Lieferando Fahrradzusteller
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18.4.2025

Ausbeutung bei Lieferando & Co

Kurzfassung des BLOG Beitrages von Helene Baumgartner und Robert Walasinski

Helene Baumgartner, AK Expertin für Digitalisierung
Helene Baumgartner, AK Expertin für Digitalisierung © Erwin Schuh

Die Ankündigung von Lieferando Österreich, alle festangestellten Mitarbeiter:innen zu kündigen und zukünftig auf freie Dienstverträge umzustellen, zeigt die Dringlichkeit, die EU-Plattformarbeitsrichtlinie auch in Österreich endlich umzusetzen. Die Spirale des Lohndumpings und der Prekarisierung dreht sich jedenfalls immer schneller.

Ein Teufelskreis der Ausbeutung

„Es geht nur noch darum, wer die Arbeit noch billiger erledigt“, so ein Insider der Branche. Diese bittere Erkenntnis ist Ergebnis der Strategie vieler Plattformunternehmen, Kosten durch die Auslagerung von Risiken und die Umgehung herkömmlicher Arbeitsverhältnisse zu senken. Die Leidtragenden sind die Arbeitnehmer:innen, die damit in einen gnadenlosen Wettbewerb um Aufträge und Einkommen gedrängt werden.

Schlechte Bezahlung

Die realen Arbeitsbedingungen der vielfach migrantischen Beschäftigten in der Branche machen eine nachhaltige Integration in die Gesellschaft nahezu unmöglich. 10-bis-12-Stunden-Schichten bei Wind und Wetter sind in der Praxis nicht unüblich. Als freie Dienstnehmer:innen und „Selbstständige“, die um jeden Auftrag kämpfen müssen, werden sie pro Lieferung bezahlt, statt nach Arbeitszeit. Wöchentlich wechselnde Arbeitszeiten und die Ungewissheit, genügend Schichten oder Bestellungen zu erhalten, um die Rechnungen zu bezahlen, prägen ihren Alltag.

Viel Risiko

Die Plattform bestimmt, wie viele Personen um eine begrenzte Anzahl von Aufträgen konkurrieren. Die Beschäftigten tragen dabei das gesamte Risiko. Die Plattformbetreiber können bedenkenlos mehr Personal binden, um Auftragsschwankungen zu begegnen, da ihnen dadurch keine direkten Kosten entstehen. Die Beschäftigten hingegen tragen das volle Risiko dieser Schwankungen und sind einer größeren Konkurrenz um die gleiche Anzahl von Aufträgen ausgesetzt. Dabei bleiben keine Zeit und Energie übrig für Sprachkurse, Weiterbildungen oder gar ein soziales Leben abseits der Arbeit – es ist schlicht nicht planbar.

Dazu kommt der enorme psychische Druck, der durch die intransparenten Algorithmen der Apps entsteht. Welche unangekündigten (automatischen) Sanktionen sind aktuell vorgesehen? Wie viele Stornierungen sind erlaubt, bevor eine Sperrung erfolgt? Drohen Kündigung oder Sperrung am Monatsende wegen angeblich nicht zugestellter Ware ohne Möglichkeit zur Rechtfertigung? Welche Sanktionen folgen bei Schichtabbruch? Funktioniert das GPS ohne Unterbrechung oder ist man schon automatisch auf unbezahlter Pause?

Das sind Fragen, mit denen sich die Fahrer:innen tagtäglich konfrontiert sehen. Die ständige Sorge, dass das Einkommen die eigenen Lebenskosten nicht decken könnte, untergräbt jegliche Perspektive auf eine langfristige Integration.

Die Kombination aus prekären Arbeitsbedingungen, mangelndem Schutz und sozialer Isolation treibt Plattformarbeiter:innen in einen Teufelskreis der Ausbeutung, in dem jeder Faktor den anderen verstärkt und die Abhängigkeit vom Plattformarbeitgeber zementiert.


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