AK Forderungen zur Offenlegung
Wirkungsvollere Strafen, Schlupflöcher stopfen
Autor: Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH
Diskussionen, die mehr oder weniger über Nacht aufkommen, haben ihren Ursprung zumeist in einem plötzlich eintretenden Ereignis. Wenngleich das Thema der (fristgerechten) Bilanzlegung ein fortlaufendes ist, so gab es auch in diesem Fall mit den zahlreichen Insolvenzen rund um die Signa-Gruppe ein solches. Im Zuge der öffentlichen Diskussion rund um das Thema Bilanzlegung haben wir uns als KSV1870 einmal genauer angesehen, wie es um die fristgerechte Einreichung von Bilanzen in Österreich tatsächlich bestellt ist. Und das Ergebnis ist ernüchternd: Denn die fristgerechte Veröffentlichung von Jahresabschlüssen lässt in Österreich deutlich zu wünschen übrig. Es besteht akuter Handlungsbedarf.
Wie eine KSV1870 Analyse zeigt, haben für das Geschäftsjahr 2022 bis Ende Jänner 2024 rund zwölf Prozent jener Unternehmen, die aufgrund ihrer Rechtsform dazu verpflichtet wären, keinen Jahresabschluss vorgelegt. Weitere knapp vier Prozent haben ihre Bilanz mit Verspätung veröffentlicht. Der Großteil davon tat dies in den ersten drei Monaten nach Fristende. Für das Geschäftsjahr 2022 wäre das der 30. September 2023 gewesen. Das ist nicht nur gesetzeswidrig, sondern zugleich auch im Sinne eines professionellen Risikomanagements und Gläubigerschutzes ganz besonders unverantwortlich. Dass es sich beim Geschäftsjahr 2022 jedoch um keinen Einzelfall handelt, zeigt ein mehrjähriger Vergleich. Denn auch die vorangegangenen Jahre zeugen von einer sehr ähnlichen Dimension, was die Anzahl jener Unternehmen betrifft, die ihre Bilanz nicht fristgerecht eingereicht haben. Ergänzend sei an dieser Stelle erwähnt, dass vorläufige Bilanzen auch ohne nähere Information eingereicht werden, warum eine fristgerechte Vorlage nicht möglich ist. Im derzeit gültigen Zeitrahmen sollte dies aus unserer Sicht jedoch für jedes ordentlich wirtschaftende Unternehmen möglich sein.
Das nicht fristgerechte Legen von Bilanzen ist das eine Thema, ein anderes ist die Qualität, mit der Bilanzen oftmals gelegt werden. Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass die Qualität vieler Bilanzen zu wünschen übriglässt. Kurz zusammengefasst: Nicht erfüllte Mindeststandards und eine nicht erfolgte Qualitätskontrolle vor Einreichung kommen leider häufiger vor, als man glauben mag. Das ist aus Sicht des KSV1870 jedoch auch eine Folge dessen, dass die quantitativen Anforderungen jener Informationen, die eingereicht werden müssen, seitens der Gesetzgebung im Laufe der Zeit sukzessive reduziert wurden. Als KSV1870 sehen wir diese Entwicklung kritisch und plädieren für eine Rückkehr zu den früheren Veröffentlichungsbestimmungen. Und zwar deshalb, weil es möglich sein muss, aus einer vollständigen Bilanz entsprechende Einschätzungen vornehmen zu können, wie es zum jeweiligen Zeitpunkt um die wirtschaftliche Stabilität und Zuverlässigkeit des betroffenen Unternehmens bestellt ist.
Eines fällt beim Lesen der Bilanzen auf: Zu den häufigsten qualitativen Kritikpunkten zählen vor allem betriebswirtschaftliche Aspekte. So nehmen etwa einzelne Bilanzpositionen einen Wert an, der faktisch nicht möglich ist (z.B. negativer Kassabestand), Aktiva und Passiva sind nicht ident oder ‚GuV‘- und Bilanzpositionen ergeben nicht den ausgewiesenen Endwert, Bilanzsummen sind ungleich. Zudem kommt es vor, dass Unternehmen über Jahre hinweg dieselben Bilanzwerte einreichen - was de facto unmöglich ist - und dabei nur das jeweilige Bilanzjahr aktualisiert wird. Darüber hinaus beobachten wir immer wieder, dass Bilanzen mitunter handschriftlich gelegt werden, und damit die Lesbarkeit massiv eingeschränkt wird – im digitalen Zeitalter wohlgemerkt. Und das ist nur die „Spitze des Eisbergs“.
In Anbetracht des momentanen IST-Zustandes fordern wir als KSV1870 eine maßgebliche Korrektur der allgemein gültigen Bedingungen zur Veröffentlichung von Jahresabschlüssen. Dies auch im Sinne eines weiterhin gut funktionierenden Gläubigerschutzes. Zudem wird seitens des KSV1870 angeregt, über das Strafausmaß nachzudenken, sollten Regelungen nicht eingehalten werden. Das könnten etwa nicht nur finanzielle Strafen sein, sondern könnten auch entsprechende Haftungsthematiken gegenüber den Verantwortlichen eine Rolle spielen. Es muss dort Druck aufgebaut werden, wo es die Unternehmen selbst, aber auch das Management persönlich schmerzt. Für die gesamte heimische Wirtschaft ist es von großer Relevanz, dass Bilanzen einerseits fristgerecht vorgelegt werden, und andererseits mit einem entsprechenden Qualitätsniveau ausgestattet sind – es braucht eine transparente und objektive wirtschaftliche Einschätzung. Die vorgelegten Daten müssen jedenfalls aussagekräftig sein und eine fundierte, professionelle Risikoeinschätzung möglich machen. Dieser Umstand schützt nicht nur die Unternehmen selbst, sondern hilft auch anderen Unternehmen, aufgrund von etwaigen Zahlungsausfällen der Geschäftspartner nicht selbst in wirtschaftliche Schieflage zu geraten. Denn eines ist klar: Je mehr Unternehmen in finanzielle Not geraten, desto mehr Arbeitsplätze sind in Gefahr. Aus Gründen, die insbesondere wegen nicht ordnungsgemäßer Bilanzen vermeidbar wären.
Was es für die betroffenen Menschen selbst, aber auch die heimische Wirtschaft bedeuten würde, wenn in weiterer Folge immer mehr Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren, brauche ich gerade an dieser Stelle nicht näher erläutern. Aber es zeigt sich bereits jetzt, dass viele Privathaushalte ihren Gürtel deutlich enger schnallen müssen und weniger Geld zur Verfügung haben. Im Rahmen unserer Austrian-Business-Check-Umfrage im Herbst 2023, an der rund 1.300 in Österreich tätige Unternehmen teilgenommen haben, hat uns in etwa die Hälfte der Betriebe berichtet, dass sie eine deutlich reduzierte Konsumkraft der Menschen in Österreich feststellen. Das sollte Warnung genug sein, die Zeichen der Zeit rechtzeitig zu erkennen.
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