Besorgte Angestellte - Ein neuer Chef übernimmt die Firma
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In der Aufsichtsratssitzung

Engagieren Sie sich aktiv in der Sitzung

Schweigen Sie nicht! Zeigen Sie, dass Sie etwas zu sagen haben. Das Motto heißt: reden, agieren, arbeiten. Lassen Sie sich nicht provozieren! Demonstrieren Sie Qualität, indem Sie fundiert, ruhig und sachlich Dinge hinterfragen und gegebenenfalls auf die passenden Gesetzespassagen Bezug nehmen.

Berichterstattung und Auskunftsverlangen

Die Geschäftsführung ist zur Berichterstattung und zur Auskunftserteilung verpflichtet. Sie können alles fragen, was das Unternehmen betrifft. Die Frage eines Aufsichtsratsmitgliedes kann theoretisch abgelehnt werden. Erhält man jedoch Unterstützung von einem zweiten Aufsichtsratmitglied, muss die Frage beantwortet werden. Offene Fragen oder Ungereimtheiten im Zusammenhang mit Berichten müssen geklärt werden. Es besteht keinerlei Verschwiegenheitsverpflichtung der Geschäftsleitung gegenüber dem Aufsichtsrat.

Wer fragt führt

Manche haben in der Praxis eine gewisse Hemmung, Fachausdrücke und komplexe Zusammenhänge zu hinterfragen. Diese Scheu ist unangebracht. Sie sollten lieber eine Frage zu viel als eine zu wenig stellen. Oft ist der „gesunde Hausverstand“ ein gutes Korrektiv für Expertendiskussionen! Achten Sie darauf, dass Ihre Fragen auch beantwortet werden.

IFAM Tipp

Fragen sind ein wertvolles Instrument, um eine Themenführerschaft zu entwickeln. Fragen finden Eingang in Protokolle und dokumentieren, dass Themen angesprochen und Informationen verlangt wurden.

Stellen Sie offene Fragen

Nehmen Sie an, Ihr Unternehmen macht seit Jahren Verluste. Ungünstig ist folgende Formulierung: ‚Gibt es von Seiten des Vorstands bereits Überlegungen zur Beseitigung der Verluste?’ Besser ist: ‚Welche Überlegungen hat der Vorstand ...?’

Als BetriebsrätIn haben Sie viele Qualitäten

Als BetriebsrätIn im Aufsichtsrat haben Sie mit wenigen Ausnahmen die gleichen Rechte und Pflichten wie die Kapitalvertreter. Das sollte Ihnen Selbstbewusstsein und Stärke verleihen, zumal Sie als Kenner des Betriebes in der Regel weit mehr wissen als die oftmals externen Kapitalvertreter, die 4-5 mal im Jahr in das Unternehmen kommen. Setzen Sie dieses exklusive Wissen bewusst im Aufsichtsrat ein. Der Aufsichtsratsvorsitzende und auch die Kapitalvertreter sind sicher daran interessiert. Eine weitere Stärke ist, dass Sie aufgrund vieler Kontakte Ihre Geschäftsführung sehr gut beurteilen können.

Bleiben Sie ‚lästig’

Im Aufsichtsrat entsteht oft mit der Zeit ein Konsensklima, wenn man sich schon länger kennt. Oft ist es nicht einfach, sich diesem zu entziehen. Man will nicht durch viel Fragen bzw Vorbringen seiner Bedenken in die Rolle des Querulanten verfallen. Trotzdem sollte man seinen Standpunkt vertreten, dann ist man halt ein Störenfried. Nicht selten haben Störenfriede Recht behalten.

Moderne Kommunikationsmittel sind zuweilen problematisch.

Wehren Sie sich gegen ‚an die Wand geworfene’ Tabellen mit vielen Spalten, Zeilen und Zahlen! Protestieren Sie gegen eine Fülle von Informationen, die oft in so kurzer Zeit nicht verarbeitet werden können. Fordern Sie, dass zB Powerpoint Folien vorher ausgesandt werden oder fordern Sie zumindest einen Ausdruck!

Fotos und Charts sind oftmals irreführend

Schauen Sie sich grafische Darstellungen immer sehr genau an. Schauen Sie auch auf den Maßstab (in TS, Mio). Achten Sie auf die Beschriftungen. Lassen Sie sich nicht mit Allgemeinfloskeln abspeisen.

Beliebte Floskeln

Es gibt beliebte Floskeln wie ‚zukunftsorientiert’, ‚kundenorientiert’ und ‚effizient’, die im Grunde genommen nichts aussagen. Es sollen IMMER die hard-facts hinterfragt werden: Zahlen, Wirtschaftlichkeitskennzahlen, Personalstände, Einsparungen, Investitionen, usw.

Pflichtlektüre ‚Von des Kaisers neuen Kleidern’

Oft steckt hinter so genannten Neuigkeiten und Schlagworten wie zB ‚Reengineering’ oder ‚Balanced Scorecard’ gar nichts Neues. Nehmen Sie sich das kleine Mädchen aus dem Märchen ruhig zum Vorbild. Sie ist die Einzige, die die Wahrheit sagt, nämlich ‚Er hat ja nichts an’. Nicht selten steht hinter dem Fachchinesisch das nackte Nichts.

Sorgfältige Beschlussfassung

Bei zustimmungspflichtigen Geschäften sollte auf eine sorgfältige Beschlussfassung gedrängt werden. Entscheidungsrelevante Grundlagen müssen vorliegen und nachvollziehbar sein. Offene Punkte sollten geklärt und nicht einem vermeintlichen Zeitdruck geopfert werden. Stellen Sie einen formellen Antrag auf Einholung bzw Ergänzung der notwendigen Unterlagen und Informationen. Nötigenfalls sollte man sich unter Angabe des Grundes („keine ausreichende Information über ...“) der Stimme enthalten. In diesem Fall ist es aber auch wichtig darauf zu achten, dass dies entsprechend im Protokoll vermerkt wird.

Tischvorlagen sind riskant

Prinzipiell ist Flexibilität im Interesse aller in der Sitzung gut und notwendig. Wenn Unterlagen erst in der Sitzung ausgeteilt werden (so genannte Tischvorlagen), was allerdings die völlige Ausnahme sein sollte, und das Unternehmen noch in dieser Sitzung zu einer Entscheidung kommen möchte, fordern Sie auf jeden Fall eine Unterbrechung. Die Unterbrechung sollte so lange sein, dass Sie die Unterlagen durcharbeiten können. Treffen Sie erst eine Entscheidung, wenn Sie die dazu notwendigen Informationen erhalten und verstanden haben.

Umlaufbeschlüsse nur als Ausnahme

Umlaufbeschlüsse, also Beschlussverfahren ohne Sitzung, können in Ausnahmefällen notwendig sein. Wichtige Themen sollten jedoch nicht in dieser Form behandelt werden. Ein Umlaufbeschluss kann durch ein einzelnes Mitglied durch Widerspruch gegen diese Abstimmungsart abgewendet werden.

Sorgfalt eines ordentlichen Aufsichtsrats

Argumentieren Sie gegebenenfalls mit der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Aufsichtsrats. Niemand will einen Verstoß gegen die Sorgfalt riskieren und Sie können damit andere Aufsichtsratsmitglieder hellhörig machen und mobilisieren.

Einstimmige Beschlüsse

In der Regel werden einstimmige Beschlüsse geschätzt. Dieser Umstand verschafft Ihnen einen gewissen Verhandlungsspielraum. Nicht einstimmige Beschlüsse werden vor allem dann relevant, wenn etwas ‚schief geht’. Da heisst es dann, dass es ja schon damals Gegenstimmen gab, dass jemand auf das Risiko aufmerksam gemacht hat und niedergestimmt wurde.

Beachten Sie die Protokollführung

Achten Sie darauf, dass Ihre Wortmeldungen, Kritikpunkte und vor allem abweichendes Stimmverhalten im Sitzungsprotokoll vermerkt werden. Achten Sie auch auf die entsprechenden Formulierungen. Bei intensiven Diskussionen: Fordern Sie, dass Ihre Wortmeldungen „wörtlich“ ins Protokoll genommen werden. Wenn nach langen Diskussionen ein Beschluss gefasst werden soll, sollte der genaue Wortlaut zu Papier gebracht, ausgedruckt und verteilt werden. Jeder sollte den genauen „Abstimmungstext“ vor sich liegen haben. Sonst läuft man Gefahr, dass im Nachhinein nicht klar ist, worüber genau abgestimmt wurde.

AK Tipp

Vielfach gehen Protokolle verloren. Deshalb sollten Sie Protokoll­kopien selbst an einem sicheren Ort aufbewahren. Die besondere Bedeutung eines ordnungsgemäßen Sitzungsprotokolls zeigt sich vor allem im Zusammenhang mit Haftungsfragen.




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