Templ: Klimaziele – Globale Vorreiterrolle der EU
Infobrief 3 2023 | Templ: Klimaziele – Globale Vorreiterrolle der EU © AK WIEN
Oktober 2023

Globale Vorreiterrolle der EU: Ehrgeizige Klimaziele auch auf anderen Kontinenten

Die Klimakrise gehört zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die extremen Wetterereignisse im Sommer 2023 in Form von Dürren, Stürmen, Überschwemmungen, Waldbränden und Hitzewellen sind nur ein weiteres Alarmsignal, dass uns die Zeit davonläuft und wir auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft rascher voranschreiten müssen. Reichen die bisherigen Klimaziele?

Autor: Norbert Templ

Diesen Artikel downloaden

Der Artikel erschien zuerst im WISO Energie der Arbeiterkammer Tirol



ÜBER den Autor

Norbert Templ ist 

Referent in der Abteilung EU und Internationales der AK Wien.

Norbert Templ
Norbert Templ © Lisi Specht

Kurz & Knapp

  • Mittlerweile haben über 100 Staaten das Ziel der Klimaneutralität in Gesetzen oder politischen Dokumenten verankert.

  • Trotz beachtlicher Fortschritte in vielen Staaten und Regionen der Welt sind die CO2-Emissionen nicht im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen.

Es ist von enormer Bedeutung, dass sich die Europäische Union dieser Herausforderung stellt und Wege aufzeigt, wie die Klimakrise noch bewältigt werden kann. Mit dem europäischen Grünen Deal hat sich die Europäische Union jedenfalls als globale Vorreiterin in Sachen Klimaschutz positioniert. Der Grüne Deal legt eine Kaskade von Maßnahmen vor, die darauf abzielen, Europa bis 2050 – im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen – zum weltweit ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Ausdrücklich wird dabei hervorgehoben, dass dieser Übergang nur gelingen kann, wenn er fair und inklusiv erfolgt. Dass das keine symbolische Ankündigung ist, zeigen die vielen konkreten Maßnahmen in zahlreichen Politikbereichen, die den Übergang zur Klimaneutralität vorantreiben. Von zentraler Bedeutung ist das im Juli 2021 in Kraft getretene „Europäische Klimagesetz“, mit dem das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 Gesetzesrang erlangt, ebenso die Klimazielvorgabe, bis 2030 die Nettotreibhausgasemissionen innerhalb der Europäischen Union um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. 

Die Welt folgt der EU

Der mit dem Grünen Deal verbundene Optimismus, dass andere Staaten der EU folgen werden, war nicht unbegründet. Wer sich durch den „Net-Zero-Tracker“ scrollt, stellt fest, dass mittlerweile über 100 Staaten das Ziel der Klimaneutralität (großteils bis 2050) in Gesetzen oder politischen Dokumenten verankert haben. Entscheidend ist dabei, dass insbesondere mit den USA, China, Indien, Russland und Japan die weltweit größten Emittenten von Treibhausgasen Net-Zero-Ziele beschlossen haben, allerdings mit unterschiedlichen Zeithorizonten: USA und Japan bekennen sich zum magischen Zieldatum 2050, China und Russland peilen 2060 an, Indien will 2070 Klimaneutralität erreichen. Dass das auch mit dem Vorpreschen der Europäischen Union zusammenhängt, wurde von etlichen Experten:innen bestätigt. 

Viel hängt jetzt von den USA und China ab, die zusammen für 45% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich sind. Damit sind sie „ökologische Schicksalsmächte“, die dieser Rolle zumindest in Ansätzen gerecht werden: Die USA haben mit dem „Inflation Reduction Act“  ein wichtiges Klimaschutzpaket beschlossen, mit dem an die 400 Milliarden US-Dollar für Klimaschutzmaßnahmen (u.a. Anreize für saubere Energien, Förderung der E-Mobilität, Energieeffizienzmaßnahmen, klimaneutrale Industrie) zur Verfügung stehen. Berechnungen zeigen, dass damit die US-Klimaziele nicht ganz erreicht werden, aber die Umsetzungslücke erheblich verringert wird. Auch China treibt seine Dekarbonisierungsbemühungen mit großem Engagement im Bereich erneuerbarer Energien und Elektromobilität voran. China hat angekündigt, den Höhepunkt der CO2-Emissionen vor 2030 zu erreichen. Dieses Ziel ist in Reichweite und könnte sogar bereits unmittelbar bevorstehen8.  

Reichen die Klimaziele?

Die Ziele sind ambitioniert, die Maßnahmen zum Teil spektakulär: So dürfen z.B. in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Pkw und leichte Nutzfahrzeuge neu zugelassen werden. Aber sie reichen noch nicht! Trotz beachtlicher Fortschritte in vielen Staaten und Regionen der Welt sind die CO2-Emissionen nicht im Einklang mit dem Temperaturziel des Paris-Abkommens. Im Entwurf der „globalen Bestandsaufnahme“, die derzeit auf UN-Ebene durchgeführt wird, heißt es unmissverständlich, dass „viel ehrgeizigere Maßnahmen“ und „ehrgeizigere Ziele in den NDCs“ (national festgelegte Klimaschutzbeiträge) erforderlich sind, damit bis 2050 weltweit die Klimaneutralität erreicht wird. Zweifellos werden die bestehenden Klimaziele auf europäischer und nationaler Ebene nochmals deutlich verschärft werden müssen. Die Europäische Union hat diese Diskussion bereits im Europäischen Klimagesetz vorweggenommen, indem im Gesetz bereits ein weiteres Zwischenziel angekündigt wird: Spätestens sechs Monate nach der ersten weltweiten Bestandsaufnahme des Pariser Klimaabkommens wird die EU-Kommission ein unionsweites Klimaziel für 2040 vorschlagen. Dieses muss und wird sehr ambitioniert sein. Bereits im Juni 2023 hat der mit dem Europäischen Klimagesetz eingerichtete wissenschaftliche Beirat zum Klimawandel empfohlen, die EU-Emissionen bis 2040 im Vergleich zu 1990 um 90 bis 95 Prozent zu verringern. Noch wichtiger und politisch herausfordernder wird es aber sein, die konkreten und verbindlichen Maßnahmen zur notwendigen Reduktion der Treibhausgase entsprechend anzupassen. Es ist zu hoffen, dass mit der sich verschärfenden Klimakrise auch die Bereitschaft dazu wächst. 

Diesen Artikel downloaden


Kontakt

Kontakt

Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien

Abteilung EU & Internationales
Prinz Eugenstraße 20-22
1040 Wien

Telefon: +43 1 50165-0

- erreichbar mit der Linie D -