Mann trainiert im Fitnessstudio
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12.12.2022

AK Erfolg: „Unsportliche“ Klauseln bei Fitnesscenter Clever fit!

Die AK ist wegen zahlreicher Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen mehrere große Fitnesscenterketten gerichtlich vorgegangen. Jetzt liegen die ersten Urteile des Obersten Gerichtshofs gegen Unternehmen der Fitnesscenterkette „Clever fit“ vor. Das Resultat: Der OGH hat der AK in allen Punkten Recht gegeben. Sämtliche Zusatzkosten (Pauschalen) sind rechtswidrig!

Kein Service – keine Servicepauschale!

Fitnesscenter verrechnen ihren Kund:innen oft zusätzlich zu den Mitgliedsbeiträgen weitere Entgelte. Zum einen fallen schon bei Vertragsabschluss Kosten an, zum anderen werden während der Vertragslaufzeit zusätzliche Beträge kassiert.

All diese Zusatzentgelte haben gemeinsam, dass die Kund:innen in der Regel keine oder keine werthaltigen Gegenleistungen dafür bekommen.

Was die Bezeichnungen für diese Zusatzkosten betrifft, ist man bei den diversen Fitnessstudios kreativ. So werden etwa eine Verwaltungspauschale, Anmeldegebühr, Aktivierungsgebühr, Chipgebühr, Energiekostenpauschale oder Hygienepauschale verrechnet.

Ziel der Unternehmen ist es oftmals, das Grundentgelt möglichst niedrig zu bemessen und mit einem günstigen Mitgliedsbeitrag zu werben. Berücksichtigt man allerdings auch die darüber hinaus noch zusätzlich verrechneten Kosten, kommt man auf deutlich höhere monatliche Beträge. Das soll gegenüber den Kund:innen aber verschleiert werden.

AK Erfolg

Der Oberste Gerichtshof (OGH) schiebt dieser Praxis nun einen Riegel vor:

Kein Service – keine Servicepauschale! Verrechnet das Unternehmen zusätzliche Pauschalen oder Gebühren, bietet aber dafür keine Gegenleistung an, steht nach dem OGH auch kein Entgelt zu. Die Verrechnung von solchen zusätzlichen Entgelten ist daher nicht erlaubt. Diese logisch scheinende Regel wird in der Praxis jedoch leider oft missachtet.

Mitunter werden aber auch nur Leistungen aufgelistet, um vorzugeben, dass die Kund:innen für das von ihnen zusätzlich gezahlte Entgelt etwas bekommen. Handelt es sich dabei um „mit der Erfüllung der vertraglichen Pflichten verbundene Leistungen“, also um Leistungen, die das Unternehmen ohnehin schon aufgrund des Vertrags schuldet, ist die Verrechnung derartiger Zusatzentgelte nach dem OGH unzulässig.

Von einem besonderen Zusatzangebot, das Kund:innen in Anspruch nehmen können, kann in den bisher entschiedenen Fällen nicht die Rede sein.

Welche konkreten Zusatzentgelte von Clever fit sind rechtswidrig?

Clever fit hat zusätzlich zu den monatlich anfallenden Mitgliedsbeiträgen gleich drei verschiedene Beträge verrechnet – alle drei Zusatzentgelte wurden vom OGH als rechtswidrig beurteilt:

Rechtswidrige Verwaltungspauschale € 19,90; bei Vertragsabschluss

Bei Abschluss einer Mitgliedschaft müssen die Daten des neuen Mitglieds aufgenommen und der konkrete Vertragsinhalt im System erfasst werden. Danach folgt eine interne Freigabe für alle Studios europaweit. Für diese Tätigkeit wurde von Clever fit eine „Pauschale für die Verwaltung“ in Höhe von einmalig € 19,90 verrechnet. 

Der OGH hat festgestellt, dass dieser Verwaltungspauschale keine konkreten Aufwendungen oder Leistungen gegenüberstehen, die über das übliche, mit jeder Vertragsbegründung entstehende Maß hinausgehen. Die Verrechnung der Verwaltungspauschale ist daher rechtswidrig.

Rechtswidrige Chipgebühr € 19,90; bei Vertragsabschluss

Um das Fitnessstudio betreten zu können, benötigen die Kund:innen ein Chipband. Sie werden dazu verpflichtet, dieses Chipband bei Vertragsabschluss zu kaufen. Dafür fällt ein Betrag von € 19,90 an.

Auch hier hat der OGH der AK Recht gegeben: Die Ermöglichung des Zutritts zu den Fitnessstudios gehört ganz klar zu den Vertragspflichten des Unternehmens. Kund:innen bezahlen ja für die Benützung der Fitnessgeräte im Studio und es ist nicht nachvollziehbar, warum sie für den Zutritt zum Studio ein zusätzliches Entgelt bzw. für den dafür geforderten Erwerb eines Chips einen zusätzlichen Kaufpreis leisten sollen.

Im Übrigen steht die Gebühr in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zu den Kosten und dem für das Unternehmen entstehenden Aufwand hierfür, so der OGH. Die Verrechnung der Chipgebühr ist daher ebenso rechtswidrig. 

Rechtswidrige Servicepauschale € 19,90; fällt zweimal pro Jahr an

Eine Servicepauschale von halbjährlich € 19,90 hatten Mitglieder zu zahlen, auch wenn sie Leistungen wie Trainerstunden, Gruppenkurse oder ähnliches nicht in Anspruch genommen haben. Diese Pauschale wurde also unabhängig von den konkret zur Verfügung stehenden Angeboten (also vom jeweiligen Package) und unabhängig von den tatsächlich konsumierten Leistungen verrechnet.

Der OGH hat festgestellt, dass Kund:innen keine über die vertragliche Hauptleistung hinausgehenden Serviceleistungen erhalten haben. Trotzdem wurde ein Betrag von € 39,80 pro Jahr für „Zusatzleistungen“ – so die Formulierung in den AGB – kassiert. Auch diese Pauschale ist rechtswidrig. 

Haben Kund:innen von Clever fit einen Anspruch auf Rückzahlung?

Ja! Die AK hat die Fitnesscenter der Marke „Clever fit“ bereits aufgefordert, die zu Unrecht kassierten Beträge zurückzuzahlen. Sind Sie Kundin/Kunde von Clever fit, können Sie Ihre Daten in unser Kontaktformular eingeben. Wir melden uns bei Ihnen per E-Mail, wenn es eine Lösung mit Clever fit für die Rückerstattung gibt:

Haben Kund:innen anderer Fitnesscenter Anspruch auf Rückzahlung?

Gegen andere große Fitnesscenterketten sind noch mehrere Gerichtsverfahren anhängig, weitere Urteile werden demnächst erwartet. In vielen Fitnessstudios werden ähnliche Pauschalen und Entgelte unzulässig verrechnet. Wurde von einem Fitnesscenter zusätzlich zum Mitgliedsbeitrag eine Pauschale kassiert, für die Kund:innen keine oder keine werthaltige Gegenleistung erhalten haben, besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Refundierung dieser zusätzlichen Beträge.

Die AK führt noch Verfahren gegen folgende Fitnesscenterketten: FIT Fabrik, FITINN, FIT/ONE, McFIT

Sind Sie Kundin/Kunde eines dieser 4 Fitnesscenter? Dann können Sie Ihre Daten in unser Kontaktformular eingeben. Wir melden uns bei Ihnen per E-Mail, wenn es ein Urteil im Verfahren gegen Ihr Fitnesscenter gibt bzw. wenn es eine Lösung für eine Rückerstattung gibt:

Clever fit erfand eine Energiekostenpauschale

Im September 2022 wurden Kund:innen von Clever fit mit einer SMS oder E-Mail konfrontiert, mit welcher angekündigt wurde, dass aufgrund der gestiegenen Preise eine „einmalige Energiekostenpauschale in Höhe von 29,90 Euro“ verrechnet wird. Dieser Betrag sollte eingezogen werden, sofern die Kund:innen dieser Verrechnung nicht explizit widersprechen.

Für diese neue, von Clever fit erfundene Pauschale gab es weder eine vertragliche noch eine gesetzliche Grundlage. Diese Vorgangsweise ist klar rechtswidrig: Ohne ausdrückliche Zustimmung der Kund:innen dürfen Unternehmen keine Geldbeträge einziehen.

Die AK ist gegen diese Zwangsverpflichtung erfolgreich vorgegangen, hat drei Franchisenehmer von Clever fit geklagt und die übrigen abgemahnt. Durch dieses Vorgehen konnte die AK in letzter Minute verhindern, dass es zu ungerechtfertigten Abbuchungen in tausenden Fällen kommt. 

Musterbrief

Sollte in Ihrem Fall dennoch die Energiekostenpauschale ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung abgebucht worden sein, finden Sie hier einen Musterbrief zur Rückforderung.

Weitere rechtswidrige Klauseln von Clever fit

Neben den Zusatzentgelten wurden auch weitere Klauseln in den AGB von Clever fit vom OGH als rechtswidrig erkannt; so etwa eine Klausel, die zu einer Mindestvertragsbindung von 16 Monaten geführt hat. Diese lange Bindung ist laut OGH nicht gerechtfertigt.

Gemäß einer weiteren Klausel werden Teile des Fitnessstudios mit Videokameras überwacht und „erteilt jedes Mitglied seine Zustimmung zur Erhebung, Speicherung und Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten“. Eine für die Datenverarbeitung vorgesehene freiwillige Einwilligung von Konsument:innen liegt hier eindeutig nicht vor. Auch diese Klausel ist daher rechtswidrig.

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