Wertsicherungsklauseln Mietverträge
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Unsicherheiten bei Wertsicherungsvereinbarungen in Mietverträgen

Aufgrund einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) wurde zuletzt in verschiedenen Medien berichtet, dass viele gewerbliche Mietverträge rechtswidrige Klauseln beinhalten und Mieter daher ihr Geld zurückfordern können.

Aufgrund einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) wurde zuletzt in verschiedenen Medien berichtet, dass Wertsicherungsvereinbarungen stets zulässig seien.

Beide Aussagen sind mit größter Vorsicht zu genießen. Viele Wertsicherungsvereinbarungen sind rechtswidrig. Daran ändert auch die aktuelle Entscheidung des OGH nichts. Die Wertsicherung von Mietverträgen ist aber grundsätzlich zulässig, daran ändert die aktuelle Entscheidung des VfGH nichts.

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Bei Fragen zu Wertsicherungsvereinbarungen halten Sie zur Klärung bitte Ihren Mietvertrag bereit und suchen Sie den entsprechenden Hinweis vorab heraus. 


Was sind Wertsicherungsklauseln?

Wertsicherungsklauseln sind Vereinbarungen in Mietverträgen, die erlauben, dass die Miete an die Inflation angepasst werden kann (Indexanpassung). Kommt es zu einer allgemeinen Preiserhöhung steigt somit auch die Miete.  

Wie können Wertsicherungsklauseln aussehen?

Mietverträge können sehr unterschiedlich sein – auch im Hinblick auf die  Wertsicherungsklauseln. Gemeinsam ist allen sogenannten Indexklauseln, dass sie Regeln festlegen, nach denen sich die vereinbarte Miete (ohne Betriebskosten) verändert. Meist erfolgt diese Veränderung entsprechend der Inflation (= entsprechend der Veränderung des Verbraucherpreisindex, VPI).

Die konkreten Vereinbarungen über eine Wertsicherung sehen etwa so aus:

  • Der Mietzins wird jährlich im Jänner entsprechend der Veränderung des VPI-Wertes für September des Vorvorjahres zum VPI-Wert für September des Vorjahres angepasst.

    oder
  • Ausgangsbasis für die Wertsicherung ist die bei Vertragsabschluss zuletzt verlautbarte Indexzahl des VPI. Der Mietzins verändert sich entsprechend der Änderung des VPI, wobei Veränderungen bis 3 % (oder stattdessen: 1 % oder 2 % oder 5 %) unberücksichtigt bleiben.

    oder
  • Der Mietzins verändert sich entsprechend der Veränderungen der mietrechtlichen Richtwerte (wird meist im Altbau verwendet).

Diese Arten von Wertsicherungsvereinbarungen kommen in unterschiedlichen Varianten in den meisten Mietverträgen zur Anwendung.

Um welche Bestimmungen ging es bei den Entscheidungen von OGH und VfGH?

Seit 1979 steht im Konsumentenschutzgesetz (§ 6 Absatz 2 Ziffer 4), dass Wertsicherungsvereinbarungen von Unternehmer:innen unwirksam sind, wenn sie eine Anhebung innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss zulassen. Das gilt gegenüber Verbraucher:innen, sofern nicht anderes einzeln ausgehandelt wurde.

Diese Regelung soll dazu führen, dass sich Unternehmer:innen zumindest zwei Monate dazu verpflichten, den zugesagten Preis einzuhalten. Nirgends im Gesetz ist aber geregelt, dass Verträge ausdrücklich einen Hinweis darauf enthalten müssen, dass es innerhalb von zwei Monaten zu keiner Anhebung kommt.

Der Verfassungsgerichtshof hat vor Kurzem bestätigt, dass diese gesetzliche Vorgabe verfassungskonform ist. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hat aber jüngst entgegen vielen vorausgegangenen Entscheidungen ausgesprochen, dass die Bestimmung auf Mietverträge gar nicht anzuwenden ist.

Was bedeuten diese Entscheidungen für Mietverträge, bei denen es zu kurzfristigen Anhebungen gekommen ist?

Wenn eine Wertsicherungsvereinbarung etwa die Anpassung der Miete für den Fall vorsieht, dass der Verbraucherpreisindex um mehr als 5 % ansteigt, wird daraus in der Regel keine Rechtswidrigkeit folgen, obwohl es theoretisch auch zu einer Anhebung innerhalb von zwei Monaten kommen kann. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass solche Vereinbarungen jedenfalls rechtskonform sind (siehe unten)

Wenn es aber aufgrund einer Wertsicherungsvereinbarung tatsächlich sehr kurzfristig zu einer Anhebung gekommen ist, liegt durchaus der Verdacht nahe, dass diese rechtswidrig ist.  Eine solche Rechtswidrigkeit kann etwa darin begründet sein, dass die Klausel überraschend und benachteiligend (§ 864a ABGB) oder der Modus der Wertsicherung sachlich nicht gerechtfertigt ist (§ 879 Absatz 3 ABGB oder § 6 Abs 1 Z 5 KSchG). Diese Rechtsgrundlagen wurden bisher von Obersten Gerichtshof nicht geprüft, weil er davon ausging, dass solche Klauseln ohnehin wegen der 2-Monats-Schranke rechtswidrig sind.

Welche sonstigen Gründe für die Rechtswidrigkeit von Wertsicherungsvereinbarungen gibt es?

Die AK hat in den vergangenen Jahren sogenannte Verbandsverfahren (bei diesen Verfahren ist die AK die Klägerin – in diesen Verfahren werden die Verträge von Unternehmen strenger geprüft, als bei Klagen von Konsument:innen) geführt und führt aktuell Musterverfahren zu individuellen Mietverträgen, um die Rechtslage abschließend zu klären.

Eine Rechtswidrigkeit kann nach unserer Ansicht etwa in folgenden Fällen vorliegen:

  • Einseitigkeit der Wertsicherung

Sieht eine Wertsicherungsvereinbarung zwar vor, dass der Mietzins mit dem Verbraucherpreisindex steigt, er aber bei einem Absinken des Verbraucherpreisindex nicht fällt, dann ist die Vereinbarung regelmäßig als rechtswidrig einzustufen.

  • Überraschende Anhebungen

Kommt es aufgrund einer Wertsicherungsvereinbarung bereits innerhalb kürzester Zeit zu einer Anhebung, mit der der Mieter nicht rechnen musste, dann liegt eine Rechtswidrigkeit nahe. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Mietzins mit den sogenannten Richtwertsprüngen angepasst wird, was dazu führen kann, dass es kurz nach Mietvertragsabschluss zu einer eklatanten Anhebung kommt.

Hat eine Mieterin etwa im März 2022 einen Mietvertrag mit einer solchen Vereinbarung abgeschlossen, dann wurde ihr Mietzins (insbesondere auch der sogenannte Lagezuschlag vom Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses) bereits im Mai 2022 also nach nicht einmal 2 Monaten Vertragsdauer um die Inflation von 3 Jahren angehoben.

Ein Fall aus dem AK Mietencheck: Der Mieter hat den Vertrag am 29. März 2023 abgeschlossen, der Vertrag begann mit 1.April 2023; am 1.Mai 2023 wurde ihm die Miete inklusive der zum Zeitpunkt Ende März 2023 festgelegte Lagezuschlag um fast 6% erhöht, nach kaum mehr als eine Monat! 

  • Unsachliche Anhebungen

Viele Mietverträge sehen vor, dass bei der ersten Anhebung des Mietzinses auch Preissteigerungen aus der Zeit lange vor Mietvertragsabschluss berücksichtigt werden. Andere Mietverträge sehen vor, dass die Anpassung mit einem sachlich nicht gerechtfertigten Index (etwa dem Baukostenindex) erfolgt. Auch solche Wertsicherungsvereinbarungen werden regelmäßig als rechtswidrig einzustufen sein.

  • Intransparente Formulierung

Unternehmer:innen sind meist Expert:innen auf ihrem Gebiet. Deshalb verlangt der Gesetzgeber von ihnen, dass sie sich so klar wie möglich ausdrücken. Sind Wertsicherungsvereinbarungen so intransparent formuliert, dass sich für die Mieter:innen nicht klar ergibt, wie der Mietzins angepasst wird, verstößt auch das gegen das Gesetzt. Das betrifft oft auch sogenannte Ersatzindexklauseln, in denen Vermieter:innen festlegen, wie der Mietzins bei einem etwaigen Wegfall des VPI angepasst wird.

das heisst ...

Wenn sich Vermieter:innen nicht an das Gesetz halten, und rechtswidrige Vertragsformulare verwenden, müssen sie mit Sanktionen rechnen. Ob eine bestimmte Wertsicherungsklausel gültig ist, muss aber immer noch im Einzelfall von einem Gericht entschieden werden.

Was gilt in Genossenschaftswohnungen?

Für Genossenschaftswohnungen (= Mietwohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen) gilt ein eigenes Spezialmietrecht – geregelt im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG). Es erlaubt meist nur einen kostendeckenden Mietzins, also eine Miete, die die tatsächlichen Ausgaben der Bauvereinigung abdeckt. Wenn sich diese Kosten ändern (z. B. durch höhere Kreditrückzahlungen), ändert sich auch die Miete automatisch. Solche Mieterhöhungen entstehen nicht durch Indexklauseln, sondern durch gestiegene Kosten. Deshalb gibt es bei Genossenschaftswohnungen kaum rechtswidrige Wertsicherungsklauseln.

Musterverfahren und Erfolge

Musterverfahren

Um herauszufinden, bei welchen Mietverträgen auch Privatpersonen zu viel bezahlte Miete zurückfordern können, führt die AK derzeit mehrere Musterverfahren. Welche Vereinbarungen tatsächlich rechtswidrig sind, wird aber erst nach Abschluss dieser Verfahren klar sein – eine abschließende Klärung wird 2025 nicht mehr erwartet.

Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir aufgrund der bereits laufenden Verfahren keine weiteren Musterverfahren übernehmen können.

Erfolge der AK

Die Arbeiterkammer hat bereits einige Verbandsverfahren gegen gewerbliche Vermieter:innen geführt, deren Wertsicherungsvereinbarungen für rechtswidrig befunden wurden.

Forderungen an die Regierung

Vermieter:innen haben in den letzten Jahren hohe Gewinne erzielt – die Bundesregierung muss jetzt handeln und Mietsteigerungen begrenzen!

Auch wenn viele Vermieter:innen das anders sehen – Miete ist keine Form des Arbeitseinkommens, sondern eine Form des Kapitaleinkommens. Miete ist die einzige Form des Kapitaleinkommens, bei dem das Einkommen mit der Inflation angepasst wird. Oder kennen Sie etwa eine Bank, die Ihr Sparguthaben mit der Inflation anpasst?

Anhebungen der gesamten Miete mit der Inflation sind ungerecht! Steigen die Erhaltungskosten von Vermieter:innen entsprechend der Inflation um 5 % und werden deshalb die Mieten in voller Höhe ebenfalls um diese 5 % angehoben, dann steigt auch der Gewinn der Vermieter:innen. Das liegt daran, dass nur ein kleiner Teil der Mieteinnahmen für die Erhaltung des Gebäudes aufgewendet wird, aber auch der restliche Teil der Miete (= Gewinn) mit der Inflation angepasst wird.

Alleine zwischen Anfang 2022 und Mitte 2023 stiegen im Altbau die Richtwertmieten um etwa 15 %. Die privaten Mieten stiegen in den letzten drei Jahren um etwa 23 %.

Vermietung ist kein Arbeitseinkommen, und eine automatische Anpassung mit der vollen Inflation ist nicht angemessen. Es braucht daher faire Regelungen für Mieter:innen und Vermieter:innen.

Die Regierung muss jetzt die versprochene Mietpreisbremse umsetzen, um faire und angemessene Mieten zu sichern.

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