Verpflichtende Frauenquote im Aufsichtsrat
Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat (GFMA-G)
"Männlich, gebildet, älter, Inländer" – die meisten Führungskräfte in Österreich erfüllen diese Merkmale. Menschen mit Migrationshintergrund schaffen es nur halb so oft in die Führungsetage wie solche ohne. Unter den Akademiker:innen ist der Unterschied noch größer: Nur 9 % aller Migrant:innen mit Studienabschluss, aber 24 % aller Hochqualifizierten ohne Migrationshintergrund rücken in den Chefsessel vor. Ähnlich homogen gestaltet sich die Führungsspitze in Bezug auf das Geschlecht: Dem akademischen Siegeszug der Frauen zum Trotz bleiben Managementpositionen vorrangig Männer vorbehalten, obwohl österreichische Frauen öfter als Männer über einen Studienabschluss verfügen und ihr Anteil an den Erwerbstätigen mittlerweile 46,8 % ausmacht. In den umsatzstärksten Unternehmen des Landes sind nur 18,1 % der Aufsichtsratsmandate mit Frauen besetzt. Auch in der Geschäftsführung macht der Frauenanteil nur 7,2 % aus. Eine Ebene darüber sind es noch weniger, nur 3,6 % aller CEOs sind weiblich. Auf klassische Geschlechterrollen ausgerichtete Karrierepfade und Arbeitspraktiken führen dazu, dass der Frauenanteil mit jeder Hierarchieebene abnimmt.
„Wenn wir die Augen schließen und an das Wort Kompetenz denken, haben wir noch viel zu oft einen weißen männlichen Manager vor uns, der irgendwo in Nordeuropa aufgewachsen ist“, so Sofia Falk von der schwedischen Initiative „Battle of the numbers“. Das Problem: Homogene Teams laufen Gefahr, mit Scheuklappen zu arbeiten – und das kann schwerwiegenden Folgen haben: 2011 veröffentlichte der Internationale Währungsfonds (IWF) einen unabhängigen Prüfbericht. Die Evaluierung sollte feststellen, weshalb der IWF die Finanzkrise von 2008 nicht eher vorausgesehen hatte. Eine der Antworten: "Die Führung versagte [...] aufgrund ihrer eigenen Homogenität, die überwiegend aus Männern aus entwickelten Wirtschaftssystemen und mit sehr ähnlichen Ausbildungshintergründen und Lebensläufen bestand".
Es gibt in Österreich bereits bestehende Regelungen, die für mehr Vielfalt und weniger Gruppendenken in den Führungsebenen sorgen sollen. So steht etwa im Aktiengesetz § 87 Abs 2a zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder geschrieben: "Weiters sind Aspekte der Diversität im Hinblick auf die Vertretung beider Geschlechter und die Altersstruktur sowie bei börsennotierten Gesellschaften auch im Hinblick auf die Internationalität der Mitglieder angemessen zu berücksichtigen". Zusätzlich sind Maßnahmen für mehr Diversität in den Führungsetagen börsennotierter Unternehmen im Corporate Governance Kodex geregelt. Dieser ist jedoch "[...] als unverbindliche Empfehlung für die Unternehmen zu qualifizieren, die auch keine Rechtssicherheit in Hinblick auf die Regeln schafft, die ein Unternehmen einhält". Aus diesem Grund haben die bisherigen Bestimmungen wenig bis keinen Effekt gezeigt. Dies könnte sich demnächst ändern, hat doch das nationale Recht durch die europäische Gesetzgebung eine Novelle erfahren.
Ab dem Geschäftsjahr 2017 gilt folglich für Österreich ein neues Gesetz, in dem die EU Richtlinie 2014/95/EU zur Offenlegung nicht-finanzieller Informationen und Erhöhung der Diversität umgesetzt wird: Es wurde im Dezember 2016 vom Nationalrat beschlossen und nennt sich „Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz“ kurz NaDiVeG. Die Bestimmung sieht eine Erweiterung der nichtfinanziellen Berichterstattung vor, nämlich um "eine Beschreibung des Diversitätskonzepts, das im Zusammenhang mit der Besetzung des Vorstands und des Aufsichtsrats der Gesellschaft in Bezug auf Aspekte wie Alter, Geschlecht, Bildungs- und Berufshintergrund verfolgt wird, der Ziele dieses Diversitätskonzepts sowie der Art und Weise der Umsetzung dieses Konzepts und der Ergebnisse im Berichtszeitraum".
Das Gesetz bezüglich des Diversitätskonzepts gilt für Unternehmen, die auch zur Erstellung eines Corporate Governance Berichts verpflichtet sind, sprich für börsennotierte Aktiengesellschaften. Weiters fallen große Aktiengesellschaften im Sinne des § 221 Abs 3 Satz 1 unter die neue Verpflichtung, also Unternehmen, die mindestens zwei der drei Merkmale dargestellt in der folgenden Abbildung überschreiten.
Die Diversitätsberichte sind offenzulegen und vom Aufsichtsrat zu prüfen. Nicht-Offenlegung muss nach dem Comply-or-Explain Prinzip begründet werden, Sanktionen sind jedoch keine zu erwarten. Darum ist fraglich, ob die neuen Berichte tatsächlich zu einer Steigerung der Diversität in der Führungsebene beitragen können, oder ob sie von Unternehmen vorrangig als Marketinginstrument eingesetzt werden. Um trotz der mangelnden Sanktionen ein erfolgreiches Diversity Management zu ermöglichen, sollten schon bei der Erstellung des Konzepts möglichst viele Blickwinkel einfließen wie jene der Arbeitnehmervertretung oder von Mitarbeiter:innen mit unterschiedlichen demographischen Merkmalen aus den verschiedensten Bereichen und Hierarchieebenen. Auch die Nominierung einer/s Diversity Verantwortlichen kann helfen, die Strategie effizient durchzusetzen, genauso eine gute interne und externe Kommunikation der Strategie. Zwar gibt es keine konkreten Regeln die Gestaltung der neuen Berichtelemente betreffend, die Unternehmensberatung factor-D hat jedoch gemeinsam mit der Erste Group versucht, die wichtigsten Inhaltselemente und -prinzipien zusammenzufassen.
Diese Kriterien könnten als Orientierung für die Berichtgestaltung dienen:
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