Ein Mann im Labor schaut durch ein Mikroskop.
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Mitbestimmte Unternehmen sind rentabler und verfolgen häufiger eine Qualitäts- und Innovationsstrategie

Unternehmen, bei denen die Mitbestimmung durch Arbeitnehmer stärker verankert ist, verfolgen häufiger eine meist innovations- und forschungsorientierte Differenzierungsstrategie als Firmen mit schwacher oder ohne Mitbestimmung. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Forschern der Universität Duisburg-Essen um Univ.-Prof. Dr. Marc Eulerich, des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) um Sigurt Vitols, Ph.D. und des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung mit Dr. Sebastian Campagna.

Für die Untersuchung wurden Daten von 172 Unternehmen ausgewertet, die zwischen 2006 und 2017 durchgehend im deutschen Börsenindex Composite DAX (CDAX) gelistet waren und deren Unternehmensstrategie sich für den gesamten Zeitraum identifizieren ließ, so dass insgesamt 2064 „Unternehmensjahre“ bis einschließlich 2017 in die Analyse einflossen. Bei der Abgrenzung der Strategie orientierten sich die Wissenschaftler am Mainstream der betriebswirtschaftlichen Managementlehre: Danach können Unternehmen ganz grundsätzlich auf zwei Wegen versuchen, sich am Markt zu etablieren:
  1. Über möglichst geringe Kosten ihrer Produkte (so genannte „Kostenführerschaft“).
  2. Über besondere Produktmerkmale oder Dienstleistungen, die ihren Kunden einen besonderen Nutzen verschaffen, etwa hohe Qualität oder besonders guter Service. Solch eine „Differenzierungsstrategie“ geht meist mit höheren Investitionen in Forschung und Entwicklung einher. Ist sie erfolgreich, können die Unternehmen höhere Preise für ihre Produkte erzielen.

Möglich sind auch Mischformen der beiden Strategien. Ob die Verankerung der Mitbestimmung in den untersuchten Unternehmen über- oder unterdurchschnittlich stark ist, bestimmten die Forscher über den am WZB entwickelten Mitbestimmungsindex (MB-ix). Er verzeichnet unter anderem für jedes Unternehmen, wie viele Arbeitnehmervertreter:innen im Aufsichtsrat und dessen Ausschüssen sitzen, wie stark die formellen Einflussmöglichkeiten des Kontrollorgans sind oder ob es einen europäischen Betriebsrat gibt.

Häufiger Qualitäts- statt Kostenstrategie

Die Analyse der Forscher zeigt deutliche Zusammenhänge zwischen Stärke der Mitbestimmung und Unternehmensstrategie. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen auf Kostenführerschaft setzt, liegt in Unternehmen ohne Mitbestimmung bei 27 %, während es bei starker Mitsprache der Arbeitnehmer nur 10 % sind. Dagegen wählen stark mitbestimmte Unternehmen doppelt so häufig eine dezidierte Differenzierungsstrategie (25 % gegenüber 12 %). Zudem verfolgen sie etwas häufiger eine Mischstrategie. Dass keine dominante Strategie vorliegt, kommt bei Unternehmen ohne Mitbestimmung etwas häufiger vor.

Stark mitbestimmte Unternehmen zeigen bessere wirtschaftliche Performance

Anhand von drei wichtigen betriebswirtschaftlichen Größen messen die Forscher den wirtschaftlichen Unternehmenserfolg: der Gesamtkapitalrentabilität (Return on Assets, ROA), der EBIT-Marge und dem Cashflow pro Aktie. Unternehmen mit mehr Mitbestimmung schneiden fast immer besser ab. Im Durchschnitt aller 172 untersuchten Unternehmen beträgt der ROA in Unternehmen mit starker Mitbestimmung 4,58 %, während es bei schwach mitbestimmten 2,76 % sind. Die Differenz zwischen beiden Gruppen beträgt also rund 65 %. Noch größer ist der Vorsprung beim Cashflow: Bei starker Mitbestimmung liegt er im Durchschnitt bei 4,95 Euro pro Aktie – das ist gut dreimal so hoch wie in Unternehmen mit schwacher Mitbestimmung (1,39 Euro). Als EBIT-Marge ermitteln die Forscher im Durchschnitt der stark mitbestimmten Firmen 7,77 %. Bei geringer Mitbestimmung sind es 7,01 % (Unterschied: 11 %).

Fazit der Wissenschaftler:

Die Mitbestimmung der Beschäftigten kann eine wesentliche Bedingung für gute Corporate Governance sein. Das Ringen um adäquate Unternehmensstrategien ist mit Mitbestimmung wirtschaftlich erfolgversprechend. Daher gehören Diskussionen über strategische Themen, die Antworten auf die großen Herausforderungen der heutigen Zeit geben sollen, in den mitbestimmten Aufsichtsrat.

Dieser Artikel stellt eine Zusammenfassung der Pressemitteilung der Hans Böckler Stiftung dar. Die vollständige Studie kann zudem hier frei downgeloaded werden.

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