Erfahrungen nach einem Semester Deutschförderklassen
Seit dem Schuljahr 2018/19 laufen an Österreichs Pflichtschulen die neu präsentierten Deutschförderklassen. Sie ersetzen die bisherige Deutschförderung in kleineren Sprachstartgruppen. An der Einführung wurde viel Kritik geübt, sowohl aus pädagogischer wie auch aus sozialer, organisatorischer und finanzieller Sicht.
Aus diesem Grund fand am Internationalen Tag der Muttersprache (28. Februar 2019) im „Haus der Begegnung – Favoriten“ ein Diskussionsforum zum Thema Deutschförderklassen statt. Auf Einladung der Arbeiterkammer Wien, des Vereins „Bildung Grenzenlos“, dem Österreichischen Verband für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (ÖDAF) sowie der Volkshochschule Wien wurde dort eine erste Zwischenbilanz nach dem ersten Semester gezogen.
Weiterhin Probleme bei der Umsetzung
Eröffnet wurde das Forum mit Blitzlichtern aus betroffenen Schulen sowie einem Input der Wiener Bildungsdirektion zu den organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen – hier die Präsentation zum Download.
Im Anschluss diskutierten über 300 LehrerInnen, SchülerInnen, SchulleiterInnen und Eltern im World-Café ihre bisherigen Erfahrungen mit diesen Klassen bzw. mit den Änderungen in der Deutschförderung: Die Rückmeldungen der PraktikerInnen machten deutlich, dass auch ein halbes Jahr später viele der beim Beschluss der Deutschförderklassen geäußerten Kritikpunkte weiterhin als Probleme geschildert werden – die gesammelten Rückmeldungen aller TeilnehmerInnen finden sich hier zum Download.
Abschließend stellte die Berliner Professorin für Soziologie, Juliane Karakayali, Forschungsergebnisse zu den Berliner „Willkommensklassen“ vor, die dort seit einigen Jahren bestehen und auch als eine Vorlage für die Deutschklassen in Österreich gedient haben. Ihre Botschaft an Österreichs Bildungspolitik: Mit getrennter Beschulung werde ein Parallelsystem etabliert, dem gerade bei Ressourcenknappheit ein Qualitätsverlust droht. Der Mangel an Kontakten zu deutschsprechenden Gleichaltrigen verhindere geradezu Integration. Stattdessen würde durch die Segregation nach Sprache nicht das Gemeinsame sondern eher ein 'kulturalisierendes Differenzwissen' (also eine Wahrnehmung der Andersheit) verstärkt: Kultur werde damit zum zentralen Thema, nicht Sprache.
AK Position zu nachhaltiger Deutschförderung
Die Arbeiterkammer hat sich 2018 für eine moderne Sprachförderung zum Erlernen der Unterrichtssprache Deutsch ausgesprochen. Sie sollte auf den folgenden Eckpunkten aufbauen:
- Stärkere sprachliche Förderung in der Elementarpädagogik und Pflichtschule
- Durchgängiges Sprachfördermodell vom Kindergarten kontinuierlich über die Pflichtschule hinweg
- Gleichzeitige Förderung von Erst- und Zweitsprache, denn das stellt auch einen nachhaltigeren Erwerb der Bildungssprache Deutsch sicher
- Ausgewogene Balance von gemeinsamem Unterricht in der Regelklasse und paralleler Sprachförderung in eigenen Gruppen