Mutter hält ihren Schulanfänger an der Hand
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Kinderbetreuungsgeld – Weg mit den familienfeindlichen Hürden!

Bei der Arbeiterkammer gehen die Anrufe wegen Problemen und Hürden beim Kinderbetreuungsgeld jedes Jahr in die Tausenden, die Volksanwaltschaft hat mit Beschwerden zu tun, weil Menschen jahrelang auf ihr Geld warten. Eine Reform ist überfällig – sowohl bei der Vollziehung als auch auf gesetzlicher Ebene.

Die Pressekonferenz zum Nachsehen

Die Presseunterlage mit Statements von Volksanwalt Bernhard Achitz und AK Präsidentin Renate Anderl finden Sie hier zum Nachlesen.

Langes Warten auf Kindebetreuungsgeld

In die Mühlen der österreichischen Verwaltungspraxis kommen besonders Familien, oft Alleinerzieher:innen, die mit ihren Kindern in Österreich leben, bei denen aber ein Elternteil im EU-Ausland lebt oder arbeitet. Eigentlich dürfte ihnen daraus kein Nachteil entstehen. In der Praxis vergehen aber oft Monate bis Jahre, bis diese Familien das Kinderbetreuungsgeld, das ihnen zusteht, auch erhalten: Sie sollen der österreichischen Behörde unzählige, auch sehr private, Unterlagen (Telefonnachweise, Bankauszüge,...) oft mehrfach vorlegen. Sie sollen die Familienleistungen auch im Ausland beantragen und gegen eine Ablehnung auch noch Einspruch erheben. Das lange Warten bringt die Familien in eine existenzbedrohnde Lage. Denn auch der Krankenversicherungsschutz, der vom Kinderbetreuungsgeld abhängt, fällt in dieser Zeit weg!

Wie die österreichischen Behörden - auf klare Weisung der Familienministerin - hier tun, ist ein grobes Foul gegen EU-Recht und gegen die betroffenen Familien", sagt Volksanwalt Bernhard Achitz.

Fall einer Mutter

Die Mutter einer inzwischen achtjährigen (!) Tochter hat immer noch kein Kinderbetreuungsgeld erhalten, obwohl sie nachweisen kann, dass sie im Ausland keinen Anspruch auf Familienleistungen hat. Die Volkananwaltschaft hat ihren Fall bereits 2019 in der ORF-Sendung "Bürgeranwalt" vorgestellt. Trotzdem wollten die Behörden nicht einlenken, sodass die Arbeiterkammer schließlich für sie vor Gericht gezogen ist. Zwei Instanzen gaben der Mutter recht: Ihr steht Kinderbetreuungsgeld zu. Trotzdem hat die Behörde sich immer noch nicht zu einem menschenfreundlichen Vorgehen durchringen können  und hat erneut berufen. Das Verfahren kommt jetzt vor den OGH.

 AK Befragung: Immer mehr Beschwerden über Familienleistungen

Das ist bei weitem kein Einzelfall, immer wieder wenden sich verzweifelte Eltern an die Volksanwaltschaft, weil sie vergeblich auf das Kinderbetreuungsgeld oder andere Familienleistungen warten. Weil offensichtlich so gravierende Missstände in den Familien-Behörden bestehen, hat die AK eine Online-Befragung gestartet, und der große Zulauf zeigt, wie dringlich das Thema ist.  Befragt nach ihrer Zufriedenheit mit dem Kinderbetreuungsgeld (KBG) gibt der Großteil der Befragten – nämlich 60 % – an, mit dem KBG gar nicht bis eher nicht zufrieden zu sein, und nur 40 % sind eher bis sehr zufrieden#heading__9

Die Hauptprobleme 

  • zu komplizierte Regelungen (62%)
  • Höhe und Verständlichkeit der Zuverdienstregeln (51%)
  • zu kompliziertes Antragsformular (45%)

Besonders problematisch: Nachweis der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen

Die weitaus am häufigsten genannten Gründe für Rückforderungen betreffen die Nachweise der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen sowie die Überschreitung der Zuverdienstgrenzen.

Dieser Befund deckt sich mit den Erfahrungen aus der arbeitsrechtlichen Beratung der AK. Selbst wenn Eltern die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen zeitgerecht durchführen lassen und diese fristgerecht bei der Krankenkasse einreichen, kommt es immer wieder zu Rückforderungen, da Nachweise „verloren“ gehen oder nicht rechtzeitig ankommen. Die komplizierten Zuverdienstregeln sind nicht nur eine bürokratische Hürde für die Eltern, sie stehen auch dem Zweck des Gesetzes entgegen, Eltern zu ermöglichen, im Job zu bleiben oder die Arbeit wiederaufzunehmen. Auch die gemeinsame Hauptwohnsitzmeldung der Familie stellt immer wieder eine Hürde bei der Antragstellung dar; wird das Baby oder ein Elternteil nach dem Umzug zu spät „nachgemeldet“, geht der Anspruch auf das KBG verloren.

Zitate aus der Befragung

„Formfehler vom Kinderarzt im Mutter Kind Pass, es wurde ein Kreuz vergessen, aber es war ersichtlich, dass die Untersuchungen alle durchgeführt wurden.“


„Es wurde uns gleich zweimal mit einer Rückforderung gedroht. Die Ärzte machten im Mutter-Kind-Pass falsche Eintragungen… Auf Nachfrage, wohin die letzten Untersuchungen geschickt werde müssen, wurde uns mitgeteilt, dass man noch ein gesondertes Schreiben dazu erhält. Das Einzige, was wir dann erhalten haben, war wieder ein Schreiben mit Drohung einer Kürzung. … Obwohl man alles richtig eingehalten hat und es eigentlich ein Ärztefehler war, wurde man hingestellt wie ein Schwerverbrecher.“


„Die Dienststelle hat nach dem Mutterschutz fälschlicherweise Urlaub abgebaut, weshalb ich ca. 800 Euro "Urlaubsgeld" erhalten habe, und aufgrund dessen musste ich nach 4 Jahren 2.500 Euro innerhalb von 14 Tagen zurückzahlen, weil ich so über die Zuverdienstgrenze gekommen bin.“


„Mein Antrag ist verloren gegangen.“


„Keine Info, Bearbeitung dauert bereits 5 Monate. Dann nach mehrmaligem Nachfragen die Info, dass ich nicht mit dem Kind an der gleichen Adresse gemeldet war, weil ich mich nach dem Hausbau eine Woche später als meine Partnerin mit unserem Kind umgemeldet habe!“


„Vorwurf der Scheinkarenz, Prüfung vom Finanzamt wegen der Familienbeihilfe, demnach kein Kinderbetreuungsgeld und nicht versichert.“

 Partnerschaftliche Aufteilung wird schwer gemacht

Aber auch was die partnerschaftliche Aufteilung des KBG-Bezugs zwischen den Eltern betrifft, müssen diese erst einige Hürden überwinden, um gemeinsam Zeit mit ihrem Kind zu verbringen.
Österreich tickt nach wir vor traditionell: So beziehen rund 80 % der befragten Mütter das KBG alleine (dieser Wert deckt sich mit den Ergebnissen des aktuellen Wiedereinstiegsmonitorings, 2022, das zeigt, dass bei 82 Prozent der Paare mit Geburt des Kindes der Mann weder in Karenz geht, noch Kinderbetreuungsgeld bezieht).
Den Eltern wird es aber nicht leichtgemacht, sich den Wunsch zu erfüllen, dass beide Eltern gleich viel Zeit mit dem Kind verbringen können (und den 40 % der Befragten äußern). Die Regelungen zur Aufteilung des KBGs sind viel zu kompliziert. Das schreckt viele Eltern vom gemeinsamen Bezug ab.

Zitate aus der Befragung

„Es war einfach viel zu kompliziert! Ich hatte Angst Fristen zu verpassen, Dinge falsch zu berechnen…“


„Wir wollten hier keinen Fehler machen, die Regelungen sind viel zu kompliziert.“


„Sich das KBG aufzuteilen ist zu kompliziert, habe nicht genau verstanden, wie das funktioniert.“

 Bürokratische Hürden für Väter im Papamonat

Der geringe Anteil an Vätern, die den Familienzeitbonus beziehen, lässt sich möglicherweise auch auf ein Informationsdefizit zurückführen. So wird als wichtigster Grund genannt, warum der Familienzeitbonus nicht bezogen wurde, dass diese Familienleistung nicht bekannt ist. Finanzielle Gründe und kein Anspruch auf die Leistung waren weitere oft genannte Antworten. Probleme gibt es häufig auch bei ungeplanten Krankenhausaufenthalten der Mutter während der „Familienzeit“, da das Erfordernis des Aufenthalts am gemeinsamen Wohnsitz von Eltern und Kind nicht erfüllt ist. Immerhin eine – auch von den Befragten genannte – Hürde beim Familienzeitbonus, die von der AK seit langem gefordert wurde, wurde beseitigt: Für Geburten ab 1. Jänner 2023 wird der Bonus nicht mehr von einem danach bezogenen Kinderbetreuungsgeld abgezogen.

Viele Baustellen im Bereich von Familienministerin Raab

Aber nicht nur bei der AK, auch bei der Volksanwaltschaft häufen sich die Beschwerden, und im Gegensatz zu anderen Behörden ist die Lösungsbereitschaft bei Familienministerin Susanne Raab nicht sehr ausgeprägt. 

AK Forderungen

Eltern brauchen dringend eine Entbürokratisierung der gesetzlichen Grundlagen von KBG und Familienzeitbonus. Gesetzliche Fallstricke und Hürden beim Gesetzesvollzug müssen beseitigt werden, um den Familien – insbesondere vor dem Hintergrund der massiven und anhaltenden Teuerung – die Familienleistung möglichst rasch und unbürokratisch zukommen zu lassen.

  • Nachträgliche Änderungsmöglichkeit bei der Wahl des KBG-Systems
  • Hauptwohnsitzliche Meldung als Anspruchsvoraussetzung beseitigen
  • Erweiterter Beobachtungszeitraum beim Erwerbstätigkeitserfordernis
  • Krankenstand mit Erwerbstätigkeit gleichstellen
  • Mutter-Kind-Pass-Nachweise vereinfachen
  • Vorläufige Leistung bei überlangen Bearbeitungsdauern
  • Krankenhausaufenthalt der Mutter als Voraussetzung für Familienzeitbonus abschaffen
  • Regelungen zur partnerschaftlichen Teilung des KBG vereinfachen
  • Familienfreundlichere Weisungen des Ministeriums

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