AK Test Kinderlebensmittel: Qualität oft noch in Kinderschuhen!
Kinderschnitten, Miniwürstel & Co. – speziell für Kinder vermarktete Produkte sind gekommen, um zu bleiben. Ein AK Test bei 39 Kinderlebensmitteln zeigt: Sie wurden besser, aber top geht anders.
Kritik am hohen Verarbeitungsgrad
Fast alle Kinderlebensmittel sind hochverarbeitete Lebensmittel, also viele Verarbeitungsschritte und Zusätze. Minuspunkte gibt’s für eine teils schlechte Produktqualität, etwa für Palmöl oder versteckten Zucker. Sinnloses Anreichern mit Vitaminen, künstlich Färben und bedenkliche Farbstoffe sind weg. Die Ernährungsqualität, gemessen mit dem Nutri-Score, ist bei einem Drittel gut, bei mehr als der Hälfte aber immer noch schlecht „Kinderlebensmittel sind besser geworden, auch wegen gesetzlicher Regeln, aber es gibt noch einiges zu tun“, resümieren die AK Ernährungsexpertinnen und Experten.
Die AK wollte wissen, ob trotz Kritik von Konsumentenschutz- und Gesundheitsorganisationen immer noch fast nur Kinderlebensmittel mit eher schlechten Nährwerten (viel Fett, Zucker, Salz) und teils ungünstigen Qualitäten (Zutaten, Zusatzstoffe, Anreicherungen, Verarbeitungsgrad) am Markt sind. „Kurz gesagt: Jein. Wir sind am richtigen Weg, aber noch lange nicht am Ziel. Es gibt noch Regelungsbedarf“, so die AK Expertinnen und Experten.
Viel rot und viel hellgrün bei Nutri-Score
Der Nutri-Sorce, also die Farb-Buchstaben-Kombination, die auf einen Blick den Ernährungswert erkennbar macht, war nur auf fünf (13 Prozent) von 39 Produkten drauf. Um zu sehen, was die Hersteller verschweigen, wurde der Nutriscore für die anderen berechnet. Dabei zeigt sich: viele gute, also B (hellgrüne) Nutri-Scores (36 Prozent), aber noch mehr schlechte, also (rote) E (39 Prozent) und D Scores (orange; 13 Prozent). Das schlechtere Ende ist also dicker.
„Das viele Rot ist der Kategorie Snacks geschuldet“, sagen die AK Expertinnen und Experten. „Auch wenn auf den Verpackungen der Riegel und Schnitten Milch und Honig fließt sind alle rot. Bei Süßigkeiten ist eben nichts anderes zu erwarten.“ Milch zum Abbeißen: Fehlanzeige. Sie können mit den echten Milchprodukten zum Löffeln oder Trinken nicht mithalten. Bei den Produkten zum Löffeln überwiegt hellgrün, es gibt aber auch welche mit C und D.
Wahlloses Anreichern ist nicht mehr
Das wahllose und sinnlose Anreichern von Kinderlebensmitteln mit Vitaminen, die Kindern gar nicht fehlen, kommt nicht mehr vor. Nur drei der Milchprodukte zum Löffeln sind mit Vitamin D angereichert, ein als kritisch bekanntes Vitamin, eines davon zusätzlich noch mit Kalzium.
Ob es Sinn mache, ein Milchprodukt mit Kalzium anzureichern, sei dahingestellt, so die AK Expertinnen und Experten: „Insgesamt ist das Ergebnis erfreulich. Aber ganz freiwillig kam das vermutlich nicht. Die Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitaminen und Mineralstoffen und die Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben wurden nämlich durch EU-Verordnungen geregelt – Regulierung wirkt eindeutig besser als jeder Appell.“
Hochverarbeitete Lebensmittel für Kids ungeeignet
Bis auf zwei Käse sind alle Kinderlebensmittel hochverarbeitete Produkte, deren Konsum laut Weltgesundheitsorganisation sich negativ auf die gesunde Lebenserwartung auswirkt. Die Weltgesundheitsorganisation rät, hochverarbeitete Produkte zu meiden. Gemessen wird der Verarbeitungsgrad mit dem Nova-Score. Ein Nova-Score 1 heißt minimal verarbeitet, Nova-Score 4 hochverarbeitet. Es werden nicht einzelne Zusätze betrachtet, sondern der gesamte Mix an Prozessen, die ein Produkt oder seine Zutaten durchlaufen und was zugesetzt oder entzogen wurde. 95 Prozent der Testprodukte bekommen einen Nova-Score 4. Oft haben Produkte mit einem Nova-Score 4 auch einen schlechten Nutri-Score, zeigt auch der AK Test.
Nur einer von mehreren Punkten im Nova-Score sind die Zusatzstoffe. Bei drei Produkten kommen keine vor, zwei enthalten mehr als zehn. Aber nicht die Anzahl ist relevant, sondern welche vorkommen. Die AK fand hier doch einige, die nur eingeschränkt in Kinderlebensmittel passen. Überraschend: In allen süßen Snacks ist Palmfett drinnen und in zwei Drittel der pikanten Snacks Zucker, der aber nicht als solcher in der Zutatenliste steht, sondern als Honig, Gerstenmalz, Maltodextrin oder Dextrose daherkommt. Bei den Milchdrinks, Milchprodukten zum Löffeln und süßen Snacks wiederum erwartet man kein Salz, es ist aber in einem Drink, zwei Milchprodukten und sogar in zwei Drittel der süßen Snacks drinnen.
Aromen sind in, künstlich Färben out
Produkte mit Aromen, Zusatzstoffen oder ungünstigen Inhaltsstoffen sind – weil Nova-Score 4 und oft auch schlechter Nutri-Score – für Kinder ungünstig. Aber wenigstens sind die bedenklichen Azofarbstoffe aus dem Kinderprodukte-Sortiment verschwunden. Vielleicht hat hier auch die Warnpflicht gewirkt. Denn seit 2010 muss der Hinweis „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen“ auf der Verpackung drauf sein, wenn Azofarbstoffe verwendet werden.
Gut ist auch, dass weniger gefärbt wird und wenn, dann mit Farbstoffen, die auch in der Natur vorkommen (etwa Carotin) oder mit färbenden Obst- und Gemüsekonzentraten. Diese positive Entwicklung gibt es bei den Aromen nicht. Die überwiegende Mehrheit der Kinderprodukte ist aromatisiert (80 Prozent). „Das Aufpäppeln von Kinderlebensmitteln mit Aromen, egal ob künstlich oder natürlich, sehen wir kritisch, weil in der Kindheit der Geschmack geprägt wird“, sagen die AK Expertinnen und Experten.
Werbegag Milch
Alle süßen Snacks heißen irgendwas mit Milch oder haben Milch abgebildet, sind aber Süßigkeiten. Die Milch muss man mit der Lupe suchen. Alle enthalten Palmfett und mehr als zwei Drittel auch Salz. Alle bekommen einen roten Nutri-Score E. Alle sind aromatisiert Diese Produkte sollten keinesfalls auch nur als irgendwie gut für Kinder dargestellt werden (dürfen).
Zum Test: 39 Kinderlebensmittel wurden gecheckt – Milchgetränke, Milchprodukte zum Löffeln und Quetschen, süße Snacks (Riegel, Schnitten) und pikante Kinderprodukte (Wurst, Käse). Die AGES – Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit – hat Nutri- und Nova-Score berechnet.
Regeln für Kinderlebensmittel nötig!
Konkret verlangt die AK:
- Verpflichtender Nutri-Score: Der Nutri-Score muss für alle Lebensmittel EU-rechtlich vorgeschrieben werden. Dann können alle auf einen Blick die guten von den schlechten Kinderlebensmitteln unterscheiden und auch erkennen, dass ein „normales“ Produkt besser ist als ein „Kinderprodukt“. Es steht zeitnah eine Revision der Verbraucherinformationsverordnung an. Österreich muss sich dafür einsetzen, dass Konsument:innen diese leicht verständliche Information über die Ernährungsqualität eines Produkte auf jedem Packerl bekommen, idealerweise kombiniert mit einer Information zum Verarbeitungsgrad (Nova-Score).
- Werbung bei Kinderlebensmittel regulieren: Kinderlebensmittel sind ein Marketinginstrument. Das Marketing an Kindern muss gesetzlich reguliert und wirksam kontrolliert werden. Produkte mit ungünstigen Nährwertprofil sollen nicht für Kinder vermarktet und an Kinder beworben werden dürfen.
- „Was sind Kinderlebensmittel“ gehört reguliert: Da eine EU-rechtliche Definition von Kinderlebensmitteln fehlt, könnte Österreich diese Konsument:innenschutzlücke im österreichischen Lebensmittelbuch schließen. Dort wird ja auch bei anderen Produkten die „Verbrauchererwartung" definiert, bis hin zu konkreten Rezepturen, wie etwa für verschiedene Würste. Was für Bratwurst geht, muss auch für Kinderlebensmittel möglich sein. Wenn schon Produkte extra für Kinder gemacht werden, dann sollen diese auch für Kinder besonders gut passen.
- Regeln für Kinderlebensmittel sollen sicherstellen, dass sie auch halten, was sie – vermeintlich – sein sollen: passend für Kinder. Die bessere Wahl muss insgesamt leichter erkennbar sein. Das ist es derzeit nicht. Deshalb hat die AGES im Auftrag der AK für die Produkte den Nutri- und Nova-Score berechnet. Der Nutri-Score beurteilt die Ernährungsqualität und der Nova-Score den Verarbeitungsgrad. Beide sind wichtige Informationen für eine gesunde Ernährung. Der Nutri-Score war nur auf fünf von 39 Produkten drauf, der Nova-Score nirgends.
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