Ringmappe mit Beschriftung "Insolvenz"
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Wann droht ein Insolvenzverfahren?

Kann die Unternehmenskrise nicht bewältigt werden, droht als letztes Krisenstadium die Insolvenz. Die Insolvenzordnung (IO) sieht prinzipiell zwei Insolvenz­tatbestände vor, die eine Anmeldung eines Insolvenz­verfahrens notwendig machen: die Zahlungs­unfähigkeit und zusätzlich für juristische Personen wie der Kapitalgesellschaft die insolvenzrechtliche Überschuldung.

Zahlungsunfähigkeit

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung liegt Zahlungs­unfähigkeit vor, wenn der Schuldner mangels bereiter Zahlungsmittel nicht in der Lage ist, alle seine fälligen Schulden zu bezahlen und sich die erforderlichen Mittel voraussichtlich auch nicht binnen angemessener Frist beschaffen kann. Die aktuelle Liquiditätslage ist aus dem Jahresabschluss selbst nicht direkt ablesbar, da er einerseits vergangenheitsorientierte Daten enthält und andererseits die konkreten Fälligkeiten der Schulden nicht angegeben werden. Allerdings können sich anbahnende Zahlungs­schwierig­keiten durchaus mittels Bilanzanalyse und Berechnung von Liquiditätsgraden erkannt werden.

Anzeichen für Zahlungsunfähigkeit

In der Praxis findet man eine Vielzahl klassischer Indizien für das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit. Eine Häufung einzelner dieser Indikatoren bildet insgesamt ein starkes Indiz für das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit:

  • Zahlungseinstellung
  • zahlreiche anhängige Exekutionsverfahren
  • Nichtleistung nach Verurteilung in mehreren Verfahren, nach fruchtlosen Mahnungen, ergebnislosen Exekutionen
  • Nichteinhaltung von Ratenzahlungsvereinbarungen
  • Fälligstellung der Kreditlinien durch die Hausbank
  • Tilgung immer nur der dringlichsten Verbindlichkeiten
  • Nichtzahlung von Löhnen und Gehältern
  • Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, Finanzamtsverbindlichkeiten 
  • Flucht des Schuldners
  • dauernde Unerreichbarkeit der Geschäftsführung

Überschuldung

Generell spricht man von Überschuldung dann, wenn das Eigenkapital zur Gänze durch Verluste aufgezehrt wurde. Das Fremdkapital ist somit höher als das in der Bilanz aus­ge­wiesene Gesamtvermögen des Unternehmens. In der Bilanz ist dies dadurch ersichtlich, dass das Eigenkapital als „negatives Eigenkapital“ zu bezeichnen ist. Man spricht auch buchmäßiger Überschuldung. Im Anhang ist weiters zu erläutern, ob auch eine Überschuldung im Sinne des Insolvenz­rechts vorliegt: Denn ein negatives Eigenkapital bedeutet noch keinesfalls, dass unmittelbar ein Insolvenz­verfahren droht.

IFAM Tipp

Nutzen Sie als Betriebsrat Ihre Informations- und Beratungsrechte [§ 108 (1) ArbVG] und informieren Sie sich über die aktuelle Liquiditäts­situation Ihres Unternehmens.
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Fortbestehensprognose

Eine insolvenzrechtliche Überschuldung liegt nach herrschender Meinung erst dann vor, wenn die Fort­bestehens­prognose negativ ausfällt. Hier wird die länger­fristige Überlebensfähigkeit sowie - damit verbunden - das Vorhandensein der Liquidität geprüft. Die Fort­bestehens­prognose ist für das Unternehmen und seine Organe insofern von zentraler Bedeutung, als die Prognose im Ernstfall eine Schutzfunktion vor Haftungen wegen schuld­hafter Verzögerung eines Insolvenzantrages für die Unter­nehmensorgane darstellt. Eine positive Fort­bestehens­prognose bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Krise überwunden ist: Die Maßnahmen des Sanierungs­konzepts müssen erfolgreich umgesetzt und deren Effekte überwacht werden. Aus einer ursprünglich positiven Fortbestehens­prognose kann eine ungünstige Fortbestehensprognose werden. Nach Erkennen der Tatsache, dass die Fort­bestehensprognose nicht aufrechterhalten werden kann, ist ein Insolvenzantrag zu stellen.

IFAm tipp

Im Falle einer Fortbestehensprognose sollten Sie im Aufsichtsrat die getroffenen Annahmen als auch die gesetzten Maßnahmen kritisch hinterfragen und auf Plausibilität überprüfen.

AK Beratung

Die AK Expert:innen berechnen und interpretieren die Liquidität und die Eigenkapital­reserven Ihres Unternehmens. Lassen Sie sich beraten!

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Telefon: +43 1 50165-0

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