Alleinerziehende in Wien
Was es bedeutet, alleinerziehend zu sein
Alleinerziehende gehören zu der am stärksten von Armut- und Ausgrenzung betroffenen Gruppe. Die Covid-19-Pandemie sowie die massive Teuerung der vergangenen Jahre haben dazu beigetragen, dass sich Armutslagen bei Alleinerziehenden verfestigt und verstärkt haben.
Studie
In der Studie „Alleinerziehende: Gesellschaftliche Bilder, Selbstwahrnehmungen und Wege zur Selbstermächtigung“ der AK Wien und des Frauenservice Wien werden die Lebensbedingungen von Alleinerziehenden in Wien in den Blick genommen.Die wichtigsten Ergebnisse
Wir haben die wichtigsten Ergebnisse der Studie für Sie zusammengefasst:
- Das finanzielle Auskommen ist für Alleinerziehende oftmals ein im Alltag konstant wiederkehrendes Thema. Einschränkungen bei Lebensmitteln, Konsumgütern, Bildung, Gesundheit oder Wohnen wurden angesprochen. Teils waren Alleinerziehende auf die finanzielle Unterstützung von Verwandten oder Freund:innen angewiesen.
- Der Kindesunterhalt des unterhaltspflichtigen Elternteils ist ein wichtiger Teil des Haushaltseinkommens. Oftmals fehlen Unterhaltszahlungen zur Gänze oder sie werden nicht in ausreichender Höhe geleistet. Ein großes Problem stellen Zusatzausgaben z.B. für Schulschikurse oder Sportwochen dar.
- Eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit sowie Aus- und Weiterbildung wurden als zentral für Alleinerzieherinnen gesehen. Unflexible Arbeitszeitmodelle und die vorherrschende Norm der Vollzeiterwerbstätigkeit als anerkannte Form einer erfolgreichen Erwerbsbeteiligung wurden als problematisch und belastend – sowie als für Alleinerziehende meist unrealisierbar – kritisiert. Selbständigkeit war für einige die einzige Möglichkeit, Erwerbs- und Sorgearbeit zu vereinbaren.
- Die Abwertung von Teilzeitbeschäftigung als nicht karriereorientierte Form der Arbeit, sowie eine „Anwesenheitskultur“ im Job wurden von den Fokusgruppenteilnehmerinnen als Probleme genannt, von denen sich Alleinerziehende besonders betroffen fühlen.
- Stereotypisierungen und Vorurteile nehmen Alleinerziehende in der Arbeitswelt häufig wahr.
- Zufriedenstellende Arbeitssituationen waren durchwegs mit hoher zeitlicher Flexibilität und passenden Kinderbetreuungseinrichtungen verbunden.
- Ein gesicherter gut erreichbarer Kinderbetreuungs- und Hortplatz ist für Alleinerziehende von fundamentaler Bedeutung und wird als Recht des Kindes empfunden. Ein Kinderbetreuungsplatz muss auch während der Ausbildung oder der Arbeitssuche zur Verfügung stehen. Die Organisation einer Sommerbetreuung für ihr Kind/ihre Kinder erweist sich für viele Alleinerziehende als jährlich wiederkehrende Herausforderung.
- Pro-aktivere Einbindung der Väter und Vereinbarkeit als Thema für beide Elternteile denken
- Hohe Bedeutung privater Netzwerke und des sozialen Umfeldes, um das Leben zu bewältigen.
- Zeitarmut, Dauerstress und Erschöpfung gehören zum Alltag von Alleinerziehenden. Viele berichteten von einem erheblichen „Mental Load“, der als sehr belastend wahrgenommen wird. Permanentes Funktionieren und das Fehlen von Freizeit werden als Dauerzustände wahrgenommen.
- Der Zugang zu Informationen wird als zu hochschwellig und kompliziert empfunden. Beispielsweise fehlt eine Informationsplattform, die relevante Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten, Rechten und Ansprüchen bündelt.
Unsere Forderungen
Um die Lebensbedingungen von allen Familien und Kindern zu verbessern, fordert die AK Wien zur effektiven und umfassenden Bekämpfung von Armut einen Mix an Maßnahmen:
- Sozialleistungen armutsfest machen: Erhöhung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe, sowie eine echte Mindestsicherung statt löchriger Sozialhilfe.
- Eine staatliche Garantie, dass der Unterhalt vom Staat in ausreichender Höhe rasch und unbürokratisch ausbezahlt wird, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss nicht oder nur in unzureichender Höhe leistet.
- Bildung für alle Kinder von Anfang an: Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungs- und -betreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag.
- Perspektiven durch Unterstützungs- und Beratungsangebote, wie flächendeckende Frühe Hilfen.
- Arbeitszeitmodelle, die Menschen mit Sorgeverantwortung eine Teilnahme am Erwerbsarbeitsmarkt ermöglichen, z.B. flexible und gestaltbare Teilzeitarrangements, sowie Aus- und Weiterbildungsangebote in Teilzeit.
- Eine neue Norm der kurzen Vollzeit, die eine Balance zwischen Erwerbsarbeit, Freizeit und Sorgearbeit herstellt und einen langen und gesunden Verbleib in der Erwerbstätigkeit ermöglicht.
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