Abstimmung in Versammlung
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Die Beschlussfassung „außerhalb“ von Aufsichtsratssitzungen

Die Coronavirus-Krise stellt den Aufsichtsrat auch im Bereich der Beschlussfassung und somit der notwendigen Willensbildung vor Herausforderungen. Beruhigend ist, dass bereits erprobte und auch im bisherigen Wirtschaftsleben gängige Möglichkeiten der Stimmabgabe außerhalb von Präsenzsitzungen bestehen. Um die Gültigkeit und den Bestand der gefällten Beschlüsse zu gewährleisten, sind allerdings einige Voraussetzungen und auch Rechte der Aufsichtsratsmitglieder zu beachten.

Umlaufbeschluss, Abstimmung mittels Telefax und E-Mail

Die Willensbildung „außerhalb“ von Sitzungen: Finden sich keine Regelungen in der Satzung oder Geschäftsordnung des Aufsichtsrats – insbesondere ist zu überprüfen, ob ein Verbot besteht –, entscheidet der Aufsichtsratsvorsitzende über die Abstimmung „außerhalb“ der Sitzung.

Mögliche Arten der Abstimmung sind:

  • der Umlaufbeschluss, der der Unterschriftlichkeit unterliegt,
  • die Stimmabgabe mittels Telefax und E-Mail, inklusive angeschlossenem PDF, die jeweils einer Unterschrift bedürfen und
  • die E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur.

Solcherart Beschlussfassungen sind aber nur zulässig, wenn

  • der Beschlussgegenstand keiner vorherigen Abhandlung in einer Sitzung bedarf.
  • der Aufsichtsratsvorsitzende
    • jedes Mitglied über die Abstimmung in dieser Form informiert hat,
    • jedem Mitglied die erforderlichen Informationen (auch Sachinformationen über den Inhalt des Beschlussgegenstandes) bereitgestellt hat und
    • jedem Mitglied die Beteiligung an der Beschlussfassung offen steht.
  • kein einziges Aufsichtsratsmitglied der Beschlussfassung auf diesem Weg widerspricht!

    Beachte:

    Das Widerspruchsrecht kann nicht von der Satzung oder Geschäftsordnung ausgeschlossen werden. Es ist zwingendes Recht und steht daher immer zu! Der Aufsichtsratsvorsitzende kann jedoch eine Widerspruchsfrist stellen.

    Widerspricht auch nur ein Aufsichtsratsmitglied – und zwar der Form der Abstimmung (hier geht es nicht um den Inhalt), kann kein Beschluss außerhalb einer Sitzung gefasst werden. Der Widerspruch verlangt ein aktives Tun, bloßes Schweigen reicht daher nicht aus. Eine Nichtäußerung oder eine Stimmenthaltung gilt daher auch nicht als Widerspruch.

Die Teilnahme an Beschlüssen „außerhalb“ einer Sitzung

Findet die Willensbildung „außerhalb“ einer Sitzung statt, kommt es darauf an, wie viele Aufsichtsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen:

  • Es müssen mindestens drei Aufsichtsratsmitglieder teilnehmen. Dies tun sie grundsätzlich durch die Abgabe ihrer Stimme (Ja, Nein oder aktive Enthaltung).
  • Aber auch Aufsichtsratsmitglieder, die nicht an der Abstimmung teilnehmen, sind für die Beschlussfähigkeit mitzuzählen, wenn sie deutlich zu verstehen geben, dass sie der Abstimmung nicht widersprechen.
  • Mitglieder, die sich überhaupt nicht an der Sitzung und Beschlussfassung beteiligen (d.h. auch virtuell abwesend sind), sind nicht mitzuzählen.

Achtung:

Um eine ordnungsgemäße und sorgfältige Willensbildung zu erreichen, haben der Aufsichtsrat und seine Mitglieder in Krisenzeiten umso eingehender und umfassender zu diskutieren und reflektieren, damit sich alle eine eigenständige Meinung bilden können. Dies ist trotz der Möglichkeiten zur Willensbildung „außerhalb“ von Sitzungen aufrecht zu erhalten.

Beachte:

Wichtige Beschlüsse und Beschlussgegenstände, die nicht extrem zeitkritisch sind, sollten auch in der Coronavirus-Krisenzeit physischen Sitzungen vorbehalten bleiben und nicht in Form von Beschlüssen „außerhalb“ von Sitzungen, wie etwa mithilfe eines Umlaufbeschlusses, gefasst werden. In der jetzigen Ausnahmesituation können Umlaufbeschlüsse allerdings notwendig sein. Schauen Sie sich daher die Beschlussgegenstände genau an, beachten Sie die Voraussetzungen und Handlungsmöglichkeiten bei Umlaufbeschlüssen.
Beschlüsse, die auch nach der Krisenzeit und einer notwendigen Diskussion erfolgen können, sollten daher nicht mittels Umlaufbeschluss erfolgen. Sehen Sie sich daher die einzelnen Beschlussgegenstände genau an und nehmen Sie Abstand davon, eine Vielzahl an Themen in Bausch und Bogen mittels Umlaufbeschluss zu entscheiden, die einer weiteren Diskussion vorbehalten bleiben sollten!

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