Publikation

Economic Governance Review

In der Präambel des Vertrags über die Europäische Union werden die allgemeinen Leitziele für die Wirtschaftspolitik mit der „Konvergenz ihrer Volkswirtschaften“ und dem „wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt ihrer Völker unter Berücksichtigung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung“ definiert. Das grundsätzliche Problem der Economic Governance ist, dass sie nicht auf die Konkretisierung und Steuerung dieser Ziele ausgerichtet ist, sondern in erster Linie auf die Vermeidung übermäßiger Budgetdefizite.

Europa braucht eine neuerliche Reform der Economic Governance, die die nachhaltige Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen in den Mittelpunkt rückt und auf die modernen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zugeschnitten ist. 

Budgetpolitik wird dabei weiterhin eine zentrale Rolle spielen, aber nicht länger reduziert auf die Vermeidung von „übermäßigen“ Defiziten, sondern als wesentliches Instrument einer ausgewogenen wohlstandsorientierten Wirtschaftspolitik im Allgemeinen und der Konjunktursteuerung im Speziellen. Regeln, die der Einhaltung eines bestimmten Defizitwerts prioritären Status einräumen, sind hierbei kontraproduktiv und sollten durch einen – nur indikativen, dafür umso klareren – Richtwert für die strukturelle Einnahmen- und Ausgabenentwicklung ersetzt werden. 

Mindestanforderungen an eine Reform sind:

1. Vermögen und Schulden sollen symmetrisch behandelt werden – wie beispielsweise durch eine goldene Investitionsregel.

2. Die bisherigen Flexibilisierungselemente sind in der Praxis großzügiger anzuwenden, damit der Schuldenabbau nicht zu Lasten anderer wichtiger Ziele – wie Vollbeschäftigung oder Klimaschutz – geht.

3. Auf europäischer Ebene sind mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, die zu einer effektiven fiskal- bzw. wirtschaftspolitischen Steuerung beitragen.

4. Die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich gemeinsamer Ziele ist zu stärken.

5. Die Entscheidungen müssen demokratischer und transparenter getroffen werden, weil damit eher die Interessen der Mehrheit Berücksichtigung fänden.

Art der Publikation:
Stellungnahme

Erscheinungsort:
Wien

HerausgeberIn:
Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien

Datum/Jahr:
August 2020