Publikation

Grünbuch

Das Grünbuch der Kommission, „Optionen für die Einführung eines Vertragsrechts für Verbraucher und Unternehmen“ soll „Wege zur Stärkung des Binnenmarktes durch die Entwicklung eines Europäischen Vertragsrechts aufzeigen“. Erklärtes, ausdrücklich genanntes Ziel ist, dass es kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit begrenzten Ressourcen ermöglicht werden soll, sich vermehrt auf grenzüberschreitende Geschäfte einzulassen. Unternehmen, so dem Grünbuch der Kommission zu entnehmen, würden sich nur ungern auf grenzüberschreitende Geschäfte einlassen, da beispielsweise ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) an die unterschiedlichen Regelungen anzupassen seien und zudem juristisches Know How und Übersetzungsdienstleistungen zugekauft werden müssten. 

Das Konzept eines europäischen Zivilrechts hat als Vision einiges für sich: In einem gemeinsamen Europa stellt sich natürlich die Frage, warum es noch 27 verschiedene Zivilrechtsordnungen mit unterschiedlichen Bestimmungen zu Vertragsrecht, Deliktsrecht, ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung geben sollte. Die sich seit Jahren hinziehende Diskussion zum Thema auf europäischer Ebene hat jedoch aufgezeigt, dass die Positionen der einzelnen Mitgliedstaaten hier so weit auseinander liegen, dass eine Einigung auf einen Rechtstext zu einem europäischen Zivilrecht in näherer Zukunft wohl absolut unrealistisch ist. Zudem stellen sich im Zusammenhang mit einer etwaigen Schaffung eines europäischen Zivilrechts wesentliche Fragen der gemeinschaftlichen Kompetenzen, Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit, wie die Kommission ja sogar selbst im Grünbuch anmerkt. Im Grünbuch der Kommission geht es jedoch nicht darum, die Vision eines europäischen Zivilrechts voranzubringen oder weiterzuentwickeln, sondern die Stoßrichtung ist eine andere: Das Vorhaben soll ausdrücklich dem Abbau von Handelshemmnissen und der Vollendung des Binnenmarktes dienen. Vom Gesamtprojekt eines europäischen Zivilrechts, fokussiert die Kommission – schon dem Titel des Grünbuchs nach – nur mehr auf Verträge, ausdrücklich genannt werden Verbraucher- und Unternehmensverträge, hier vor allem der Kaufvertrag. Dabei geht es vor allem darum Zivilrecht bzw Vertragsrecht gänzlich marktwirtschaftlichen Prinzipien unterzuordnen. Welche Auswirkungen bzw Präjudizien das europäische Vertragsrechtsprojekt auf andere Vertragsarten, etwa auch Arbeits- oder Mietverträge, haben könnte, wird nicht einmal mitgedacht und wird im Grün-buch der Kommission mit keinem Wort erwähnt.

Art der Publikation:
Positionspapier

AutorenInnen:
AK-Europa

HerausgeberIn:
Arbeiterkammer

Datum/Jahr:
Februar 2011

Preis:
€0