11.10.2019

Deutsch wirksam fördern

Wie kann die wirksame Förderung der Unterrichtssprache Deutsch an Österreichs Schulen gelingen? Dieser Frage gingen am 11. Oktober 2019 rund 200 TeilnehmerInnen im AK Wien Bildungszentrum nach. Anlässlich des einjährigen Bestehens der neu eingeführten Deutschförderklassen hatten Arbeiterkammer Wien, Bildung Grenzenlos, der Österreichische Verband für Deutsch als Fremd-/Zweitsprache (ÖDaF) sowie der lernraum.wien der Volkshochschulen zur Diskussion geladen.

Österreichs Kinder bildungssprachlich fit machen

AK Präsidentin Renate Anderl verwies in ihrer Eröffnungsrede auf die Wichtigkeit der Sprache als „Werkzeug für die Beschäftigten“. Ihr Grundstein werde in unseren Bildungseinrichtungen gelegt, die dementsprechende Rahmenbedingungen dafür bräuchten. Denn „alle unsere Kinder haben gerechte Chancen verdient – und diese liegen unter anderem in der gemeinsamen Sprache.“

In der von Hannes Schweiger (Universität Wien) moderierten Eröffnungsdiskussion bestand Einigkeit über den Bedarf an schulischer Deutschförderung, die Rahmenbedingungen dafür wurden jedoch unterschiedlich beurteilt. Während Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorsky auf Wiens Tradition als vielsprachige Stadt verwies, in der es für eine wirksame Deutsch-Förderung auch mehr Ressourcen und autonome Spielräume für Schulstandorte brauche, unterstrich Sektionschef Klemens Riegler-Picker vor allem den bisherigen Handlungsbedarf bei der Deutschförderung sowie die gestiegene Verbindlichkeit und Verlässlichkeit, die mit den neuen Deutschförderklassen/-kursen erreicht werden konnte.

Schulqualitätsmanagerin Ulrike Rötgens (Bildungsdirektion Wien) schilderte die administrativen Herausforderungen bei der Umsetzung der Deutschförderklassen und der neuen Sprachstandserhebung (MIKA-D-Test), ehe Gabriele Schmid (Abteilungsleiterin Bildungspolitik, AK Wien) das offene Ohr der Arbeiterkammer für Schulen und Eltern sowie für Vorschläge zur Verbesserung betonte.

Wissenschaftliche Ergebnisse und Vorschläge der AK

Beatrice Müller, Deutsch-als-Zweitsprache-Forscherin an der Universität Wien, eröffnete den wissenschaftlichen Abschnitt mit einem Rückblick auf die wichtigsten Statistiken und rechtlichen Rahmenbedingungen zum Modell der Deutschförderklassen/-kurse. Präsentation

Im Anschluss präsentierte Prof. Nicole Marx, Sprachwissenschafterin an der Universität Köln, in ihrer wissenschaftlichen Keynote – Studienergebnisse zu Vorbereitungsklassen in Deutschland – ihr zentrales Fazit: Für den effektiven Anschluss von QuereinsteigerInnen an den Regelunterricht sei ein langfristiger Ansatz, mit Berücksichtigung der Heterogenität der Erstsprachen und ihrer Förderung, notwendig. In der anschließenden Fachdiskussion mit Beatrice Müller resümierte Marx, dass für QuereinsteigerInnen in Bremen eine kombinierte Förderung in- und außerhalb des Regelunterrichts, in Kleingruppen (mit 5 SchülerInnen) sowie mit enger Verzahnung mit dem Fachunterricht die besten Ergebnisse erzielt habe. Schlussfolgerungen

Abschließend stellte Oliver Gruber, bildungspolischer Referent in der AK Wien, die Vorschläge der Arbeiterkammer zur Weiterentwicklung der Förderung der Bildungssprache Deutsch vor. Mit dem „AK-Sprachschlüssel“ solle eine langfristige, durchgängige und direkte Förderung mit sozialer Integration und schulischer Autonomie vereint werden. Kleinere Gruppen, Kontinuität über einen Zeitraum von bis zu 6 Jahren sowie die Verbindung von altersgerechtem Sprach- und Fachunterricht verstärke die Wirksamkeit sprachlicher und fachlicher Entwicklung der Kinder. Präsentation 

Intensive Diskussionen

Im 2. Teil der Veranstaltung stand die gemeinsame Diskussion im Zentrum: Zunächst diskutierten alle TeilnehmerInnen in 6 Diskussionsforen aus verschiedenen Perspektiven (SchulleiterInnen, PädagogInnen, Wissenschaft, Eltern) ihre Erfahrungen und Schlussfolgerungen nach dem ersten Jahr der Deutschförderklassen/-kurse sowie ihre Vorschläge für die weitere Gestaltung der schulischen Deutschförderung. Die Ergebnisse der Diskussionsforen finden Sie hier.  

Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion der BildungssprecherInnen und ExpertInnen der Parlamentsparteien: Rudolf Taschner (ÖVP) betonte, mit der Einführung von Deutschförderklassen/-kursen habe man rasch und effektiv auf die Situation fehlender Deutschkenntnisse reagieren wollen – nun gelte es, zu evaluieren und zu polieren. Sonja Hammerschmid (SPÖ) hielt fest, dass es keine Evaluierung der 2016 eingeführten Sprachstartgruppen gegeben habe, die Einführung der neuen Deutschförderklassen daher nicht evidenzbasiert erfolgt sei.

Christoph Wiederkehr (NEOS) betonte, dass die schnelle Reaktion auf politische Stimmungen durch Deutschförderklassen die ExpertInnen ausgeblendet und den Schulen ihre Autonomie genommen habe. Sibylle Hamann (GRÜNEN) bestätigte, dass die Situation vorher nicht perfekt gewesen sei, sie jedoch ein Einheitsmodell wie das derzeitige mit weniger Ressourcen als vorher für problematisch halte. 

Bildergalerie

Tipp

Rückblick und Ergebnisse zum ersten Diskussionsforum Deutschförderung finden Sie hier.

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