Wie fortgeschritten ist die Krise?
Krisenstadien und ihre Anzeichen
Dem Aufsichtsrat kommt im Krisenfall eine Schlüsselrolle zu. Die Arbeitnehmervertreter:innen im Aufsichtsrat haben durch die Mitbestimmung im Aufsichtsrat die Chance, negative Folgen für die Beschäftigten bestmöglich zu vermeiden oder zumindest zu lindern sowie bei entscheidenden strategischen Weichenstellungen die Interessen der Beschäftigten einzubringen.
Arbeitnehmervertreter:innen im Aufsichtsrat haben eine Fülle von Informationsmöglichkeiten, die das Erkennen von krisenhaften Erscheinungen wesentlich erleichtern. So können sie etwa jederzeit von Vorstand bzw Geschäftsführung einen Bericht über spezifische betriebliche Vorgänge verlangen. Unterstützt durch ein zweites Aufsichtsratsmitglied kann der Vorstand diese Berichtspflicht nicht verweigern. Zusätzlich kann der Aufsichtsrat – unter der Voraussetzung eines mehrheitlichen Beschlusses – jederzeit in sämtliche Unterlagen und Aufzeichnungen des Unternehmens Einsicht nehmen. Vierteljährlich hat der Vorstand dem Aufsichtsrat über die Entwicklung der wirtschaftlichen Lage zu berichten.
Die Arbeitnehmervertreter:innen haben die Möglichkeit, direkt mit dem Wirtschaftsprüfer in Kontakt zu kommen, wenn der Prüfer im Rahmen einer Aufsichtsratssitzung über seine Prüfungsergebnisse Bericht erstattet. Stellt er bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben Tatsachen fest, die den Bestand des geprüften Unternehmens gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können, hat er dies unverzüglich zu berichten. Der Wirtschaftsprüfer hat jedenfalls zur Insolvenzgefahr Stellung zu nehmen. Zusätzlich sind im Prüfbericht die Eigenmittelquote und die Verschuldungsdauer darzustellen. Liegt die Eigenmittelquote unter 8 % und gleichzeitig die Verschuldungsdauer über 15 Jahre, wird gemäß Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) ein Sanierungsbedarf vermutet. Auch dies hat der Wirtschaftsprüfer in seinen Bericht aufzunehmen. Wenn trotz Überschreitens der Grenzen kein Sanierungsbedarf vorliegt – etwa weil eine positive wirtschaftliche Entwicklung dargestellt werden kann – ist dies ebenfalls im Bericht zu vermerken.
Treten erste Krisenanzeichen auf, hat der Aufsichtsrat die Aufgabe, die Ursachen zu analysieren und vom Management entsprechende Gegensteuerungsmaßnahmen und Konzepte einzufordern. Die Umsetzung sollte durch regelmäßiges Controlling sowie eine Überprüfung der Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen begleitet werden. Greifen die Maßnahmen nicht, müssen alternative Schritte überlegt und angeregt werden. Nützt dies alles nicht und gerät das Unternehmen trotzdem allmählich in Liquiditätsschwierigkeiten, sollten die Aufsichtsratssitzungen in kürzeren Abständen angesetzt und der finanzielle Status Quo regelmäßig beobachtet werden. Mit den wichtigsten Gläubigern und Kapitalgebern – vor allem mit den Banken – sollte der Kontakt intensiviert werden und Szenarien und Handlungsmöglichkeiten zur Bewältigung der Krise erstellt werden.
Wenn es zur Krise kommt, so aktivieren Sie Ihr Netzwerk. Überlegen Sie – am besten im Team – wer Ihre Verbündeten sind und von wem Sie Unterstützung erhalten können. Denken Sie dabei an Abteilungsleiter:innen innerhalb des Unternehmens, Betriebsratskolleg:innen aus anderen Unternehmen, Kollege:innen aus Gewerkschaften und Arbeiterkammern sowie an den/die eine/n oder andere/n Kapitalvertreter:in aus dem Aufsichtsrat oder Politiker:in.
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