerkmitglied keinen Einfluss auf die Prüfung nehmen kann.
Auswahlkriterien für den Abschlussprüfer
Neben den gesetzlichen Ausschlussgründen sollte der Aufsichtsrat noch folgende Auswahlkriterien berücksichtigen:
Wenn der Abschlussprüfer bereits für die Gesellschaft tätig war:
- Welchen Eindruck haben die Prüfungen, die Prüfungsberichte aber auch die Ausführungen des Abschlussprüfers in den AufR-Sitzungen hinterlassen?
- Wie hoch ist der Anteil des Prüfungshonorars am gesamten Umsatz des Prüfers? Besteht auf Grund eines hohen Anteils eine wirtschaftliche Abhängigkeit zum geprüften Unternehmen? Zusätzlich zum Entgeltbericht an den Aufsichtsrat schreibt das UGB eine aufgeschlüsselte Angabe der Aufwendungen für den Abschlussprüfer in den Erläuterungen zum Jahresabschluss vor (Aufwendungen für Prüfung des Jahresabschlusses, für Steuerberatungsleistungen, für andere Bestätigungsleistungen und für sonstige Leistungen). Diese Angabe kann unterbleiben, wenn das Unternehmen in einen Konzernabschluss einbezogen und diese Information darin enthalten ist.
- Um die Unabhängigkeit des Prüfers zu stärken sollte eine regelmäßige Rotation des Prüfers (interne Rotation) sowie des Prüfungsunternehmens (externe Rotation) vorgesehen werden. Eine gesetzliche Verpflichtung gibt es nur zur internen Rotation für börsennotierte Unternehmen und für „XL“-Unternehmen.
Wenn der Abschlussprüfer bisher noch nicht für die Gesellschaft tätig war:
- Über welche Kompetenzen und Ressourcen verfügt der Abschlussprüfer (zB Anzahl, Ausbildung und Erfahrung der Mitarbeiter der Prüfungskanzlei)? Verfügt der Prüfer über genügend Zeitreserven für die Einhaltung der vorgesehenen Berichtstermine?
- Verfügt der Prüfer über notwendige spezielle Fachkenntnisse für das betreffende Unternehmen (zB IFRS-Erfahrung, spezifische Branchenerfahrungen)?
- Sind erforderlichenfalls Spezialisten wie zB für Immobilienbewertung oder Sachverständige in versicherungsmathematischen Fragestellungen verfügbar?
Wahl durch die Hauptversammlung
In der Haupt(General)versammlung wird über den Vorschlag des Aufsichtsrats abgestimmt, dh der Abschlussprüfer wird gewählt. Sie ist an den AufR Vorschlag nicht gebunden. Nach der Wahl hat der Aufsichtsrat keine Möglichkeit mehr, an Stelle des gewählten Prüfers einen anderen Prüfer einzusetzen. Die AufR Mitglieder sind zur Teilnahme an der Haupt(General)versammlung, die über die Bestellung des Prüfers zu entscheiden hat, einzuladen.
Auftragserteilung – Prüfungsvertrag
Nach der Wahl in der Haupt(General)versammlung hat der Aufsichtsrat selbst die Vertragsverhandlungen zu führen und den Prüfungsvertrag mit dem Abschlussprüfer abzuschließen.
- Der Prüfungsinhalt und –umfang sind durch das UGB vorgegeben und können daher durch eine Vereinbarung zwischen AufR und Prüfer nicht eingeschränkt werden. Einflussmöglichkeiten des AufR ergeben sich jedoch durch Abstimmung von Prüfungsschwerpunkten bzw durch Festlegung zusätzlicher Prüfungsschwerpunkte. So kann zB der AufR den Abschluss prüfer beauftragen, das Kontrollsystem beim Derivatehandel zu prüfen, da der AufR vermutet, dass dieses vom Vorstand vernachlässigt wird.
- Ebenso sollten zusätzliche relevante Informationen, die im neuen „verkürzten“ Prüfungsbericht nicht enthalten sind, direkt in den Prüfungsvertrag hinein reklamiert werden (siehe auch Ifam Sonderausgabe März 2010).
- Vor Beginn der Prüfung sollten weiters die Eckpunkte der Kommunikation festgelegt werden. So sollte sichergestellt werden, dass auch während der Prüfung alle wesentlichen Feststellungen vom Prüfer an den AufR bzw Prüfungsausschuss gemeldet werden (zB unerwartet hohe Verluste, Betrugsfälle oder grundlegende Meinungsverschiedenheiten zwischen Vorstand und Prüfer).
- Zur Auftragserteilung gehört stets die Honorarvereinbarung. Das Honorar muss gemäß § 270 (1) UGB in einem angemessen Verhältnis zu den Aufgaben des Prüfers sowie zum Umfang der Prüfung stehen. Das Prüfungshonorar – aber auch der Vertrag selbst – dürfen nicht davon abhängen, ob neben der Prüfungstätigkeit auch noch andere Leistungen für die geprüfte Gesellschaft erbracht werden. Damit soll einer möglichen Gefährdung der Unabhängigkeit und Unbefangenheit des Prüfers durch unangemessen geringe Prüfungshonorare vorgebeugt werden – vor allem dann, wenn die Prüfung mit lukrativen Beratungstätigkeiten verbunden werden soll.
Was der Abschlussprüfer (nicht) prüft
Der Abschlussprüfer hat im Rahmen der Jahresabschlussprüfung zu prüfen, ob die gesetzlichen Vorschriften eingehalten wurden. Im Mittelpunkt steht dabei die Überprüfung, ob die Vermögenswerte und Schulden erfasst sind, auch existieren, zutreffend bewertet sind, sie dem Unternehmen gehören und im Jahresabschluss richtig dargestellt wurden. Er hat primär nicht die Aufgabe, die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Mittelverwendung zu überprüfen. Er prüft also nicht, ob das Unternehmen gute Leistungen erbracht oder das Management gut gewirtschaftet hat. Dies ist Aufgabe des Aufsichtsrates. Die einzige Ausnahme ist die Überprüfung auf bestandgefährdende Tatsachen im Rahmen der Redepflicht. In der Regel wird der Abschlussprüfer nicht lückenlos alle Geschäftsfälle nachprüfen, sondern eine stichprobenweise Prüfung vornehmen.
Während der Prüfung sollte der AufR-Vorsitzende oderder Vorsitzende des Prüfungsausschusses regelmäßig mit dem Prüfungsleiter kommunizieren um sich über den Fortgang der Arbeiten, aufgetretene Schwierigkeiten und Zweifelsfragen zu erkundigen. Ebenso sollte sich der AufR über den Inhalt eines etwaigen Managementletters informieren. Dieses Schreiben des Abschlussprüfers an die Geschäftsführung beinhaltet ua festgestellte Schwachstellen im Rechnungswesen bzw im internen Kontrollsystem, die Aufforderung zur Behebung dieser und Verbesserungsvorschläge des Prüfers.
Prüfungsbericht
Der Abschlussprüfer hat über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten. Der Prüfungsbericht ist jedem einzelnen Mitglied des Aufsichtsrates sowie dem Vorstand/Geschäftsführer zur Verfügung zu stellen. Laut Fachgutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (IWP PE 4) trifft den Abschlussprüfer die Verpflichtung zur Vorlage des Prüfungsberichts und nicht den AufRVorsitzenden oder den Geschäftsführer. Der Bericht kann aber auch indirekt zugestellt werden (etwa über den AufR-Vorsitzenden), in diesem Fall ist das empfangsberechtigte AufR-Mitglied jedoch über die Hinterlegung zu verständigen. Außerdem ist eine (jederzeit widerrufbare) Zustimmung jedes einzelnen AufR-Mitgliedes einzuholen.
Hinsichtlich der Vorlagefrist gibt es keine genaue Regelung.Im Fachgutachten wird darauf hingewiesen, dass der Prüfungsbericht grundsätzlich unverzüglich nach der Fertigstellung zu übermitteln ist. Spätestens muss die Vorlage an den Aufsichtsrat aber innerhalb der ersten 5 Monate nach dem Bilanzstichtag erfolgen. Im österreichischen Corporate Governance Kodex wird im Punkt 12 empfohlen, die Unterlagen für die AufR-Sitzung und damit auch den Prüfungsbericht spätestens 1 Woche vor der Sitzung zu übermitteln.
Die „Bilanzsitzung“
Ist ein Prüfungsausschuss eingerichtet, so hat dieser vor der eigentlichen AufR-Sitzung, in welcher der Jahresabschluss festgestellt bzw überprüft wird (= „Bilanzsitzung“), die Prüfung und Vorbereitung der Feststellung des Jahresabschlusses vorzunehmen. In Unternehmen, in denen kein Prüfungsausschuss vorhanden ist, hat der gesamte Aufsichtsrat die Aufgaben des Prüfungsausschusses zu übernehmen. Der Abschlussprüfer ist der Sitzung des Prüfungsausschusses, die sich mit dem Jahresabschluss beschäftigt, zuzuziehen. In dieser hat er über die Ergebnisse der Prüfung zu berichten (Redepflicht). Die Anwesenheit des Prüfers sollte vom Prüfungsausschuss genutzt werden, um sich vom Prüfer die Prüfungsergebnisse zum Jahresabschluss hingehend erläutern zu lassen. Der Prüfungsausschuss sollte sich weiters ein Bild darüber machen, ob der Abschlussprüfer seine Prüfung sorgfältig durchgeführt hat und er sich damit auf die Prüfergebnisse verlassen kann. Dazu könnten folgende Fragen an den Abschlussprüfer gestellt werden:
- Wie viele Arbeitsstunden wurden für die Prüfung verwendet? Wie viele davon entfielen auf den verantwortlichen Prüfer?
- Welche Prüfungsaktivitäten und Stichproben wurden vorgenommen?
- Welche Saldenbestätigungen wurden eingeholt?
- War der Prüfer auch bei der körperlichen Inventur anwesend? Wenn nein, wie hat er sich ein Bild von der Ordnungsmäßigkeit der durchgeführten Inventur gemacht?
- Welche Prüfungshandlungen wurden vorgenommen, um absichtlich herbeigeführte Fehldarstellungen im Jahresabschluss zu erkennen?
Die Antworten des Abschlussprüfers auf diese Fragen helfen im Übrigen auch bei der Erstellung des nächsten Vorschlags zur Abschlussprüferwahl.
Fazit
Grundsätzlich ist die Beziehung zwischen dem Überwachungsorgan Aufsichtsrat und dem externen Kontrolleur Abschlussprüfer im Gesetz geregelt. In der Praxis zeigt sich, dass die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer oft unterschiedlich gelebt wird. Der Abschlussprüfer ist gefordert, dem Aufsichtsrat den „Mehrwert“ einer guten, qualitativ hochwertigen Abschlussprüfung zu vermitteln und den Aufsichtsrat entsprechend seiner neuen Rolle als Auftraggeber umfassend einzubinden. Der Aufsichtsrat seinerseits sollte ebenfalls die Chance nutzen, mit dem Abschlussprüfer verstärkt in Dialog zu treten und die Abschlussprüfung nicht nur als gesetzliche Pflichtübung betrachten.Links
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