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13.3.2023

Dark Patterns: Manipulation im Netz

Eine AK Studie analysiert Dark Patterns im Alltag – Gängige Praxis: Durch Gestaltungstricks sollen Konsument:innen zu bestimmtem Verhalten animiert werden – Im Anmarsch: Emotionserkennung, verletzt Konsument:innenschutz und Menschenwürde – die AK will mehr digitale Fairness.

Dark Patterns im Alltag 

Das Österreichische Institut für Telekommunikation (ÖIAT) hat sich im Auftrag der AK auf die Suche nach den „dunklen Mustern“ – Dark Patterns – von Online-Anbietern gemacht: Erhoben wurden illustrative Web-Beispiele und internationale Studien, die sich diesem Phänomen widmen.  

Schon 2010 kritisierte der Internetexperte für „User Experience“/ “Nutzerfreundlichkeit“ HarryBrignull, dass Websites und AppsDesign einsetzen, um User:innen zu manipulieren. Er führte den Begriff „Dark Patterns“ ein und bezeichnete damit die Taktik, die Schnittstelle zu den User:innen so zu gestalten, dass diese ihr Verhalten entgegen ihren ursprünglichen Absichten oder Interessen ändern – über Manipulation, Irreführung oder Zwang.

Dark Patterns haben System

Online-Anbieter bedienen sich unzähliger unfairer psychologischer Tricks bei ihren Apps, Gerätemenüs, Plattformen oder Websites. Design und Prozesse werden so gestaltet, dass Konsument:innen zu Entscheidungen unbewusst gedrängt werden. Es ist schwieriger, ein Abo zu kündigen, als eines abzuschließen. Ein Konto oder eine Registrierung ist ruckzuck erledigt. Die eigenen Daten löschen gleicht hingegen einer Online-Odyssee. Der Button „Allen Cookies zustimmen“ ist signalrot, der daneben mit „Nur erforderliche Cookies“ ist blassgrau. Kein Zufall, sondern alles System. Denn IT und Marketing arbeiten beim Webdesign eng zusammen.

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AK Studie

Sicher, auch klassische Vermarktung versucht Konsument:innen zu beeinflussen und sie zu Spontankäufen zu animieren. Aber im Internet sind Dark Patterns gefährlichere Kaliber: Anbieter haben – dank massenhafter Personendaten, Algorithmen, Künstliche Intelligenz (KI) und ausgeklügeltem Webseitendesign – besonders machtvolle Mittel, das User:innenverhalten auch unbemerkt zu steuern. Durch Klassifizierung nach hunderten persönlichen Merkmalen in Kombination mit neuropsychologischen Erkenntnissen und technischen Gestaltungsmöglichkeiten sehen sich Konsument:innen immer dreisteren Manipulationsversuchen und Abhängigkeiten ausgesetzt. 

Was Dark Patterns bewirken

Dark Patterns bewirken, dass User:innen mehr Daten mit einem Unternehmen teilen, mehr Geld ausgeben oder auch Entscheidungen treffen, die nicht in ihrem  Interesse sind. In den späten 1970er Jahren wurden die Grenzen der Rationalität von Menschen untersucht: Sind Menschen unsicher bzw. fehlen ihnen Infos oder kognitive Fähigkeiten, verhalten sie sich irrational – ihren Interessen zuwiderlaufend.

Verhaltensökonomen kritisieren Lenkungsversuche (Nudges) schon lange. Das kann Personen dabei helfen „für sie bessere Entscheidungen zu treffen“ oder das blanke Gegenteil bewirken. Der menschliche Hang zu automatischen, impulsiven, intuitiven Entscheidungen wird dabei ausgenutzt.

Aus der Trickkiste: Anbieter wollen, Konsument:innen tun!

  • Warenkorbtrick: Produkte oder Extraservices, die nicht ausgewählt wurden, werden wie ein Kuckucksei einfach in den Warenkorb gelegt.
     
  • Überladene Websites: User:innen werden mit Unmengen an Infos und Optionen konfrontiert, um beispielsweise mehr Daten preiszugeben, als sie wollen. Designelemente (unklare Gliederung, Unterebenen) lenken gezielt ab und verwirren. Überlange Texte desinformieren. Overchoice, also die Auswahl aus zu vielen verwirrenden Optionen, überfordert Konsument:innen. Statt eine Wahl zu treffen, werden sie in die Inaktivität getrieben.

  • Versteckte Infos: Informationen werden für Konsument:innen „direkt vor der Nase“ versteckt. So werden etwa über Farbauswahlen (leuchtend oder blass) User:innen dazu bewegt, spontan nur die eine Option zu wählen, die der Anbieter will.

  • Privatsphäre-Irrgarten: User:innen müssen durch ein Labyrinth, um zu gut versteckten Privacy-Einstellungen zu finden. Der Trick heißt nach dem Facebook-Gründer Zuckerberg „Privacy Zuckering“.
     
  • Versteckte Werbungen: Sie verleiten dazu, auf etwas zu klicken, was nicht als Werbung gekennzeichnet ist.

  • Störende Unterbrechungen: Konsument:innen werden durch das Aufpoppen von Pop Ups unterbrochen. Diese drängen zu Handlungen, etwa dem Download einer App.

  • Verschleierte Preise: Durch den Einsatz von „Zwischenwährungen“ (virtuellen Währungen in Videospielen oder auf Datingplattformen), die Einblendung von Kosten und Extragebühren erst ganz am Ende des Bestellvorgangs.

  • Verhinderung von Preis- und Produktvergleichen: Auch über Design kann verhindert werden, dass Unser:innen auf einfache Art vergleichen können, etwa, weil Angebote unvollständig beschrieben sind oder die gewählten Mengenangaben zur Preisindikation speziell und unüblich gewählt werden.
     
  • Hervorhebungen: Spielwiese für Designer in Bezug auf Farben, Schriftgröße, Größe von Schaltflächen, Positionierungen, um etwa bei einzuholenden Zustimmungen gegen die Interesse der User:innen zu arbeiten; User:innen sollen auch falschen grafischen Codes auf den Leim gehen (zum Beispiel ein Vertrauenswürdigkeit suggerierendes Vorhängeschloß für ein nicht sicheres Interface).
  • Zeitdruck, simulierte Knappheit und Countdowns: Aktivitätsmeldungen („7 andere schauen sich das Produkt an“) und Knappheitshinweise („geringer Vorrat“, „nur mehr 2 auf Lager“) spielen mit der Angst der User:innen, etwas zu verpassen. Zustimmungserklärungen werden platziert, wo User:innen bereits ungeduldig den Prozess abschließen wollen. Countdown-Timer, zeitlich begrenzte Aktionen, Blinken, Pop-Ups erzeugen übermäßigen Druck.
     
  • Abo- und Registrierzwang: Versteckte oder vorausgewählte Abos (Dienstleistungen, Newsletter) und erzwungene Verlängerung derselben. Persönliche Registrierung wird User:innen ohne triftigen oder mit einem bloß vorgeschützten Grund abverlangt.

Unsere Forderungen

Digitale Fairness gegenüber Konsument:innen und Respekt vor ihrer Privatsphäre: Fatal ist, wenn Dark Patterns mit Personalisierungspraktiken kombiniert werden, um die Schwächen und Lebenssituation einer Person auszunutzen. Regulierung von Dark Patterns bedeutet daher, auch den zulässigen Umfang der Datensammlung für und den Einsatz von personalisierten Angeboten und Werbung zu begrenzen.  

Hände weg von sensiblen Daten: Die Verwendung besonders schützenswerter Daten (Gesundheit, biometrische Merkmale wie Gesichtszüge, Stimme oder Herzfrequenz) für Marketingzwecke ist generell zu verbieten.  

Immaterieller Schadenersatz bei Verstößen: Manipulation führt nicht nur zu finanziellem Schaden, sondern auch zu immateriellen Verlusten (Autonomie, Privatsphäre und psychische Beeinträchtigung). Betroffene sollten dafür Kompensationszahlungen fordern können.  

Verbot von Emotionserkennung und psychografischen Profilen: Die AK fordert ein absolutes Verbot der automatisierten Erkennung von Gemütszuständen und den Einsatz dieser Daten für kommerzielle Zwecke. Der EU-Entwurf zu einem KI-Gesetz enthält bloße Hinweispflichten auf Emotionserkennung. Auch der österreichische Gesetzgeber kann aktiv werden: Eine Öffnungsklausel in der Datenschutzgrundverordnung gestattet es den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Verarbeitung biometrischer Daten Beschränkungen einzuführen. 

Kündigung so einfach wie bestellen: Die Verbraucherrechte-Richtlinie muss überarbeitet werden. Anbieter müssen verpflichtet sein, über Kündigungsbutton die Vertragsbeendigung genauso einfach zu gestalten wie die Bestellung.

So entkommen Sie den Psychotricks

  • Hilfreiche Tools nutzen: Genervt von den ewigen Cookie-Bannern? Plugins und AddOns können Ihnen das Leben erleichtern. Probieren Sie es mit Cookie Block oder Privacy Badger – diese Browser Erweiterungen deaktivieren Cookies automatisch und ersparen dir das dauernde Wegklicken! 

  • Nicht stressen lassen: „35 Personen sehen sich dieses Produkt an, du hast noch 5 Sekunden!“ Countdowns, Timer und „So viele Personen haben dieses Produkt in ihrem Warenkorb“ – in den meisten Fällen sind diese Meldungen frei erfunden. Überlegen Sie gut, ob und was Sie online einkaufen wollen. Gut für Geldbörserl und die Umwelt! 

  • Nicht erpressen lassen: „Erzwungene Kontinuität“ heißt das, wenn Sie dazu gezwungen werden, ein Abo abzuschließen, ein Kundenkonto zu registrieren oder sich für einen Newsletter anzumelden. Wenn Sie Probleme mit erzwungenen Anmeldungen haben, wenden Sie sich an die AK Konsument:innenberatung oder die Internet Ombudsstelle (www.ombudsstelle.at).  

  • Nicht verunsichern lassen: „Sind Sie sicher, dass Sie das Produkt kaufen wollen?“ Viele Websites arbeiten mit emotionalem Druck. Sie versuchen Sie so dazu zu bringen, sich zu registrieren, extra Produkte zu kaufen oder zusätzliche Services zu beanspruchen. Nehmen Sie kurz Abstand und so den Druck aus der Situation. 

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