Nachhaltiges Investieren
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EU-Taxonomie: Standards und Berichtspflichten für nachhaltiges Wirtschaft 

Autorin: Dr. Ulrike Klemm-Pöttinger, Leiterin der Österreichischen Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR)

Die Europäische Union hat mit der Verabschiedung des Green Deals, als Strategiepapier, die Weichen dafür gestellt, dass Unternehmen, die im europäischen Raum angesiedelt sind und/oder auf diesem Markt agieren, Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften übernehmen. Demnach haben sich alle Mitgliedsstaaten der EU auf ein gemeinsames Ziel verständigt, Maßnahmen zu setzen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad (Pariser Abkommen) zu begrenzen und in Europa Klimaneutralität (Netto Null Emissionen) bis 2050 zu erreichen. Das gesetzliche Rahmenwerk für diese verpflichtenden Klimaziele bildet i.W. die EU-Taxonomie, die CSRD (Corporate Sustainable Reporting Directive), die Entwicklung von ESRS (European Sustainable Reporting Standards), sowie die geplante CSRDDD (Corporate Sustainable Reporting Due Dilligence Directive).

In der EU-Taxonomie (EU-VO 2020/852), werden die folgenden 6 Umweltziele definiert:

  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel
  • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung
  • Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosysteme

Die nachhaltige Wirtschaftstätigkeit wird durch die Vorschriften für die Technischen Bewertungskriterien (EU-VO 2021/2139) sowie die Offenlegungsvorschriften (EU-VO 2021/2178) näher bestimmt.

Mit der Offenlegungsvorschrift wird sichergestellt, dass Information zur Taxonomie in standardisierter Form erfolgt und in weiterer Folge durch die Institutionen der EU ausgewertet werden können:

  • In einem ersten Schritt analysiert das verpflichtende Unternehmen, ob die eigene Wirtschafstätigkeit taxonomiefähig ist und
  • in einem zweiten Schritt, ob und in welchem Prozentsatz diese taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten auch taxonomiekonform gemäß den gesetzlichen Vorgaben (Kennzahl: Umsatzerlöse) sind.

Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten (CAPEX) und Betriebskosten im Zusammenhang mit nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten (OPEX) sind in Form von definierten Kennzahlen zu berichten. Voraussetzung dafür ist neben der Erfüllung der technischen Bewertungskriterien, ob

  • diese Wirtschaftstätigkeit wesentlich ist,
  • keine anderen Umweltziele belastet und
  • der Mindestschutz gem. Art 18 EU-VO 2020/852 eingehalten wird.

Die Wesentlichkeit der Wirtschaftstätigkeit ist im Einzelfall durch eine Klimarisiko- und Vulnerabilitätsanalyse (KVA) zu prüfen. Dabei analysiert ein Unternehmen, welche Chancen und Risiken durch die geforderte Einhaltung und Verfolgung der Umweltziele bestehen und/oder entstehen werden, die das eigene Geschäftsmodell, die Produkte und Leistungen und/oder das Unternehmen selbst treffen bzw treffen werden.

Mit der Einhaltung des Mindestschutzes soll sichergestellt werden, dass die OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen, die SDG (Sustainable Development Goals) der UN, die UNHCR Menschenrechte sowie die ILO (International Labour Organisation) Arbeitsbedingungen eingehalten werden. Der Mindestschutz gilt als KO Kriterium. Sollte dieser im Einzelnen nicht eingehalten werden, kann eine taxonomiefähige Wirtschaftstätigkeit auch nie als taxonomiekonform beurteilt werden.

Was bedeutet die „Doppelte Wesentlichkeit“ in diesem Zusammenhang gemäß CSRD?

Nachvollziehbare, transparente Berichterstattung über Auswirkungen der Nachhaltigkeitsanforderungen auf eigene Produkte und eigene Leistungen (Outside-in Perspektive) sowie die Auswirkungen der eigenen Produkte und Leistungen auf Mensch und Umwelt (Inside-out Perspektive). Dies erfordert die Bestimmung eines Basisreferenzjahres, auf das man die Entwicklung der Kennzahlen wie z.B. CO2 Emissionen (Scope 1, Scope 2 und Scope 3) bezieht sowie die Beschreibung der Methode, wie diese Ziele erreicht werden können. Mit der jährlichen Berichterstattung kann man sehr gut verfolgen, wie gut und erfolgreich ein Unternehmen mit diesen Pflichten umgeht und wie verlässlich und zutreffend die Angaben in der Vergangenheit ausgefallen sind.

Erste Ergebnisse aus der Anwendung der EU Taxonomie für die Umweltziele (i) Klimaschutz und (ii) Anpassung an den Klimawandel liegen seit 1.1.2023 vor. Die ersten Ergebnisse für die weiteren 4 Umweltziele (iii) nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, (iv) Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, (v) Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung und (vi) Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosysteme werden ab 1.1.2024 vorliegen. 

Ab sofort haben somit Unternehmen in ihre Unternehmensstrategie neben der ökonomischen auch eine ökologische und soziale Ausrichtung zu dokumentieren und dafür Verantwortung zu übernehmen, dass ihre Geschäftsmodelle nachhaltig sind oder werden. Das bedeutet, dass die Geschäftsmodelle an sich auf deren Nachhaltigkeit zu analysieren sind. Es sind Kennzahlen abzuleiten, die dem Unternehmen, den Aufsichtsgremien und auch einem externen Personenkreis ermöglichen, die Umsetzung der geforderten Ziele transparent und nachvollziehbar zu verfolgen. Dafür gibt es unterschiedliche Publizitätsvorschriften, die in Abhängigkeit der Klassifizierung eines Unternehmens anwendbar sind. 

Welche Hürden gilt es dafür zu nehmen.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Form, wie es die EU einfordert ist eine durchaus neue Herausforderung für kleinere/die Unternehmen. Für diese Berichtspflichten sind neue interne Prozesse zu etablieren. Prozesse zwischen Abteilungen, die bis dato in ein Finanzreporting nicht eingebunden waren, die aber aufgrund der fachlichen Kompetenz (technisches Know-how) einerseits wichtige Informationsträger und andererseits wesentlich für die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen sind.

Qualität der Daten

Ist die Qualität der Daten sowie ein funktionierender Prozess für deren Erfassung und Reporting sichergestellt, kann man erwarten, dass die daraus erzielten Informationen und Ergebnisse vertrauenswürdig sind und auch einer aufsichtsrechtlichen Überprüfung standhalten.

Die interne Durchsetzbarkeit und Akzeptanz dieser neuen Transparenz eines nachhaltigen Agierens und Wirtschaftens eines Unternehmens hängt eng mit der organisatorischen Eingliederung des/der Nachhaltigkeitsbeauftragten zusammen, insbesondere durch die direkte Einbindung in die oberste Management Ebene. 

Innerhalb des Aufsichtsrates ist der Prüfungsausschuss neben der Prüfung des Finanziellen Berichts auch für die Prüfung des Nichtfinanziellen Berichtes verantwortlich. Mit in Kraft treten der CSRD (ab 1.1.2024 für jene Unternehmen, die bereits zuvor einen Nichtfinanziellen Bericht erstellen mussten) wird die nichtfinanzielle Berichterstattung der finanziellen Berichterstattung gleichgestellt und ist in den Lagebericht aufzunehmen.

Was sollte bespielhaft auf der Checkliste eines Aufsichtsrates stehen?

  • Liegt Konsistenz der finanziellen und nichtfinanziellen Berichterstattung vor?
  • Berücksichtigt die Unternehmensstrategie ESG Ziele?
  • Ist die ESG Verantwortung organisatorisch verankert; insbesondere ist sichergestellt, dass die zahlreichen neuen Berichtspflichten eingehalten werden können?
  • Sind interne Prozesse zur Erfassung und Reporting von Daten ausreichend etabliert und ist die Qualität der Daten sichergestellt?
  • Wurde die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells analysiert?
  • Ist eine Klimarisiko- und Vulnerabilitätsanalyse (KVA) erfolgt und sind die Ergebnisse nicht nur in die Berichterstattung eingeflossen, sondern auch in die Finanzplanung des/der Unternehmen(s)?
  • Werden die Risiken und Chancen aus der KVA laufend überwacht und verfolgt?
    Wurden EU Taxonomiefähige und - konforme Wirtschaftstätigkeiten erhoben?
  • Wird bei künftigen M & A Transaktionen auch eine ESG Due Diligence durchgeführt?
  • Ist die laufende Weiterbildung der aufsichtsrechtlichen Organe sichergestellt?

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