Arbeitsinspektion: Schutzschild für ArbeitnehmerInnen und Polizei der Arbeitswelt
Sichere und gesunde Arbeitsbedingungen sind mit gesetzlichen Regelungen am besten erreichbar.
Dies zeigt auch die jüngste europäische Unternehmenserhebung über neue und aufkommende Risiken (ESENER-2): Rechtsvorschriften sind mit 87% das Hauptmotiv der österreichischen ArbeitgeberInnen für sichere und gesunde Arbeitsplätze zu sorgen. Der jüngste Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion weist mit 116.481 Übertretungen im Bereich des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes neuerlich einen historischen Höchststand auf. Das zeigt deutlich: Engmaschige Kontrollen der Arbeitsinspektion sind heute wichtiger denn je.
Kontrollen sichern die Einhaltung der - oft lebenswichtigen - Schutzgesetze. Kontrollen verhindern aber auch, dass sich einzelne UnternehmerInnen durch die Missachtung von Gesetzen bzw. schlechten/gesetzeswidrigen Arbeitsbedingungen wettbewerbsverzerrende Vorteile verschaffen. Die staatliche Arbeitsinspektion muss auch in Zukunft ein Schutzschild vor arbeitsbedingten Gefahren für die Beschäftigten darstellen. Sie muss sich aber auch schützend vor jene Betriebe stellen, die gesunde und sichere Arbeitsbedingungen im Betrieb aktiv leben.
Daher ist es erforderlich, dass die Arbeitsinspektion ihren Fokus wieder deutlich stärker auf ihre Kernaufgabe, die Überwachung und Durchsetzung von Vorschriften des ArbeitnehmerInnenschutzes, richtet. Um ausreichend Handlungsfähigkeit der Arbeitsinspektorate zu gewährleisten, müssen sich auch deren Zuständig- und Verantwortlichkeiten verstärkt an faktischen Gegebenheiten orientieren.
Wir fordern: Die Kontrolle der Gesetze hat Vorrang
- Konzentration der Arbeitsinspektion auf ihre Kernaufgaben (Kontrolle der Einhaltung von Gesetzen und deren Überwachung, zeitnahe Nachkontrollen, sowie Teilnahme an Genehmigungsverfahren mit Parteistellung) sowie die klare Abgrenzung zwischen Kontroll- und Beratungstätigkeit
- Stärkere Schwerpunktsetzung der Kontrolle auf Unfallgefahren, Belastungen durch Schwerarbeit, hohen Arbeitsdruck und hohe Arbeitsmenge, sowie Gewalt am Arbeitsplatz
- Beratungsangebot bei Einführung von Sicherheits- und Gesundheitsmanagementsystemen in Betrieben und in der Folge mehr Systemkontrollen
- Intensivierung der Betriebskontrollen und zeitnahe Nachkontrollen durch die Arbeitsinspektion (jährliche Kontrolle jedes österreichischen Betriebs)
- Verlängerung der Verjährungsfristen in Verwaltungsstrafverfahren, die den ArbeitnehmerInnenschutz betreffen auf 3 Jahre
- Aufhebung der Amtsverschwiegenheit der Arbeitsinspektion bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses
Wir fordern: Verantwortlichkeit der Arbeitsinspektorate praxisnah gestalten
- Schaffung der Möglichkeit von Strafen direkt vor Ort durch die Organe der Arbeitsinspektion (neben der gängigen Praxis von Strafanzeigen)
- Schaffung der Möglichkeit von Ersatzvornahmen durch die Organe der Arbeitsinspektion (bei beharrlicher Weigerung der Einhaltung/Wiederherstellung von ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften)
- Mit der Aufnahme einer neuen Ziffer 7 in § 3 Abs 1 ArbIG mit dem Wortlaut „die Altersadäquatheit “ soll den Organen der Arbeitsinspektion ausdrücklich das Recht von Kontrollen der alternsgerechten Gestaltung von Arbeit/ Arbeitsplätzen nach arbeitswissenschaftlichen Grundsätzen, sowie das Recht auf Sanktionen gegenüber ArbeitgeberInnen im Beanstandungsfall zugestanden werden
- Unverzügliche Auslösung eines Strafantrags bei der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde nach Verstreichen der gesetzten Frist zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands und strafrechtliche Verfolgung bei potentiellen Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen der Beschäftigten (In Deutschland sind zB Geldbußen bis zu 25.000€ vorgesehen. Bei beharrlich, wiederholter Weigerung oder vorsätzlicher Handlung gegen Leben und Gesundheit eines Beschäftigten ist die/der ArbeitgeberIn sogar mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht)
- Deutliche Anhebung des Strafrahmens und der Mindeststrafen zur präventiven Abschreckung im Hinblick auf Gesetzesübertretungen im ArbeitnehmerInnenschutzrecht (sowie dem Ziel Wettbewerbsverzerrungen durch die Umgehung von Schutzbestimmungen hintanzuhalten)
- Einführung von Nebenstrafen (wie zB die Veröffentlichung von Urteilen, Verbot an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen, die Verhängung eines befristeten Subventionsverbots oder die Rückzahlung gewährter Subventionen sowie ein strikteres Vorgehen beim Entzug der Gewerbeberechtigung)
- Ausweitung bzw. Präzisierung der Aufgaben der Arbeitsinspektion nach § 3 Abs. 1 Z 1 ArbIG 1993 bezogen auf die Überwachung von Kontrollmaßnahmen, welche die Menschenwürde berühren können, zum Schutz der Integrität und Würde des Menschen
- Schaffung der Möglichkeit von Überprüfungen von Arbeitszeitvereinbarungen, welche auf Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen basieren
- Wiedereinführung der Meldepflichten für ArbeitgeberInnen bezüglich des Einsatzes von ArbeitsmedizinerInnen und Sicherheitsfachkräften an die Arbeitsinspektion (mit dem Ziel statistische Informationen über die praktische Anwendung wesentlicher ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften zu erhalten - die Informationen sind EDV-mäßig zu erfassen und jährlich zu veröffentlichen)
- Einrichtung des Arbeitsinspektorats als Behörde inkl der Befugnis nach Feststellung von Rechtsverletzungen Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen und Strafbescheide zu erlassen
- Einheitliche Vollziehung der gesetzlichen Bestimmungen durch die Arbeitsinspektorate österreichweit sicherstellen
- Ersatzlose Abschaffung der Anmeldung und Vorankündigung von Kontrollen durch die Arbeitsinspektion sowie Entfall der Möglichkeit der Wirtschaftskammern an der Durchführung von Betriebskontrollen iZm § 5 Abs 1 Z 1 und 2 Arbeiterkammergesetz teilzunehmen
Wir fordern: Mehr Ressourcen für eine leistungsfähige Arbeitsinspektion
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) legt im Übereinkommen Nr 81, Artikel 10, fest, dass eine ausreichende Anzahl an AufsichtsbeamtInnen gewährleistet sein muss. Der Richtwert für industrielle Marktwirtschaften ist hierbei mit einem Aufsichtsbeamten/einer Aufsichtsbeamtin für 10.000 ArbeitnehmerInnen festgelegt. Dementsprechend ist für Österreich zumindest ein Kontrollorgan pro 10.000 Beschäftigte erforderlich. Bereits heute befinden wir uns, bezogen auf die Anzahl der ArbeitsinspektorInnen in Österreich, hart an der untersten Grenze.
Um die Arbeitsinspektion zu befähigen ihrem gesetzlichen Auftrag ordnungsgemäß nachzukommen, ist es erforderlich diese mit ausreichend finanziellen und personellen Ressourcen (inkl der erforderlichen Qualifikationen) sowie einem zeitgemäßen Arbeitsumfeld auszustatten.
- Erhöhung des Personalstandes um mindestens 50 zusätzliche Vollzeitbeschäftigungsäquivalente
- Erhöhung der finanziellen Ressourcen der Arbeitsinspektorate und des Zentral-Arbeitsinspektorats
- Verbreiterung der Fachkompetenz in den Arbeitsinspektionen der Aufsichtsbezirke (zB um Fachleute für Arbeitssicherheit, Arbeitshygiene, Verwendungsschutz, Arbeitsmedizin, Arbeits- und Organisationspsychologie, RechtsexpertInnen etc). Insbesondere bei Neubestellungen ist hierauf Bedacht zu nehmen
- Einrichtung eines arbeitspsychologischen Dienstes im Zentral-Arbeitsinspektorat zur Unterstützung der Arbeitsinspektion und Schaffung der hierfür erforderlichen Planstellen (nach dem Vorbild des arbeitsmedizinischen Dienstes)
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