Junge Frau übersiedelt
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30.1.2024

Wohnwahnsinn Befristungen!

In Österreich sind in den letzten Jahren sehr viele Wohnungen gebaut worden – trotzdem wird Wohnen noch teurer und unsicherer. Ein Grund dafür: Seit 2012 gibt es bei den befristeten Mietverhältnissen ein massives Plus – um 156.800 Verträge mehr als noch 2022! 

Eine Befragung des Sozialforschungsinstituts IFES im Auftrag der AK bei 803 Personen in Österreich zeigt: Unfreiwillig – drei von vier Wohnungen wurden nur deshalb befristet angemietet, weil keine passende unbefristete Wohnung zu haben war. Teuer – befristete Mieten kosten monatlich um 110 Euro mehr als noch 2022. Unsicher – wird die Befristung verlängert oder nicht? Mieter:innen sind unsicher, ob sich größere Investitionen in die vier Wände rentieren, und ob eine Nachfolgewohnung leistbar ist.  

Die Ergebnisse der IFES Befragung präsentierten bei einer Pressekonferenz die AK Wohnrechtsexpert:innen Thomas Ritt und Sina Moussa-Lipp:



Befristungen im Vormarsch

In den letzten Jahren sind in Österreich viele Wohnungen gebaut worden, meist von gewinnorientierten Bauträgern, also ohne Wohnbaufördermittel. Das hatte zur Folge, dass auch die Vermietung durch gewinnorientierte Gesellschaften und Privatpersonen stark zugenommen hat und damit die befristeten Mietverträge zugelegt haben. 

Zehnjahres-Vergleich 2012 - 2022: Befristungen und Wohnungsneubau gingen fast Hand in Hand

Neue private Mietwohnungen                158.100
Zuwachs Befristungen                           156.800
Zuwachs unbefristete Mietverhältnisse     1.300

Befristungsanteil im privaten Mietwohnungssegment

2012 34,5 Prozent  (rund 207.200)
2022 48,0 Prozent  (rund 364.000)

Quelle: Mikrozensus, Statistik Austria, AK Berechnungen 

AK Wohnrechtsexperte Thomas Ritt
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Wohnrechtsexperte Thomas Ritt: „Es ist hanebüchen, in Befristungen gedrängt zu werden, die unsicher und kaum leistbar sind.“

Teure Befristungen

Laut Statistik Austria kosteten Mietwohnungen in Österreich im Jahr 2022 im Schnitt rund 580 Euro pro Monat. Befristete Mietwohnungen waren hingegen mit 740 Euro pro Monat deutlich teurer. 

So teuer sind Bruttomieten von befristeten Mietverträgen

  AK Befragung Durchschnitt Mikrozensus Statistik Austria 2022
Mietwohnungen befristet gesamt 846 Euro 739 Euro
davon privates Miethaus 880 Euro 745 Euro
davon Altbau 889 Euro 756 Euro
davon Neubau 880 Euro 740 Euro
gesamt inkl. unbefristete Mietwohnungen   582 Euro
davon privates Miethaus   677 Euro

Quelle: IFES 2024, Mikrozensus 2022, Statistik Austria, AK Berechnungen

Unsere Forderungen

Stopp dem Wohn-Befristungswahnsinn!

„Befristete Mietverträge sind für viele Mieter:innen eine Falle, der sie nicht ausweichen können“, resümiert Ritt. „Die Mieter:innen werden oft in befristete Verträge gezwungen, sie sind zunehmend unleistbar und bringen Unsicherheit – wird der Vertrag verlängert oder nicht? Fakt ist: Es wird in jedem Fall teurer. Bei einer Vertragsverlängerung ist man Vermietern hinsichtlich möglicher Mieterhöhungen de facto ausgeliefert und dann kommen noch die indexbasierten Erhöhungen dazu.

Die Mieter:innen werden doppelt zur Kasse gebeten. Wer sich eine Wohnung suchen muss, muss mit Umzugs- und Kautionskosten rechnen. Wer seine zu hohe Miete und damit seine Rechte einklagt, muss auch befürchten, dass der Vertrag nicht verlängert wird. Viele tun das deshalb nicht. So wird Recht zu einer leeren Hülle! Es ist nachteilig, wenn Familien durch erzwungene Umzüge ihre sozialen Netze und das schulische und gesellschaftliche Umfeld verlieren – eine langfristige Lebensplanung ist nicht machbar.“

Wir verlangen:

  • Weg mit den Befristungen: Was sofort ginge: Weg mit den befristeten Mietverträgen. Immobilienkonzerne, Versicherungen und andere große Wohnungsbesitzer:innen sollen zukünftig nur mehr unbefristet vermieten dürfen. Privatpersonen sollen hingegen eine Wohnung befristetet vermieten dürfen für eigenen Bedarf oder für Kinder oder Enkel. Im Mietrechtsgesetz ist eine entsprechende Regelung, differenziert nach Art der Vermieter:innen, festzuschreiben 

  • Mietzinsbegrenzungen verbessern und ausweiten: Die Zu- und Abschläge zum Richtwert müssen im Gesetz aufgelistet werden. Der Lagezuschlag soll reformiert werden – in seiner gegenwärtigen Form ist er unfair. Wenn mit Steuergeld der öffentliche Verkehr ausgeweitet oder neue Parks eröffnet werden, sollen Vermieter:innen mehr verlangen dürfen? Wo war da die Leistung? Generell sollen die möglichen Zuschläge mit 25 Prozent gedeckelt werden. Damit würde die Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes deutlich erhöht. Und schließlich soll der Anwendungsbereich des Richtwertsystems auf alle Häuser, die 30 Jahre und älter sind, ausgeweitet werden.  

  • Mietenbremse der Bundesregierungen reparieren: Eine Mietenbremse mit maximal zwei Prozent pro Jahr – auch rückwirkend für 2022 und 2023 – ist nötig. Eine Bremse von fünf Prozent für 2024 bis 2026 – wie es die Bundesregierung beschließen will – ist fast wirkungslos. Die größten Mieterhöhungen waren 2022 und 2023. Die Inflation wird heuer laut Prognosen bereits unter fünf Prozent liegen. 

  • Offensive für geförderten Wohnbau: Geförderte Mietwohnungen sind sicher und leistbar, weil sie prinzipiell unbefristet und zu geregelten Konditionen vermietet werden. Um das Angebot hier deutlich zu erhöhen, ist eine Wohnbauförderungsmilliarde für die Länder aus dem Bundesbudget erforderlich. Zudem müssen öffentliche Grundstücke für den geförderten Wohnbau reserviert werden. 

Kontakt

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Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien

Abteilung Kommunalpolitik
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