
Warum sind Lebensmittel in Österreich so viel teurer?
Österreich zählt im Euroraum zu den Ländern mit den höchsten Teuerungsraten in den letzten Jahren Wer hat noch nicht die Erfahrung gemacht, dass das idente Lebensmittel- oder Drogerieprodukt in Österreich deutlich mehr als in Deutschland kostet. Dass österreichische Konsument:innen im internationalen Vergleich für Markenprodukte im Lebensmittel- und Drogeriebereich einen sogenannten "Österreich-Aufschlag" im zweistelligen Prozentbereich zahlen müssen, ist nicht nur unfair, sondern widerspricht auch dem EU-Binnenmarkt.
Was ist der Österreich-Aufschlag?
Der sogenannte "Österreich-Aufschlag" benachteiligt österreichische Konsumentinnen und Konsumenten seit Jahren. Dies bedeutet, dass idente Markenprodukte in Österreich deutlich teurer sind als in benachbarten Mitgliedstaaten, insbesondere Deutschland. Dieser Preisunterschied lässt sich nicht durch Qualitätsunterschiede oder Steuersätze erklären.
Die Preisunterschiede sind insbesondere auf territoriale Lieferbeschränkungen durch die internationalen Markenartikelhersteller zurückzuführen. Dabei handelt es sich um Beschränkungen, die Einzelhändler daran hindern, Produkte aus dem Mitgliedstaat ihrer Wahl zu den bestmöglichen Marktbedingungen zu beziehen.
So viel teurer ist Einkaufen in Österreich
Durchschnittlicher Preisunterschied bei identen Markenprodukten zulasten Österreich
Die nachfolgende Aufstellung, die – basierend auf AK-Preiserhebungen – die durchschnittlichen Preisdifferenzen in den Jahren 2021–2024 zwischen Österreich und Deutschland in den Bereichen Lebensmittel und Drogeriewaren zeigt, bestätigt die anhaltende negative Entwicklung.
2021 | 2022 | 2023 | 2024 | |
---|---|---|---|---|
Lebensmittel (netto) | 13,5 % | 8,8 % | 14,9 % | 20,6 % |
Drogeriewaren (brutto) *) | 38,5 % bzw. 34,5 % **) | 30,3 % | 25,1 % | 27,5 % |
*) MwSt-Unterschied nur 1 Prozentpunkt
**) Preiserhebungen Mai und Oktober 2021
Den Preiserhebungen in den Jahren 2021–2024 lag jeweils ein Warenkorb von identen Produkten zu Grunde. Während kurzfristig die Preisdifferenzen gegenüber Deutschland etwas abnahmen, so zeigen die Ergebnisse der jüngsten Auswertung 2024 wieder eine deutliche Zunahme. So war der Warenkorb von 70 verglichenen identen Marken-Lebensmitteln in Österreich inkl. MwSt um 24,3 % teurer als in Deutschland. Netto betrug die Preisdifferenz 20,6 % (+5,7 Prozentpunkte gegenüber 2023).
Im Bereich Drogerieprodukte ist der Preisunterschied zu Deutschland noch größer. Im Zeitraum 2021 bis 2024 betrug der durchschnittliche Preisunterschied bei jeweils rund 100 identen Markenprodukten bis zu 38,5 %, wobei der Preisunterschied bei einzelnen Produkten deutlich über 100 % beträgt.
Auch der VKI (Verein für Konsumenteninformation) beobachtet regelmäßig die Preisdifferenzen von Lebensmitteln. Nach der jüngsten Analyse vom November 2024 ist der Supermarkteinkauf in Österreich im Durchschnitt um 15 – 20 % teurer als in Deutschland.
Die Preisunterschiede sind insofern von wettbewerbspolitischer Relevanz, als in Österreich wesentliche Unternehmen des Einzelhandels sowohl im Lebensmittel- als auch Drogeriesektor von deutschen Muttergesellschaften dominiert werden. Darüber hinaus ist auch das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (BIP pro Kopf) in beiden Ländern annähernd gleich hoch.
Österreich-Aufschlag wird seit langem thematisiert
Bereits im Länderbericht Österreich zum Europäischen Semester 2019 wurde mit Verweis auf Preiserhebungen der AK Wien diese Problematik thematisiert. Auch der Länderbericht 2024 greift dieses Thema erneut auf.
In Österreich hat die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) die Existenz des Österreich-Aufschlags in ihrer Studie "Lebensmittel" aus dem Jahr 2023 bestätigt.
Ebenso hält eine Studie der EU-Kommission aus dem Jahr 2020 fest, dass das Problem der territorialen Lieferbeschränkungen die EU-Verbraucher:innen jährlich mehr als 14 Milliarden Euro kostet. Zumindest Belgien, die Niederlande und Griechenland sind als weitere Mitgliedstaaten davon betroffen.
Die BAK hat im Dezember 2023 ausführlich die Thematik des Österreich-Aufschlages durch Eingaben an die EU-Kommission aufgezeigt und ersucht, auf europäischer Ebene dagegen vorzugehen.
Im Juni 2024 hat die BAK in Zusammenarbeit mit der BWB und dem Bundesgremium des Lebensmittelhandels das direkte Gespräch mit der EU-Kommission gesucht. Dabei wurden die unfairen Wettbewerbsbedingungen und territorialen Lieferbeschränkten zum Nachteil der österreichischen Konsument:innen und zum Nachtel der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit Österreichs thematisiert.
AK Forderungen
Die AK fordert, dass sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene die notwendigen Schritte gesetzt werden, um diesen Missstand umgehend abzustellen. Erfreulicherweise thematisiert diese Problematik auch die neue Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm und will sich dafür bei der EU-Kommission einsetzen.
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