Wie fortgeschritten ist die Krise?
Krisenstadien und ihre Anzeichen
Mit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 trat auch das Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) in Kraft. Das URG hat zum Ziel, Maßnahmen zur Insolvenzprophylaxe und -bewältigung zu setzen. Bedarf ein Unternehmen der Reorganisation, so kann – sofern das Unternehmen nicht insolvent ist – die Einleitung eines Reorganisationsverfahrens beantragt werden. Darüber hinaus dient das URG in Bezug auf Kapitalgesellschaften als verbindliches Frühwarnsystem. Das Ignorieren von negativen Indikatoren zieht rechtliche Konsequenzen nach sich.
Das URG definiert zwei Kennzahlen bei dessen Unter- bzw Überschreitung Reorganisationsbedarf vermutet wird:
Diese Kennzahl zeigt, wie oft (bzw wie viele Jahre) der Cash Flow des Geschäftsjahres theoretisch verdient werden müsste, um die aktuelle Nettoverschuldung (Rückstellungen + Verbindlichkeiten – liquide Mittel – sonstige Wertpapiere und Anteile des Umlaufvermögens – Anzahlungen auf Vorräte) abzubauen. Hier liegt die Annahme zugrunde, dass der gesamte Cash Flow zur Schuldentilgung verwendet wird. Mit den 15 Jahren hat der Gesetzgeber eine Art Richtschnur für einen angemessenen Rückzahlungszeithorizont für Unternehmen festgelegt.
Reorganisationsbedarf laut URG ist dann gegeben, wenn sowohl die Eigenmittelquote unter 8 % als auch die fiktive Verschuldungsdauer über 15 Jahren liegt.
Der Abschlussprüfer hat unverzüglich zu berichten, wenn er bei der Prüfung des Jahresabschlusses das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs feststellt. Im Prüfungsbericht sind in diesem Fall die beiden Kennzahlen anzugeben.
Liegen also die Vorraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarf vor, so ist ein Restrukturierungsverfahren einzuleiten. Erfolgt dies nicht und kommt es in den nächsten zwei Jahren zu einer Insolvenz, so haftet die Geschäftsführung zur ungeteilten Hand mit jeweils 100.000 €. Wurde vom Vertretungsorgan die Einleitung eines Reorganisationsverfahrens vorgeschlagen, hat der Aufsichtsrat allerdings nicht zugestimmt oder die Weisung erteilt, das Verfahren nicht einzuleiten, ist die Geschäftsführung von der Haftung befreit und in diesem Fall haftet der Aufsichtsrat. Stimmt ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied bzw der Arbeitnehmervertreter für ein Verfahren, so ist dieser von der Haftung ausgenommen.
Die Haftung tritt allerdings nicht ein, wenn unverzüglich nach Erhalt des Berichtes des Abschlussprüfers ein Gutachten eines Wirtschaftstreuhänders, der zur Prüfung des Jahresabschlusses der juristischen Person befugt ist, eingeholt wurde und dieses einen Reorganisationsbedarf verneint hat. Des Weiteren entfällt die Haftung, wenn bewiesen werden kann, dass die Insolvenz auch bei rechtzeitiger Antragstellung nicht vermieden hätte werden können wie auch durch den Nachweis, dass betriebswirtschaftlich sinnvolle außergerichtliche Reorganisationsmaßnahmen vorgenommen wurden, selbst wenn diese erfolglos geblieben sind.
Wenn es bei einem Über- bzw Unterschreiten der URG Kennzahlen im Aufsichtsrat zu einer Abstimmung über die Durchführung eines Reorganisationsverfahrens kommt, stimmen Sie zur Vermeidung der Haftung in Höhe von € 100.000 für das Verfahren.
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