Menschen in einem Seminar
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Haben Betriebsräte im Nominierungs­ausschuss Sitz und Stimme?

Arbeitgeber behaupten, Betriebsrät:innen hätten im Nominierungs­ausschuss generell weder Sitz noch Stimme. Das ist so nicht richtig! Der Nominierungs­ausschuss ist ein Ausschuss des Aufsichtsrats. Er hat kurz gefasst die Aufgabe, die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrung der Geschäfts­leitung, der einzelnen Mitglieder des AR zu bewerten und ebenso den Kurs der Geschäftsleitung in Bezug auf die Auswahl des höheren Managements zu evaluieren, Vorschläge für die Neubesetzung frei werdender Stellen im Aufsichtsrat und in der Geschäftsleitung zu erstatten unter Berücksichtigung einer festzulegenden Zielquote für das unterrepräsentierte Geschlecht und die Strategie für die Erreichung der Quote zu entwickeln.

In § 110 Abs. 4 ArbVG ist das Recht der Arbeitnehmer­vertreter:innen verankert, für Ausschüsse des AR Mitglieder mit Sitz und Stimme namhaft zu machen. Die einzige Einschränkung besteht darin, dass dieses Recht nicht für Ausschüsse gilt, die die Beziehungen zwischen der Gesellschaft und Mitgliedern des Vorstands behandeln. Dazu zählen zB der Abschluss, die Änderung, die Auflösung des arbeitsvertraglichen Vertragsverhältnisses, Schadenersatz­forderungen der Gesellschaft gegen den Vorstand (bzw. den Geschäftsführer), Zustimmung zu Geschäften der Gesellschaft mit dem Vorstand. Abgestellt wird immer auf die Beziehung zwischen Gesellschaft und Vorstandsmitgliedern, die ein oder mehrere konkrete Mitglieder betreffen und nicht auf eine abstrakte Möglichkeit, dass ein oder mehrere Mitglieder betroffen sein könnten. Durch die Aufgaben des Nominierungsausschusses wird auch in innerbetriebliche Unternehmensprinzipien eingegriffen und werden allgemeine Grundsätze aufgestellt. Davon betroffen sind zB die innerbetriebliche Karriereentwicklung, Frauen­förderpläne, aber auch die Zusammensetzung der Geschäftsleitung und des Aufsichtsrats mit entsprechender Auswirkung auf die Interessen der ArbeitnehmerInnen.

Ein genereller Ausschluss der Arbeitnehmer­vertreter:innen im Nominierungsausschuss würde daher das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterlaufen. Insbesondere wäre es dann leicht, im Nominierungs­ausschuss, in dem der Betriebsrat nicht durch Drittelparität vertreten ist oder wäre, auch andere Bereiche abzuhandeln, bei denen es sich nicht um die Beziehung zwischen Gesellschaft und Vorstand handelt. Es ist auf die einzelnen Tagesordnungspunkte in den Ausschusssitzungen abzustellen und eine individuelle Wertung zu treffen, ob eine konkrete Beziehung zwischen Vorstand und Gesellschaft betroffen ist, oder ob der Betriebsrat in Vertretung der Arbeitnehmerinteressen Mitbestimmungsrechte hat.

Die Teilnahme der Betriebsrät:innen im Nominierungs­ausschuss daher mit der Ausnahme des § 110 Abs. 4 ArbVG zu verhindern, ist zu pauschal und zu vereinfachend, insbesondere dann, wenn die Aufgaben des Nominierungs­ausschusses mit anderen Aufgaben vermischt werden. Mittlerweile finden sich bei Internetrecherche Veröffentlichungen im Sinne des Bankwesengesetzes von namhaften Banken, Sparkassen, Hypobanken, wo die Frage der Mitbestimmung des Betriebsrates im Nominierungsausschuss offensichtlich so gelöst wurde, dass sowohl Kapital- als auch Arbeitnehmer­vertreter:innen als Ausschussmitglieder angeführt sind.

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