Fassade eines alten Backsteingebäudes, dicht mit Efeu bewachsen und mehrteiligem Fenster, verschiedene Glassorten, kaputt
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5.5.2025

Altbau-Mietshäuser: Spekulant:innen kassieren, Mieter:innen fliegen raus

Illegale Kündigungen, verdreckte Gänge, Mieten rauf: Wiens Altbau-Mietzinshäuser werden oft zum Spielball von Spekulant:innen – ein Geschäft mit hohen Gewinnen und Preisen, sowie der Verdrängung der Mieter:innen. Eine von der AK bei der TU Wien beauftragte Studie wirft einen Blick hinter die Fassaden. Sie zeigt, wie Spekulant:innen den Markt aufheizen und Mieter:innen systematisch unter Druck setzen. Die Ergebnisse und Forderungen präsentierten Thomas Ritt und Mara Verlič, AK Wien: 

AK Wohnrechtsexperte Thomas Ritt

AK Wohnexperte Thomas Ritt „Käufer:innen fahren satte Gewinne ein, Mieter:innen werden systematisch schikaniert – nur damit neue, illegal teure Verträge befristet abgeschlossen werden können.“ 

AK Wohnexpertin Mara Verlič

AK Wohnexpertin: Mara Verlič: „Mieter:innen in alten, unbefristeten Verträgen stehen den Erträgen im Weg. Der Grund: Ihre Mieten sind aus Sicht der Käufer:innen nicht hoch genug“. 

Die Presseunterlage finden Sie hier und die Studie zum Downloaden gibt's hier.

Spekulant:innen wittern das große Geld

In Wien gibt es rund 20.000 Altbau-Mietshäuser. Zwischen 2000 und 2022 gab es rund 6.400 Käufe und Verkäufe, das entspricht 87 Prozent aller Transaktionen mit Mietshäusern in diesem Zeitraum! Darunter sind auch Mehrfachverkäufe. Rund 4.700 Altbau-Mietshäuser wurden mindestens einmal verkauft, das ist rund ein Viertel des Bestands. Oder anders gesagt: Insgesamt wurden rund 400 Hektar Liegenschaftsfläche veräußert, das entspricht in etwa 570 Fußballfeldern! 

Preise außer Rand und Band

Zwischen 2000 und 2022 gibt es einen deutlichen Preisanstieg bei den Altbau-Mietshäusern: 3,5 Millionen Euro – so viel kostet im Schnitt ein Altbau-Mietshaus im Jahr 2022 – im Jahr 2000 waren es noch schlappe 573.000 Euro. Das ist ein Plus von 511 Prozent! 

„Auf dem angeheizten Markt setzt sich eine Spirale in Gang. Durch hohe bezahlte Preise steigt auch der Druck auf die Käufer:innen, eine Refinanzierung ihrer Investition bzw. einen Gewinn zu erzielen“, erklärt Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunal und Wohnen. „Am Altbaumarkt sind die Mieten durch den Richtwertmietzins gesetzlich begrenzt. Mietwucher mit illegal hohen Mieten über dem Richtwert sind da kein seltenes Phänomen und bei so hohen Preisen oft sogar Voraussetzung für dieses Geschäftsmodell.

Mieter:innen werden unter Druck gesetzt

„Mieter:innen in alten, unbefristeten Verträgen stehen den Erträgen im Weg. Der Grund: Ihre Mieten sind aus Sicht der Käufer:innen nicht hoch genug“, erzählt Mara Verlič von der Abteilung Kommunal und Wohnen der AK Wien. „Käufer:innen üben daher Druck auf sie aus, damit Mieter:innen aus ihren Verträgen aussteigen und ausziehen.“

Ziel der Käufer:innen: maximale Mieteinahmen mit meist befristeten Verträgen. „Für die Wohnungen in Altbau-Mietshäusern sind die Mieten durch den Richtwert begrenzt. Daher ist von Mietwucher auszugehen“, betont Verlič. „Alternativ werden die Wohnungen als Eigentumswohnungen abverkauft, was ebenso zur Verdrängung der alteingesessenen Mieter:innen führt.“

So werden Mieter:innen rausgeekelt

  • Häuser verfallen lassen – mit Absicht (physischer Druck auf Bausubstanz des Hauses): Dreck, Leerstand, keine Reparaturen. Ein Mieter sagt im Interview: „Der Vermieter hat nicht nur das Dach, sondern das leerstehende darunter liegende Geschoss abgerissen, obwohl da drunter noch Mieter:innen waren.“

  • Alles wird teurer (ökonomischer Druck durch Teuerungen): höhere Wohnkosten aufgrund von Verbesserungsarbeiten, höhere Betriebskosten, lange und teure Gerichtsverfahren. Ein Mieter sagt im Interview: „Meiner Meinung nach ist der Sinn der Erhöhung nur gewesen, so viel Druck auszuüben, damit wir gehen.“ Ein anderer Mieter erzählt: „Für uns hat das mit einer Erhaltung und Sanierung nichts zu tun. Das wird da vollkommen missbraucht. Das ist ja wie ein Neubau.“

  • Unzulässige Machenschaften (Druck auf Vertragssicherheit): illegale Kündigungen, illegale Umwandlung in befristete Verträge, zu wenig Ablöse und Ersatzwohnungsangebote. Eine Mieterin im Interview: „Bei uns wurde an die Tür geklopft und die haben gesagt, ihr müsst da und da ausziehen, das war für uns mit einem unbefristeten Mietvertrag völlig überraschend.“

  • Ungemütliches Zuhause (psychischer Druck auf Sicherheits- und Zuhause-Gefühl): Schikanen und Einschüchterungen, langwierige Baustellen, prekäre Vermietung, nicht-reparierte Haustore und Einquartierung „unerwünschter“ Personen. Eine Mieterin sagt im Interview: „Es war ein ständiger Durchzug im Haus. Es sind Leute hin und her gegangen, es wurde gestritten, geschrien, es wurde gedealt, es gab mehrere Polizeieinsätze.“ Ein anderer Mieter erzählt: „Es gab eine Blechkonstruktion mit Gipskartonwänden im Innenhof, in die zwanzig Personen einquartiert wurden.“  

Wenn sich Mieter:innen wehren

Es gibt auch Mieter:innen, die sich gegen die Machenschaften der Vermieter:innen querlegen:

  • Gemeinsam stark: Nachbar:innen sowie alte und neue Mieter:innen vernetzen sich, sie klagen gemeinsam; 
  • Rechtliche Hilfe nutzen: sie stellen Erhaltungsanträge bei Schlichtungsstellen, informieren die Baupolizei und wenden sich an Mietrechtsberatungsstellen; 
  • Raus in die Öffentlichkeit: sie benachrichtigen Medien und holen Aktivist:innen ins Boot.

Wohnen muss leistbar und sicher sein

Die AK verlangt konkret:

  • Modernes, transparentes Mietrecht
  • Aus für die Entrechtung der Mieter:innen durch Befristungen
  • Spekulationen den Riegel vorschieben
  • Mieter:innen bei  Sanierungen besser schützen 

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Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien

Abteilung Kommunalpolitik
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