Rechte des Betriebsrats bei Umstrukturierungen
Informations- und Beratungspflicht des Betriebsinhabers
Diese sind im § 108 Abs. 2a ArbVG geregelt. Demnach hat der Betriebsinhaber den Betriebsrat rechtzeitig und im Vorhinein über Fälle des Betriebsüberganges, der rechtlichen Verselbstständigung, es Zusammenschlusses oder Aufnahme von Betrieben oder Betriebsteilen zu informieren. Die Information sollte ohne vorheriges Verlangen an den Betriebsrat erfolgen. Rechtzeitig ist die Information dann, wenn noch keine Maßnahmen der Umsetzung der geplanten Änderungen getroffen wurden, so dass die Arbeitnehmervertreter:innen noch Einfluss auf die beabsichtigte Betriebsänderung nehmen können. Inhaltlich hat die Information insbesondere folgende Punkte zu umfassen:- den Grund für diese Maßnahme
- die sich daraus ergebenden rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen
- Folgen für die Arbeitnehmer:innen
- die hinsichtlich der Arbeitnehmer:innen in Aussicht genommenen Maßnahmen.
Die Praxis zeigt, dass der Informationspflicht des Betriebsrates im Allgemeinen war nachgekommen wird, aber oft erst dann, wenn die in Aussicht genommenen Maßnahmen bereits beschlossen sind bzw. die Umsetzung unmittelbar bevor steht. Für Betriebsräte ist es in diesen Fällen besonders schwer, ein Abgehen von den Plänen zu verlangen, da er befürchten muss, für daraus entstehende Verzögerungen verantwortlich gemacht zu werden. In diesem Fall hilft nur ein besonderes „Stehvermögen“, um die Interessen der Belegschaft trotz – möglicherweise von der Unternehmensleitung bewusst herbeigeführtem – Zeitdruckes durchsetzen zu können.
Mitwirkung bei Betriebsänderungen
Voraussetzung ist, dass eine sogenannte „Betriebsänderung“ gemäß § 109 ArbVG vorliegt. Betriebsänderungen sind unter anderem:
- die Einschränkung oder Stilllegung des ganzen Betriebes oder von Betriebsteilen
- die Verlegung des ganzen Betriebes oder von Betriebsteilen
- der Zusammenschluss mit anderen Betrieben
- Änderungen des Betriebszwecks, der Betriebsanlagen, der Arbeits- und Betriebsorganisation sowie der Filialorganisation
- die Einführung von Rationalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen von erheblicher Bedeutung
- Änderungen der Rechtsform oder der Eigentumsverhältnisse an dem Betrieb
Im Fall von Umstrukturierungen muss die geplante Maßnahme im Detail daraufhin geprüft werden, ob eine der oben (auszugsweise) dargestellten Sachverhalte zutreffen. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zu unterrichten und mit ihm über Vorschläge zur Verhinderung bzw. Beseitigung und Milderung von für die Arbeitnehmer:innen nachteiligen Folgen der geplanten Maßnahmen zu beraten. Die Beratung hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass die Vorschläge des Betriebsrats zu dieser Maßnahme noch berücksichtigt werden können. Dabei ist darauf zu achten, dass ein Interessensausgleich zwischen Arbeitnehmer:innen und Betrieb hergestellt wird, wobei der Betriebsrat die Interessen der Arbeitnehmer:innen zu vertreten hat.
Unabhängig davon hat der Arbeitgeber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen mit dem Betriebsrat einen Sozialplan (erzwingbare Betriebsvereinbarung) abzuschließen, in dem die den Arbeitnehmern entstehenden Nachteile abgemildert werden, z. B. durch Abfindungen, der Einrichtung von Stiftungen, Umschulungsmaßnahmen etc. Hierbei liegt die Initiative beim Betriebsrat. Dieser kann den Sozialplan verlangen, entwerfen, und – wenn der Arbeitgeber nicht einverstanden ist – seinerseits die Schlichtungsstelle anrufen. Dann legt diese die Höhe der Abfindungen (und andere Maßnahmen zum Ausgleich entstehender Nachteile) fest.
Natürlich hat der Betriebsrat unabhängig hiervon auch alle weiteren im ArbVG aufgeführten Rechte, wenn diese durch die Betriebsänderung anfallen, wie z. B. ein Mitbestimmungsrecht bei Kündigungen, Versetzungen usw.
Mitwirkung im Aufsichtsrat
Es ist zunächst davon auszugehen, dass sämtliche Umstrukturierungen wie Ausgliederungen, wesentliche Outsourcing-Aktivitäten und Verschmelzungen unter die Berichtspflicht
des Vorstandes bzw. Geschäftsführers fallen und damit dem Aufsichtsrat zu berichten sind. Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen und damit auch im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht darauf zu achten, dass die geplanten Umstrukturierungen wirtschaftlich sinnvoll sind und alle erforderlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Umstrukturierung als zustimmungspflichtiges Geschäft im Aufsichtsrat?
Ob bei einer Umstrukturierung auch ein „zustimmungspflichtiges Geschäft“ (gem § 30 j GmbHG bzw. § 95 AktG) vorliegt, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Zustimmungspflichtig wären etwa:
- Der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen sowie der Erwerb, die Veräußerung und die Stilllegung von Unternehmen und Betrieben
- die Errichtung und die Schließung von Zweigniederlassungen
- Investitionen, die bestimmte Anschaffungskosten im Einzelnen und insgesamt in einem Geschäftsjahr übersteigen
- die Aufnahme von Anleihen, Darlehen und Krediten, die einen bestimmten Betrag im Einzelnen und insgesamt in einem Geschäftsjahr übersteigen
- die Aufnahme und Aufgabe von Geschäftszweigen und Produktionsarten
- die Festlegung allgemeiner Grundsätze der Geschäftspolitik
Jeder Umstrukturierungsfall muss also im Detail analysiert werden und erst dann wird klar, ob es sich um ein zustimmungspflichtiges Geschäft handelt. Bei bestimmten Umstrukturierungsformen wie der Spaltung oder Verschmelzung müssen per Gesetz Hauptversammlungsbeschlüsse eingeholt erden, eine formelle Zustimmung des Aufsichtsrates ist daher in diesen Fällen jedenfalls nicht erforderlich. Abgesehen von Ausnahmefällen ist aber etwa bei Spaltungen und Verschmelzungen eine Prüfung des Spaltungs- bzw. Verschmelzungsberichtes vorgesehen, in deren Rahmen der Betriebsrat gegebenenfalls Bedenken einbringen kann. Generell kann auch versucht werden, eine Zustimmungspflicht bei allen übrigen Umstrukturierungsmaßnahmen (außer Spaltung, Verschmelzung) über die „Festlegung allgemeiner Grundsätze der Geschäftspolitik“ zu erreichen. Dieser Passus ermöglicht eine sehr breite Interpretation.
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