Mobilitätswende
© ETF Europe
27.1.2023

Arbeitsplatz Autobahn

Rastanlagen und soziale Infrastruktur auf Rastanlagen

Berufslenker:innen müssen gesetzlich vorgeschriebene Lenk- und Ruhezeiten einhalten. Das ist wichtig für ihr Wohlbefinden und die Verkehrssicherheit auf Autobahnen. Rastplätze sind die hierfür notwendige Infrastruktur. Trotzdem gibt es in Österreich und Europa zu wenige Lkw-Parkplätze. Rastanlagen sind außerdem der Ort, wo Berufslenker:innen zwangsläufig ihre Freizeit verbringen. Eine soziale Infrastruktur muss daher Grundbedürfnisse (Ernährung, Hygiene, Sicherheit) abdecken. 

Grafik
Bild teilen © ETF Europe


In der Veranstaltung wurde folgende Bestandsaufnahme vorgenommen:

Leonore Gewessler: Investitionen in Rastplätze

In ihrer Videobotschaft wies Leonore Gewessler, Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, auf die unhaltbaren Zustände von Berufslenker:innen im Straßengüterverkehr hin. Investitionen in Rastplätze sind daher sinnvoll für bessere Arbeitsbedingungen, aber auch für die Verkehrssicherheit. Österreich wird über die EU-Vorgaben der künftigen TEN-T-Verordnung hinausgehen und bei den 10.000 Parkplätzen auf Rastplätzen der ASFINAG neue Services, beispielsweise Waschmaschinen, anbieten.

Berufslenker:innen am Wort

Berufslenker:innen wissen am besten, was auf Rastanlagen geändert werden muss. Zu diesem Zweck wurde ein Videofilm auf der Raststation Schwechat/S1 gedreht. Darin werden die häufigsten Probleme (fehlende Parkplätze, keine warme Dusche für alle, unerschwingliche Preise für warmes Essen, kein WLAN-Empfang in der Lkw-Kabine) angesprochen.


Tamara Christ: Rastplatz-Konzept der ASFINAG

In ihrem Vortrag „Rasten auf österreichischen Autobahnen - Das Rastplatz-Konzept der ASFINAG“ wies Tamara Christ, ASFINAG Geschäftsführerin, auf den hohen Ausbaugrad der ASFINAG mit  260 Rastanlagen (Raststationen, Rastplätze und Parkplätze) und ca. 10.000 Lkw-Stellplätzen im Vergleich zu unseren Nachbarländern hin. Neben bestehenden Mindestanforderungen (Dusche, WC, WLAN, Getränkeautomat, Überwachungskameras, Verbindung zur Verkehrsmanagementzentrale für Notruf) werden die neuen Rastplätze auch ein vermehrtes Angebot an Gastro-Services und Aufenthaltsmöglichkeiten anbieten. 

K. Schmidt: 100.000 Parkplätze fehlen in der EU

In einem Videointerview mit dem Büro Brüssel der Bundesarbeitskammer stellte Kristian Schmidt, Generaldirektion für Mobilität und Verkehr der Europäischen Kommission, den enormen Fehlbedarf von 100.000 Parkplätzen in der EU fest. In einem neuen EU-Rechtsakt wurden die Mindesterfordernisse und verschiedene Sicherheitsstufen für sichere und bewachte Rastanlagen festgelegt, deren Ausbau mit EU-Mitteln gefördert wird. Die Kommission hofft insgesamt auf einen Kulturwandel bei den Straßentransportunternehmen, der durch den Mangel an Arbeitskräften ausgelöst wird.

Dirk Penasse: Rahmenbedingungen geändert

In seinem Vortrag ging Dirk Penasse, Generalsekretär vom Verband für Sicherheitsparkplätze (ESPORG),  auf geänderte Rahmenbedingungen (v.a. Fahrer:innenmangel und Strom-Lkw) ein, die Rastplätze künftig (bessere Serviceleistungen für qualifizierte Arbeitskräfte, reservierbare Parkplätze für das Übernacht-Aufladen) erfüllen müssen. Diese Zukunftsvision steckt im neuen EU-Rechtsakt zu sicheren und gesicherten Rastplätzen. Nur regelmäßige Audits durch unabhängige Dritte können ein zufriedenstellendes Niveau bei Qualität und Sicherheit für Berufslenker:innen garantieren.

Christian Schimanovsky: Sicherheitsrisiko Stress

In seinem Vortrag betonte Christian Schimanovsky, Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) ,den deutlichen Zusammenhang von Stress und Übermüdung bei der Verkehrssicherheit. Gerade übermüdete Verkehrsteilnehmer stellen immer ein höheres Sicherheitsrisiko für sich, aber auch andere Menschen dar. Das Risiko eines tödlichen Unfalls ist beim Lkw 4-fach erhöht. Keine geeigneten Pausenmöglichkeiten und ein ungesundes Ernährungsverhalten verstärken den Stress bei Lkw-Lenker:innen und das führt zu Einschränkungen in der Verkehrssicherheit.

Anna Weirich: Wie Mindestlohn umgangen wird

Anna Weirich und Michael Wahl, die beiden Branchenkoordinator:innen für internationalen Straßentransport, DGB-Beratungsnetzwerk Faire Mobilität, wiesen in ihrem Vortrag auf die Umgehung des Mindestlohns durch Vermengung von Gehalt und Spesen bei Berufslenker:innen hin. Daneben wurden erschütternde Bilder vom „Lebensmittelpunkt Autobahn“, aber auch einfache Lösungsvorschläge für eine bessere Rast von Berufslenker:innen präsentiert. 

Alfred Spiegl: Minimum an Infrastruktur

In seinem Redebeitrag forderte Alfred Spiegl, Gewerkschaft vida, ein Minimum an sozialer Infrastruktur bei Rastanlagen auf allen Autobahnabschnitten ein.  

  • mindestens alle 60 km eine Rastanlage mit ausreichenden Lkw-Stellflächen,
  • ausreichende, saubere und kostenlose Sanitäranlagen sowie eine warme Dusche mit 24h-Betrieb,
  • ein „Spezialmenü“ in Gaststätten auf Rastanlagen zu einem erschwinglichen Preis, Berufslenker:innen wollen auch eine warme Mahlzeit am Tag,
  • kostenloses WLAN am gesamten Rastplatz bis in die Fahrerkabine,
  • Kochmöglichkeiten und Waschmaschinen,
  • ausreichende Beleuchtung und Videoüberwachung für mehr Sicherheit auf Rastanlagen,
  • Angebot von Kontaktinformation für den Krankheitsfall (DocStop),
  • Stromanschluss für Lkw bei temperaturgeführten Transporten,
  • eine Liste von gut erreichbaren Pensionen und Unterkünften auf jeder Rastanlage, damit sie ihre Wochenruhe menschengerecht und gesetzeskonform verbringen können,
  • regelmäßige Kontrollen durch Kontrollorgane auf Rastanlagen, um illegales Parken zu verhindern

Sylvia Leodolter: 3.000 Parkplätze fehlen

In ihrem Resümee bekräftigte Sylvia Leodolter, Leiterin der Abteilung Umwelt und Verkehr in der AK Wien, die Forderungen von Alfred Spiegl. Ergänzend wies sie auf den konkreten Ausbaubedarf von Parkplätzen, rund 3.000 zu den bestehenden 10.000, auf österreichischen Autobahnen hin. Ausreichende und menschenwürdige Rastmöglichkeiten müssen nicht nur auf Rastplätzen, sondern auch auf Raststationen der ASFINAG gegeben sein.

Aufzeichnung der Veranstaltung

Bitte nutzen Sie die Sprungmarken auf der Zeitleiste oder das Kapitelmenu (Chapters), rechts neben der Zeitleiste, um zu den einzelnen Keynotes zu springen.