Kühe auf der Weide
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27.3.2023

AK Umfrage: Hohe Erwartungen bei Regionalität und Tierwohl!

Eine repräsentative Ifes Umfrage zeigt: Konsument:innen haben bei Werbung mit Österreich, bei Regionalangaben und beim Tierwohl sehr hohe Erwartungen, die die Produkte oft nicht erfüllen – Gesetzgeber und (Werbe)Wirtschaft sind gefordert.

Videorückblick

Die Ergebnisse der Ifes Umfrage präsentierten bei einem Pressegespräch die AK Expert:innen Gabriele Zgubic und Petra Lehner:


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Presseunterlage

Konsument:innen erwarten sich bei „österreichischen“ Produkten oder „Made in Austria“, dass mehr Österreich drin ist, wenn Österreich draufsteht. Zwei Drittel der Befragten erwarten Rohstoffe aus und Herstellung in Österreich, bei Lebensmitteln sind es sogar drei Viertel. „Regional“ bedeutet für die Hälfte keine größere Entfernung als 100 Kilometer, für neun von zehn jedenfalls aus Österreich, Futtermittel inklusive.

Tierschutz ist für nahezu alle Befragten (88 Prozent) wichtig – und zwar umfassend, dazu zählen etwa gute Tierhaltung im Stall, stressfreie Schlachtung, artgerechte Fütterung, Auslauf im Freien oder kurze Transporte. Das zeigt eine repräsentative Umfrage vom Marktforschungsinstitut Ifes für die AK.

Konsument:innen- und Tierschutz wichtig

83 Prozent der Befragten geben an, dass für sie Konsument:innenschutz wichtig ist, für mehr als die Hälfte sogar sehr wichtig, nur für ein Prozent gar nicht. Überraschend ist der sehr hohe Stellenwert von Tierschutz: 88 Prozent geben an, dass Tierschutz für sie wichtig ist, für knapp zwei Drittel sogar sehr wichtig, für weniger als ein Prozent gar nicht. 

„Made in Austria“ 

„Österreich“, egal ob als Text, Logo oder Bild am Packerl bringt Wettbewerbsvorteile, weil österreichische Konsument:innen österreichische Produkte bevorzugen. Konsument:innen erwarten dann auch viel Österreich im Produkt, sowohl was die Herkunft der Rohstoffe betrifft als auch wo es be- und verarbeitet wurde. Das gilt vor allem bei Lebensmitteln, aber grundsätzlich für alle Waren, wie die AK Befragung klar belegt.

„68 Prozent der Befragten erwarten sich bei Produkten aller Art eine komplette Herstellung in Österreich, also inklusive der Rohstoffe. Diese Erwartungshaltung soll bei entsprechender Bewerbung auch erfüllt werden“, so die Leiterin der AK Konsument:innenpolitik Gabriele Zgubic. „Ob es ausreichend ist, dass mindestens 50 Prozent der Wertschöpfung in Österreich passieren, ist also in Frage zu stellen.“

Österreich-Werbung bei Lebensmitteln

Steht auf Lebensmitteln „hergestellt in Österreich“, erwarten drei Viertel der Konsument:innen, dass die Herstellung in Österreich mit Rohstoffen aus Österreich erfolgt.

Rohstoffe und Wertschöpfung  

Steht „regional“ drauf, erwarten zwei Drittel, dass die Herstellung in der Region erfolgt und die Rohstoffe aus der Region kommen, ein Drittel akzeptiert auch Rohstoffe von anderswo, wenn alle Verarbeitungsschritte in der Region erfolgen. Nur ein Fünftel meint, dass die wesentlichen Verarbeitungsschritte in der Region erfolgen und Vorprodukte und Rohstoffe auch von anderswo kommen. 

Hoher Stellenwert von Tierwohl

Mindestens neun von zehn Konsument:innen sind eine gute Tierhaltung, stressfreie Schlachtung, artgerechte und gentechnikfreie Fütterung, ein Zugang ins Freie oder Weidehaltung und kurze Lebendtiertransporte wichtig. 

Geschmack und Tierschutz ganz vorne 

Fast allen Konsument:innen sind Geschmack (94 Prozent) und Tierschutz (92 Prozent) wichtig, den dritten Platz teilen sich gesunde Ernährung (85 Prozent), Herkunft/Regionalität (85 Prozent) und gentechnikfrei (84 Prozent). Für 82 Prozent ist der Preis wichtig. 

Worauf verzichten, wenn’s eng wird?

Nur 29 Prozent der Befragten sagen, dass sie auf nichts verzichten oder verzichten wollen. Wird’s eng, werden am ehesten Bioprodukte weggelassen. Auf vegan, Lightprodukte und Convenience wird auch noch eher verzichtet, auf Geschmack, gentechnikfrei, Tier- und Klimaschutz eher nicht. 

Was es braucht  

  • Verbindliche Tierwohlkennzeichnung: Eine verbindliche, verlässliche Tierwohlkennzeichnung muss sich an den Vorstellungen der Konsument:innen orientieren. Als Modell könnte der Nutri-Score dienen. In den verschiedene „Säulen“ (zum Beispiel Haltung, Schlachtung, Transport) gibt es Punkte, für dem Tierwohl weniger zuträgliche Praktiken gibt es Abzüge, für Bioproduktion und besonders positive Maßnahmen Zusatzpunkte. Am Ende ergibt sich ein Score, der auf einer Scala vom grünen A (sehr gut) bis zum roten E (Mindeststandard) reicht.

    Gerade weil „Tierwohl-Werbungen“ gefühlt explodieren, ist eine klare Kennzeichnung sehr wichtig. Werbung weckt Erwartungen und Tierschutz ist für fast alle Konsument:innen ein Top-Thema. Was konkret dahinter steckt, wissen aber nur wenige.
     
  • Herkunftskennzeichnung um Tierschutzstandards ergänzen: Wird bei Lebensmitteln tierischer Herkunft mit österreichischer Herkunft geworben, sollen auch die Tierhaltungsstandards gekennzeichnet sein.

  • „Rot-Weiß-Rot“ soll Österreich sein: „Rot-Weiß-Rot“ am Packerl muss Österreich bei Rohstoffen und Herstellung bieten. Auch klar kommunizierte Abstufungen sind denkbar, etwa nur Verarbeitung, nur Rohstoffe oder beides (beispielsweise ein Sternesystem ähnlich wie bei Hotels).
     
  • Regional definieren: Da weder Gesetzgeber noch Konsument:innen ein klares Bild von „Regional“ haben, ist eine verbindliche Definition überfällig. Auch deshalb, weil „Regionalität“ klimapolitisch gefordert und speziell gefördert wird und regionale Versorgungskreise nachhaltig und widerstandfähig sind.
     
  • Gütezeichengesetz Neu: Ein neues Gütezeichengesetz soll klare Regeln und einen einheitlichen Prozess zur Anerkennung und Nutzung von staatlichen Gütezeichen festlegen. Das Gesetz soll offen gestaltet sein und vorgeben, dass Kriterien für ein Gütezeichen klar über den gesetzlichen Mindeststandards liegen, Transparenz und unabhängige Kontrollen vorsehen. So wäre der Weg für ein verlässliches „Regional“, „Qualität aus Österreich“ oder auch „Klimafreundlich“ geebnet und kein Platz mehr für „Scheingütezeichen“.
     
  • Wirksame Kontrollen: Die Lebensmittelbehörden müssen Schwerpunktkontrollen machen, insbesondere auch, weil ab September die verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung gilt. 

Was Konsument:innen tun können

  • Schau genau: Produktinformationen im Detail lesen kann Werbung entzaubern. Bei manchen einfachen Produkten wie rohem und gefrorenem Fleisch, Schaleneiern oder frischem Obst und Gemüse muss über die Herkunft gesetzlich verpflichtend informiert werden. Bei höher verarbeiteten Produkten fehlen solche Vorgaben. Wird aber Herkunftswerbung gemacht (etwa Österreich-Fahne) und ist eine primäre Zutat nicht aus der beworbenen Region, muss es einen entsprechenden Hinweis geben.
     
  • Das gilt aber nur für Zutaten, die mehr als 50 Prozent des Produktes ausmachen oder im Produktnamen vorkommen. „Hergestellt in Österreich“ wiederum muss nicht heißen, dass die Rohstoffe aus Österreich kommen – hergestellt ist hergestellt, nicht gewachsen oder geerntet. Leicht ist es also für Konsument:innen nicht, auch wenn sie das Packerl ganz genau inspizieren.
     
  • Bioprodukte bevorzugen: Bei Bioprodukten – egal ob nicht oder hoch verarbeitet – ist die Herkunft EU-rechtlich verpflichtend anzugeben. Die Nennung eines Landes, mehrerer Länder, EU, Nicht-EU und Kombinationen daraus sind möglich. Und bei Bio ist bei tierischen Produkten Tierschutz und Tierwohl am ehesten gegeben.

  • Regionalität und Qualität auseinanderhalten: Regionale oder österreichische Produkte sind gut, wenn man die lokale Wertschöpfung im Auge hat. Sie sind aber nicht notwendigerweise qualitativ besser. Auch mehr Tierwohl ist nicht immer drin, wenn Österreich draufsteht. Wichtig für die eigene Gesundheit und die des Planeten ist eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten und wenigen (hochwertigen) tierischen Produkten. 

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