Ein weiterer Turbo für die Energiewende: REPowerEU – 210,6 Mio. Euro für Österreich
Mit dem neuen Programm REPowerEU soll die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland verringert werden. 20 Mrd. Euro stehen den EU-Staaten an nicht-rückzahlbaren Zuschüssen für energiebezogene Reformen und/oder Investitionen zur Verfügung. Österreich erhält davon 210,6 Mio. Euro. Die Arbeiterkammer (AK) schlägt vor, diesen Betrag für konkrete Projekte zu verwenden, die dazu beitragen, die Transformation Österreichs in Richtung Klimaneutralität zu beschleunigen.
Autor: Norbert Templ
Diesen Artikel downloadenWas ist REPowerEU?
Infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine im März 2022 vereinbarten die Staats- und Regierungschefs der EU, die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen aus Russland so rasch wie möglich zu beenden und gleichzeitig den ökologischen Wandel zu beschleunigen. Dazu hat die Europäische Kommission im Mai 2022 den REPowerEU-Plan vorgelegt, der unter anderem neue Ziele zum beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, zur Reduktion des Energieverbrauchs und zum Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur beinhaltet.
Wie wird REPowerEU finanziert?
Zur Unterstützung von REPowerEU können die verbleibenden Darlehen herangezogen werden, die im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen. Insgesamt handelt es sich dabei um 225 Mrd. Euro. Zudem können Mittel aus dem Kohäsionsfonds und der gemeinsamen EU-Agrarpolitik für REPowerEU-Maßnahmen verwendet werden. Zusätzlich stehen den Mitgliedstaaten 20 Mrd. Euro in Form von Zuschüssen zur Verfügung, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Diese Zuschüsse werden aus dem Verkauf von Zertifikaten aus dem EU-Emissionshandelssystem bereitgestellt, die Verteilung erfolgt nach einem festgelegten Schlüssel, der in der mittlerweile in Kraft getretenen REPowerEU-Verordnung enthalten ist. Auf Österreich entfallen 1,05% des Gesamtbetrags, konkret 210,6 Mio. Euro. Diese Mittel stehen gemäß der Verordnung für Maßnahmen in folgenden Bereichen zur Verfügung:
- Verbesserung der Energieinfrastrukturen und -einrichtungen zur Deckung des unmittelbaren Bedarfs an Gasversorgung;
- Steigerung der Energieeffizienz in Gebäuden, Dekarbonisierung der Industrie etc.;
- Bekämpfung der Energiearmut und Anreize zur Verringerung der Energienachfrage;
- Beseitigung von Engpässen bei der internen und grenzüberschreitenden Energieübertragung und -verteilung, Förderung der Stromspeicherung und des emissionsfreien Verkehrs;
- Beschleunigte Umqualifizierung der Arbeitskräfte im Hinblick auf grüne Kompetenzen zur Unterstützung der oben genannten Ziele.
REPowerEU-Kapitel in den Aufbau- und Resilienzplänen
Um diese Zuschüsse zu erhalten, müssen die Mitgliedstaaten der Europäischen Kommission Vorschläge für energiebezogene Reformen und/oder Investitionen vorlegen, die den Kriterien der Verordnung entsprechen. Diese werden im Rahmen eines eigenen „REPowerEU-Kapitels“ in die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne integriert. Die Bundesregierung hat dazu Anfang März 2023 einen Konsultationsprozess gestartet, an dem sich die AK mit konkreten Vorschlägen beteiligt hat.
REPowerEU – was will die AK?
Angesichts der eher knappen REPowerEU-Zuschüsse plädiert die AK dafür, die Mittel auf einige konkrete Projekte zu fokussieren, die die Transformation Österreichs in Richtung Klimaneutralität beschleunigen.
1. Beseitigung der strukturellen Schwachstellen zur Bekämpfung der Energiearmut
In der REPowerEU-Verordnung werden in Erwägungsgrund 16 ausdrücklich „Maßnahmen zur Unterstützung der strukturellen Bewältigung von Energiearmut durch langfristige Reformen und Investitionen“ angesprochen. Gerade für energiearme und finanziell benachteiligte Haushalte stellt die Energiewende eine besondere Herausforderung dar. Sie müssen bereits im jetzigen System mit geringem Einkommen, häufig hohen Energiekosten, thermisch schlecht sanierten Wohnhäusern sowie teilweise im Winter sehr kalten und im Sommer sehr heißen Wohnräumen zurechtkommen. Zudem sind sie von den massiv gestiegenen Energiepreisen besonders stark betroffen. Heizkostenzuschüsse schaffen kurzfristig Abhilfe, mittel- und langfristig können nur investive Maßnahmen in die thermische Sanierung und in die klimafreundliche Umstellung der Heizungssysteme eine dauerhafte Entlastung bringen. Die im nationalen Aufbauplan zur Bekämpfung von Energiearmut enthaltenen Mittel in Höhe von 150 Mio. Euro sind sehr begrüßenswert, müssen aber endlich auch bei den betroffenen Haushalten ankommen. Dazu ist es notwendig, die strukturellen Schwachstellen zur Umsetzung der Maßnahmen zu beseitigen. Daher schlägt die AK vor, einen Teil der verfügbaren Finanzierungsmittel in folgende Projekte zu investieren:
- Errichtung einer Kompetenzstelle für Energiearmut: Diese soll als Schnittstelle zur Vernetzung unterschiedlicher Stakeholder sowie als Kompetenzzentrum auf nationaler Ebene agieren, um Energiearmut in Österreich langfristig und nachhaltig zu bekämpfen.
- One-Stop-Shops für Heizungstausch und Sanierungen: Es braucht dringend zentrale Anlaufstellen, die alle Informationen aus einer Hand zur Verfügung stellen (z.B. Energieberatungen, Informationen über Förderungen, Ansprechpartner zur Durchführung des Vorhabens).
- Förderung und Unterstützung von Energiegemeinschaften für die dezentrale Erzeugung von Strom für den lokalen Verbrauch unterer besonderer Miteinbeziehung von energiearmen Haushalten.
2. Stärkung der kommunalen Investitionstätigkeit
Städte und Gemeinden spielen bei der ökologischen Transformation in Richtung Klimaneutralität eine große Rolle, können diese aber nur ausfüllen, wenn sie über ausreichend finanzielle Mittel verfügen. Im Unterschied zur Klima- und Transformationsoffensive für Österreichs Industriebetriebe stellt die Bundesregierung mit dem kommunalen Investitionsprogramm nur einmalig rund 500 Mio. Euro für Investitionen in die Energieeffizienz, den Umstieg auf erneuerbare Energieträger und Fernwärme- und -kältesysteme zur Verfügung. 50% der Investitionssumme müssen die Kommunen zudem selbst aufbringen, was in vielen Gemeinden dazu führt, dass wichtige Investitionen aufgeschoben oder gar nicht umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund schlägt die AK vor, mindestens die Hälfte der Österreich für REPower-EU-Maßnahmen zur Verfügung stehenden Mittel den Städten und Gemeinden in Form einer Aufstockung des kommunalen Investitionsprogramms zukommen zu lassen und gleichzeitig das Investitionsprogramm inhaltlich breiter anzulegen.
3. Investitionen in die Aus- und Weiterbildung im Energiebereich
Die Transformation in Richtung Klimaneutralität hat große Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, gleichzeitig gibt es gerade in den klimarelevanten Sektoren einen steigenden Arbeitskräftebedarf. In Österreich mangelt es an spezifischen Programmen zur Förderung der Aus- und Weiterbildung im Rahmen des durch die Dekarbonisierung ausgelösten Strukturwandels. Im österreichischen Aufbauplan sind zwar 277 Mio. Euro für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen vorgesehen, allerdings primär als Reaktion auf die gestiegene Arbeitslosigkeit im Zuge der Corona-Pandemie. Bedauerlich ist, dass der Vorschlag der AK, aus der Mitteln der Fazilität die Einrichtung von Arbeitsstiftungen für eine sozial-ökologische Transformation zu unterstützen, im Aufbauplan nicht aufgegriffen wurde.
Die REPowerEU-Verordnung ruft die Mitgliedstaaten ausdrücklich dazu auf, „weiter in Umschulung und Weiterbildung – insbesondere für grüne Kompetenzen und damit zusammenhängende digitale Kompetenzen und Technologien – zu investieren“. Damit soll sichergestellt werden, dass während des grünen Wandels niemand zurückgelassen wird. Auch im Anfang Februar 2023 vorgelegten „Industrieplan zum Grünen Deal für das klimaneutrale Zeitalter“ ist der Ausbau von Kompetenzen ein wichtiger Baustein.
Erste wichtige Ansätze dazu gibt es bereits, wie etwa das Klimaschutz-Ausbildungszentrum, das derzeit in Sigmundsherberg im Waldviertel errichtet wird und ab Herbst 2023 vorerst 250 Ausbildungsplätze im Bereich Klimaschutz und Energiewirtschaft bereitstellen wird. Auch die von den österreichischen Sozialpartnern initiierte Umweltstiftung bietet Aus- und Weiterbildungen in klimarelevanten Berufen und ist sehr begrüßenswert. Um den zukünftigen Arbeitskräftebedarf zu decken und jenen Arbeitnehmer:innen, die aufgrund der Dekarbonisierung ihre Arbeitsplätze verlieren oder deren Arbeitsplätze gefährdet sind, den Umstieg in andere Tätigkeitsfelder zu ermöglichen, braucht es jedoch weitere Initiativen. Auch Unternehmen sollten dazu verpflichtet werden, wieder verstärkt in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter:innen zu investieren. Aktuelle Daten zeigen, dass die betriebliche Weiterbildung in Österreich rückläufig ist.
Vor diesem Hintergrund schlägt die AK vor, einen beträchtlichen Teil der Mittel für Investitionen in die Aus- und Weiterbildung mit dem Fokus Energiewende bereitzustellen. Ziel könnte sein, weitere Klimaschutz-Ausbildungszentren in anderen Bundesländern zu etablieren. Eine wichtige Orientierung bietet auch der von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und dem AMS erstellte Aktionsplan „Just Transition - Aus- und Weiterbildung“.
Es wäre sehr wünschenswert, wenn die Bundesregierung dieser Vorschläge aufgreifen und damit insbesondere die soziale Dimension der ökologischen Transformation Österreichs stärken würde.
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