Frachtcontainer im Hafen von Le Havre. Frankreich
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4.3.2024

Big Business setzt sich durch beim Lieferkettengesetz

Im Streit um das EU-Lieferkettengesetz haben die EU-Mitgliedstaaten am 28.02.2024 einen neuen Anlauf genommen. Der Ausschuss der ständigen Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedstaaten hat in Brüssel über die geplanten Regeln gegen Kinder- und Zwangsarbeit abgestimmt, die erforderliche Mehrheit wurde jedoch nicht erreicht.

Sarah Bruckner

AK Expertin Sarah Bruckner: „Big Business will im alten Stil weitermachen. Das ist nicht akzeptabel.“ 

Big Business im alten Stil

AK Expertin Sarah Bruckner: „Deutschland und Frankreich haben bereits Lieferkettengesetze. Die Blockade des EU-Lieferkettengesetzes ist nicht nachvollziehbar, denn es wäre von Vorteil, wenn überall in der EU die gleichen Regeln gelten – auch viele Unternehmen sehen das so. Wirtschafts- und Industrieverbände stemmen sich aber dagegen und haben massiv lobbyiert. Dabei stellt sich die Frage: In wessen Interesse? Viele Unternehmen, die bereits jetzt auf saubere Lieferketten achten, unterstützen das EU-Lieferkettengesetz, weil es für fairen Wettbewerb sorgt. Big Business will im alten Stil weitermachen. Das ist nicht akzeptabel.“ 

Das Abstimmungsergebnis am 28.2.2024 kann im EU-Ministerrat noch umgedreht werden. Ob dies gelingen wird, ist allerdings fraglich. Österreich zählt zu den Ländern, die das EU-Lieferkettengesetz nicht unterstützen. Wirtschafts- und Arbeitsminister Kocher hat angekündigt, sich zu enthalten, was auf EU-Ebene einer Gegenstimme gleichkommt. 

Kinder- und Zwangsarbeit könnten verhindert werden!

ÖGB Ökonomin Miriam Fuhrmann: „Die geplanten Regeln sehen vor, dass große Unternehmen ihre Lieferketten überprüfen. Kinder- und Zwangsarbeit könnten auf diese Weise effektiv verhindert werden. Es wurde mehr als zwei Jahre lang darüber verhandelt, Österreich war immer eingebunden.

Minister Kocher behauptet, die Ziele des EU-Lieferkettengesetzes zu unterstützen, mit der Umsetzung aber nicht einverstanden zu sein. Mit seinem Aufruf zur Rückkehr an den Verhandlungstisch verfolgt Minister Kocher in Wirklichkeit das Ziel, den Beschluss des EU-Lieferkettengesetzes hinauszuzögern. Aus Sicht des ÖGB ist jede weitere Verzögerung kontraproduktiv. Aufgrund der bevorstehenden Wahlen zum EU-Parlament muss das EU-Lieferkettengesetz rasch verabschiedet werden.“ 

EU-Lieferkettengesetz gilt nur für große Unternehmen

Im Streit um das Lieferkettengesetz haben Wirtschafts- und Industrieverbände zuletzt Argumente vorgebracht, die aus der Sicht von ÖGB und AK längst widerlegt sind. So wird beispielsweise behauptet, dass KMU über Gebühr belastet werden. Dies trifft nicht zu. Das EU-Lieferkettengesetz gilt nur für große Unternehmen. In den Risikosektoren Textil, Landwirtschaft, Rohstoffe und Bau sind Unternehmen ab 250 Beschäftigten und 40 Millionen Jahresnettoumsatz erfasst, in allen anderen Sektoren Unternehmen ab 500 Beschäftigten und 150 Millionen Jahresnettoumsatz.

Die EU-Staaten müssen außerdem Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen anbieten, die auch KMU in Anspruch nehmen können, soweit sie als Zulieferbetriebe indirekt mit dem EU-Lieferkettengesetz in Berührung kommen.

Ein weiteres Argument lautet, dass das EU-Lieferkettengesetz den Ländern des globalen Südens schaden könnte. Die AK hat bereits im September 2023 eine Studie mit dem Titel „Expected economic effects of the EU CSDDD“ von Prof. (FH) Johannes Jäger der Fachhochschule des BFI Wien präsentiert, die zu dem Ergebnis kommt, dass das EU-Lieferkettengesetz sich positiv auf die Wirtschaft auswirken wird, sowohl in der EU als auch in Ländern des globalen Südens. 

„Gerechtigkeit geht alle an“ 

Arbeiterkammer und ÖGB unterstützen gemeinsam mit NGOs die europaweite Kampagne „Gerechtigkeit geht alle an“ (Justice Is Everybody´s Business justice-business.org/de für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz.

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