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Der privatisierte Schulerfolg – einmal mehr zeigen die aktuellen Ergebnisse des AKNachhilfebarometers, dass immer mehr Familien versuchen, mit privater und bezahlter Nachhilfe ihren Kindern einen Schulerfolg zu ermöglichen. Doch etliche Familien können sich Nachhilfe schlicht nicht leisten.
„Jedes Kind soll die Grundkompetenzen und Lernziele erreichen können. Doch wenn der gute Schulerfolg oft nur durch hohe private Ausgaben für Bildung möglich ist, die sich viele auch nicht leisten und organisieren können, wird Bildungsungerechtigkeit einzementiert.“
Renate Anderl fordert bessere Rahmenbedingungen in den Schulen, um die privaten Bildungskosten zu senken und die Eltern zu entlasten: „Österreich kann sich ein mangelhaft ausgestattetes System aus Halbtagsschulen nicht mehr leisten. Wir brauchen gute Ganztagsschulen, in denen jedes Kind genug Zeit und Unterstützung bekommt. Damit teure, private Nachhilfe gar nicht mehr nötig ist.“
Das Nachhilfebarometer zeigt wieder deutlich, warum die Bildung in Österreich im internationalen Vergleich besonders stark vom Elternhaus abhängt (Vgl. Bildung in Zahlen 2022/23, Statistik Austria). Vier von fünf Eltern (84 Prozent) unterstützen ihre Kinder bei den Schulaufgaben, Lernen und Üben zumindest hin und wieder.
Knapp ein Drittel (30 Prozent) der Eltern helfen praktisch täglich; fast jedes zweite befragte Elternteil (44 Prozent) zumindest einmal in der Woche und bei weiteren 10 Prozent trifft dies zumindest gelegentlich zu. Lernen und Üben für die Schule sind für den Großteil Privatsache – Schule funktioniert für den überwiegenden Anteil der Kinder und Jugendlichen nur durch die Unterstützung in der Familie. Zwar berichten fast alle Eltern (80 Prozent), dass ihre Kinder in der Schule die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen – jedoch sagt ein Drittel auch, dass es in praktisch keinen Fächern die Möglichkeit gibt, den Lernstoff auch zu üben.
„Nach einem langen Arbeitstag müssen Eltern zuhause weiterarbeiten, damit ihre Kinder die Anforderungen der Schulen schaffen,“ ärgert sich Renate Anderl über die Halbtagsschulen in Österreich. „Bildung muss in der Schule stattfinden, und Schulen so organisiert und ausgestattet werden, dass das Üben und Lernen in der Schule ausreichen. Der Schulerfolg darf nicht länger an die Eltern und ihre Küchentische ausgelagert werden. Weder die Eltern noch die Kinder sollen ihre Arbeit mit nach Hause nehmen – ich möchte echte Freizeit für die Familien.“
Für die Hälfte aller Schüler:innen genügen der Unterricht und das Lernen zuhause nicht, um die Lernziele zu erreichen. Für sie müssen Eltern zusätzlich privaten Nachhilfeunterricht organisieren, um den Schulerfolg zu ermöglichen: 49 Prozent aller Schüler:innen haben im laufenden Schuljahr externe Nachhilfe bekommen, sei es bezahlt oder unbezahlt, z.B. in Form einer schulischen Gratisnachhilfe. Das sind deutlich mehr als in den Vorjahren, 2023 waren es noch 30 Prozent.
Eltern beschreiben im heurigen Nachhilfebarometer, was in der Nachhilfe scheinbar gelingt, während in der Schule Zeit und Raum fehlt: „Das Erlernen des Lernstoffs wird den Kindern meist schnell vermittelt. Für genaue Erklärungen bleibt oft keine Zeit und die Lehrer:innen beginnen schnell mit dem neuen Thema.“ (Mutter aus Wien mit einer 16-Jährigen-Tochter in einer BHS)
Nachhilfefach Nummer 1 ist nach wie vor mit Abstand Mathematik (73 Prozent), gefolgt von Nachhilfe in Fremdsprachen und Deutsch (35 bzw. 34 Prozent).
„Der Lehrplan ist einfach viel zu vollgestopft! Beispielsweise hat mein Sohn große Probleme in Mathe und es gibt nur zwei Wochenstunden dieses Schuljahr. Die Lehrperson hat keine Zeit, den Stoff mit den Kindern zu festigen. Sie muss schnell weiterkommen mit dem Stoff. Und so bleiben schwächere Schüler leider auf der Strecke!!“ (Alleinerziehende mit 17-jährigem Sohn in einer Wiener BHS).
„Weil sie in der Schule derart schnell mit dem Stoff weitergehen, und auch von der Menge her sehr viele Units in kurzer Zeit können sollen. Es muss eigentlich alles zuhause gelernt werden.“ (Mutter aus der Steiermark mit 2 Kindern, 13-jährigem Sohn in einer Mittelschule)
In so gut wie allen Fällen handelte es sich bei der bezahlten Nachhilfe um eine konventionelle Nachhilfe durch Nachhilfeinstitute oder Studierende. Kostenpflichtige Online-Nachhilfe ist zwar noch ein Minderheitenprogramm (7 Prozent aller Schüler:innen), sie verzeichnet in diesem Schuljahr aber einen deutlichen Anstieg.
Auffallend im diesjährigen Nachhilfebarometer ist, dass mehr Kinder und Jugendliche Nachhilfe bekommen, um schlechte oder negative Noten zu verbessern. Dies zeigt eine Trendumkehr der Vorjahre, in denen es häufiger um bessere Noten bei den Motiven für Nachhilfe ging und seltener um das Ausbessern negativer Noten.
„War immer auf 5 in Mathematik. Seit wir unsere Nachhilfe haben, geht es ihr besser, da sie in den Schulen sich nicht darum kümmern, was die Kinder können“ (Tiroler Mutter von drei Kindern, Tochter ist 13 und besucht die Mittelschule)
Im Schuljahr 2023/24 gaben Familien insgesamt 168 Millionen Euro für private Nachhilfe aus, womit die Gesamtausgaben um 46 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr angestiegen sind. Die Kosten für Nachhilfe belaufen sich in diesem Schuljahr im Mittel auf rund 750 Euro pro Schulkind. Dies bedeutet eine leichte Zunahme zum Vorjahr (2023: im Schnitt 720 Euro).
Die teure, bezahlte Nachhilfe können sich viele Familien schlicht nicht leisten. Die 25 Prozent der Eltern der Schüler:innen, die keine bezahlte Nachhilfe erhalten haben, hätten sich eine solche gewünscht. Gegenüber dem Vorjahr ist dieser Anteil leicht angestiegen. Mehrheitlich ist es für diese Familien eine Kostenfrage (62 Prozent) und die Nachhilfe schlichtweg zu teuer. Aber auch organisatorische und zeitliche Rahmenbedingungen haben dazu geführt, dass die Kinder und Jugendlichen trotz Bedarf keine Nachhilfe bekommen haben.
„Es sind oft so viele Hausaufgaben zu Hause zu machen, dass die Kinder nicht zusätzlich für die Schule lernen wollen/können.“ (Alleinerziehende Mutter aus Oberösterreich von zwei Kindern in der AHS-Unterstufe und in der Mittelschule)
Die Nachhilfekosten belasten das Haushaltseinkommen deutlich. Im langjährigen Vergleich zeigt sich, dass immer mehr Familien finanziell durch die Zusatzbelastungen Schwierigkeiten bekommen. Bereits 60 Prozent der befragten Eltern geben an, durch die Ausgaben für Nachhilfe sehr oder spürbar finanziell belastet zu sein (2023: 52 Prozent). Fast jede zweite Familie muss aufgrund der Zusatzausgaben für die Schule sogar auf andere Ausgaben verzichten (45 Prozent der Eltern).
Erschwerend hinzu kommt, dass Nachhilfe längst kein zeitlich befristetes Phänomen mehr ist, das Kindern kurzfristig bei Lernschwierigkeiten helfen kann. 40 Prozent der Eltern geben an, dass ihre Kinder bezahlte Nachhilfe bereits seit mehr als einem Jahr erhalten, und für 45 Prozent ist es auch nicht das erste Mal, dass sie Nachhilfe gebraucht haben.
Seit 14 Jahren führt die Arbeiterkammer das Nachhilfebarometer durch. Durch die Beobachtung in diesem langen Zeitraum wird deutlich, dass privat finanzierte und organisierte Nachhilfe fester Bestandteil des österreichischen Schulsystems ist und keine Ausnahme. In dieser Zeit ist der Nachhilfebedarf deutlich angewachsen.
Das lässt sich größtenteils auf die steigende Gratis-Nachhilfe zurückführen, der hohe Anteil bezahlter Nachhilfe konnte damit über die Jahre aber nicht gesenkt werden. Besonders deutlich ist die Entwicklung, die sich an den Angaben der Eltern von jüngeren Schüler:innen zeigt. Denn in den Volksschulen steigt der Druck nachweislich und Nachhilfe ist auch dort keine Ausnahme mehr.
Die Arbeiterkammer fordert eine Bildungspolitik, die es jedem Kind und jedem Jugendlichen ermöglicht, Grundkompetenzen zu erlernen und Stärken zu entfalten. Das muss die Republik ihnen garantieren.
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