Leitantrag an die Wiener Stadtregierung

133 VV LEITANTRAG AN DIE WIENER STADTREGIERUNG Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen zur 133. Vollversammlung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien 11.5.2001 Arbeit und Wirtschaft Die Wiener Stadtwirtschaft war in den letzten Jahrzehnten einem dramatischen Wandel unterworfen: Die Zahl der unselbständig Beschäftigten im Dienstleistungsbereich hat seit Beginn der siebziger Jahre um etwas mehr als ein Drittel zugenommen (155.000 Personen), während die Zahl der Arbeitsplätze im industriell-gewerblichen Sektor um fast die Hälfte (146.300) abgenommen hat. Der Dienstleistungsbereich kann damit als langfristig einziger Beschäftigungsmotor der Wiener Stadtwirtschaft angesehen werden. Freilich zeigt der Wiener Dienstleistungsbereich eine im Vergleich zur gesamtösterreichischen Entwicklung mittel- bis langfristig deutlich geringere Beschäftigungsdynamik. Zur Erhaltung und zum Ausbau von qualitativ hochstehenden Arbeitsplätzen in der Wiener Wirtschaft sowie zur Sicherung des Standortes Wien, fordert die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien daher folgende wirtschafts- und technologiepolitischen Maßnahmen: Auf- und Ausbau zukunftsträchtiger Produktions- und Dienstleistungsverbünde Wien als Universitätsstadt fehlt es nach wie vor an zukunftsträchtigen technologieorientierten Clustern mit einer entsprechenden „kritischen Masse“. Die derzeitigen Bemühungen für den Auf- und Ausbau eines Medizin-, Pharma- und Biotechnologieclusters sind weiterhin zu forcieren. Wien beherbergt eine der größten Universitätskliniken Europas, das AKH – in Relation dazu gibt es auf Unternehmensebene im Bereich Medizintechnik einen erheblichen Aufholbedarf. Auf dem Gebiet der Biotechnologie erweist sich das Vienna Biocenter als erfolgreiches Modell, das auch für Unter-nehmen attraktiv zu sein scheint. Wesentliches Ziel einer Clusterbildung sollten jedenfalls Unternehmensansiedlungen und auch Neugründungen sein, nur so können auch außerhalb des Wissenschaftsbetriebes Arbeitsplätze dauerhaft geschaffen werden. Wien hat aber auch auf anderen Technologiefeldern, wie z.B. Telekommunikation, Logistik und Verkehrstechnologien, Entsorgungstechnologien, Neues Bauen, usw. sowohl know-how als auch entsprechende Unternehmen. Ansätze in diesen Berei-chen müssen weiterhin verstärkt werden. Dazu gehören zB auch die Kompetenz-zentren mit ihren verschiedenen Modellvarianten (Kplus, Kind, Knet), aber auch ein entsprechendes Netz an Fachhochschulstudiengängen, dessen Ausbildungsangebot sinnvoll abgestimmt werden sollte. Positionierung Wiens als spezifisches Ost-West-Kompetenzzentrum Als Transaktionszentrum in Zentraleuropa sollte sich Wien in der Vermittlung und Abwicklung der vielfältigen (und stark zunehmenden) Wirtschaftsbeziehungen mit den neuen Marktwirtschaften der angrenzenden ost-mitteleuropäischen Länder besonders profilieren und damit eine Positionierung als Ost-West-Kompetenzzentrum erlangen. Ein interessanter Ansatz hierbei könnte das derzeit als noch kleines Büro bestehende Zentrum für Wirtschaftskooperation sein, dass das in einer Vielzahl von Institutionen und meist kleinen Dienstleistungsunternehmen vorhandene Know-how bündeln und interessierten Unternehmen zur Verfügung stellt. Innovationsförderung auch im Dienstleistungsbereich Die bisher stark auf den industriell-gewerblichen Bereich ausgerichteten Aktivitäten der regionalen Innovations- und Technologiepolitik müssen konsequent auch auf die Unterstützung von Innovationsprozessen im Tertiärbereich ausgerichtet werden. Die Förderanstrengungen sollten dabei vor allem an der Unterstützung eigenständiger Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in den Dienstleistungsunternehmen ansetzen. Wien als Standort für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen Wien sollte auch verstärkt zum Standort für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen werden. Die Zusammenlegung des Forschungszentrums Seibersdorf mit dem Forschungszentrum Arsenal und die damit verbundene Strukturbereinigung darf keinesfalls zu einer weitgehenden Absiedlung von in Wien befindlichen Forschungseinheiten und damit einer Schwächung des Forschungsstandortes Wien führen. Das Forschungszentrum Seibersdorf weist eine für Unternehmen, Kunden und Forscher außerordentlich periphere Lage auf. Mittel- bis langfristig sollten daher diejenigen Bereiche in Seibersdorf, die nicht an kostspielige Großanlagen gebunden sind, wie zB die Technologieforschung oder die Informationstechnologie nach Wien übersiedeln. Aufbau eines Technologietransfernetzwerkes für kleine Unternehmen Insbesondere für Klein- und Kleinstunternehmen mit in der Regel kleineren Projekten im mittleren Technologiebereich sollte ein Technologietransfernetzwerk aufgebaut werden, das möglichst „vor Ort“ ist. An diese Unternehmen muß technologische Unterstützung, Beratung bei organisatorischen Fragen und Implementierung in der Regel direkt herangebracht werden. Es geht also darum, ein Netz von Unterstützungsangeboten wie Produktentwicklung, Marketing, Management-Know-how, sowie Förderungsberatung, aufzubauen. Mittelfristig würden sich unter anderem einzelne Forschungs- und Entwicklungsgruppen an den Fachhochschulen anbieten. Die Fachhochschulen müßten soweit ausgestattet werden, dass auch technische Entwicklungsarbeiten und anwendungsorientierte Forschung möglich werden. Damit würden diese, neben ihrer Aufgabe der Heranbildung junger Fachleute, auch für den Technologietransfer genützt (Mehrfachnutzung vorhandener Infrastruktur) und böten vielen AbsolventInnen über entsprechende Projekte zusätzliche Praxissemester und konkrete Berufsübertrittsmöglichkeiten. Einbindung der Interessenvertretung der Arbeitnehmer Fragen der Wirtschaftsförderung sowie der Forschungs- und Technologiepolitik sind nicht nur aus rein wirtschafts- oder beschäftigungspolitischer Sicht von grundlegender Bedeutung (Beispiele: Gentechnik, Informations- und Kommunikationstechnologien). Die Arbeitnehmervertretungen müssen in die Entscheidungsfindungsprozesse einbezogen werden, da nur dadurch ein längerfristiger breiter technologiepolitischer Konsens erzielt werden kann. Öffentliche Auftragsvergabe Dem öffentlichen Auftragswesen kommt in Folge seines Umfangs überragende wirtschaftliche Bedeutung zu. In Anbetracht dessen ist die Vergabe öffentlicher Aufträge durch das Land bzw die Gemeinde Wien insbesondere zur Verwirklichung sozial- und umweltpolitischer Zielsetzungen nutzbar zu machen. Betriebe, die Personen in Ausbildungsverhältnissen sowie Frauen, Langzeitarbeitslose, Behinderte aber auch andere am Arbeitsmarkt benachteiligte Gruppen beschäftigen, sind im Wege der Auftragsvergabe zu fördern. Dies muss durch eine entsprechende Berücksichtigung im Rahmen der Vergabebedingungen sowie auch der Zuschlagskriterien erfolgen. Erst unlängst bestätigte der EuGH die Zulässigkeit eines derartigen Vorgehens. Darüber hinaus sind sämtliche BewerberInnen einschließlich deren SubauftragnehmerInnen stets zur Wahrung der arbeits-, lohn-, sozial- und umweltrechtlichen Bestimmungen anzuhalten. In jedem Fall gilt es zu vermeiden, dass Unternehmen durch die Umgehung des österreichischen Rechts einen Wettbewerbsvorteil gegenüber korrekt agierenden MitbewerberInnen erlangen. Vor diesem Hintergrund wird insbesondere auf die Bedeutung des „Auftragnehmerkatasters“ verwiesen, dessen ständige Weiterentwicklung und Implementierung ein unerläßliches Instrumentarium zur Kontrolle der Zuverlässigkeit von BewerberInnen zu schaffen vermag. Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des gemeinwirtschaftlichen Sektors Die AK spricht sich gegen die Privatisierung von kommunalen Unternehmen aus, die wichtige Leistungen im Interesse der Allgemeinheit erbringen. Privatisierte Unternehmen unterliegen dem Zwang zur Gewinnerzielung. Dadurch wird die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Zielsetzungen zunehmend in Frage gestellt. Kommunale Betriebe der Stadt müssen sich dennoch auf dramatische Änderungen ihrer wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – insbesondere auf zunehmenden Wettbewerb einstellen. Aber nicht mit Entlassungen und Schrumpfungskonzepten, sondern mit offensi-ven Entwicklungskonzepten ist den Problemen zu begegnen. Stadtplanung Die Arbeitswelt stellt einen zentralen Orientierungspunkt für den städtischen Alltag dar. Von den strukturellen Auswirkungen, die durch Änderungen der Arbeitszeitorga-nisation, Betriebsverlagerungen aus zentrumsnahen Stadtbereichen an den Rand und in das Stadtumland hervorgerufen werden, sind die Stadt und die dort beschäftigten Arbeitnehmer/innen direkt betroffen. Dies führt für spezifische ArbeitnehmerInnengruppen wie Beschäftigte mit geringem Einkommen, ältere Menschen, Frauen, AlleinerzieherInnen zu Problemen. Dazu gehört die Ansiedlung von Betrieben am Stadtrand mit oft ungenügender Infrastrukturausstattung und schlechter Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Diese Entwicklung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass etwa die Hälfte der in Wien beschäftigten Arbeitnehmer ihren Arbeitsweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen. Besonders Beschäftigte mit geringem Einkommen, mit nicht typischen Arbeitsverhältnissen und Arbeitnehmerinnen sind in dieser Gruppe überdurchschnittlich vertreten. Änderungen im Bereich der Arbeitszeit, das vermehrte Auftreten von nicht typischen Arbeitsverhältnissen aber auch Änderungen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen werden in Zukunft verstärkte Anforderungen an die Qualität und Erreichbarkeit von Betriebsgebieten stellen. Eine an sozialen Gesichtspunkten orientierte Stadtplanungspolitik muß daher ihr Augenmerk verstärkt auf eine attraktivere Ausstattung der Betriebsgebiete mit Infra-struktureinrichtungen (Anschluß an den öffentlichen Verkehr, soziale Infrastruktur, kürzere Intervalle...) legen. Die Bedürfnisse der Arbeitsbevölkerung verdienen ebensoviel Aufmerksamkeit wie jene der Wohnbevölkerung. Verkehrsplanung * Im Zuge der Diskussion um eine weitere Liberalisierung des öffentlichen Personenverkehrs muss sichergestellt werden, dass unter dem Gesichtspunkt einer gleichbleibenden oder sogar steigenden Qualität bzw. Attraktivität des öffentlichen Personenverkehrs in Wien und der Sicherung der in diesem Bereich existierenden Arbeitsplätze der Wettbewerb nicht zu einer unverantwortbaren Zerstörung bewährter Strukturen führen darf und Voraussetzungen geschaffen werden, in denen der Wettbewerb nicht auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen ausgetragen wird. Eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten führt erfahrungsgemäß auch zu einer Verschlech-terung des Angebots für die BenützerInnen. * Im Wiener Raum muss die Erneuerung und der Ausbau der Wiener Schnellbahn (insbesondere auch die Intervallverdichtung der S 80) rasch fortgesetzt werden. Die Errichtung des Bahnhofes Wien mit einem getrennten Nah- und Fernverkehrsgeschoß (Verknüpfung der Südbahn mit der Ostbahn) ist ebenso rasch umzusetzen, wie der Lainzertunnel und der volle Ausbau des Güterterminals Inzersdorf. Darüber hinaus muss die Erneuerung und Attraktivie-rung aller Wiener Bahnhöfe rasch realisiert werden. * Die Sicherung der Arbeitsplätze in den ÖBB-Werkstätten in Simmering, Floridsdorf und Jedlersdorf durch Maßnahmen des Verkehrsministeriums, der ÖBB und der Stadt Wien. Die AK fordert, die rasche Erneuerung der Wiener Schnellbahngarnituren, wobei bei einer Neubestellung ein wesentlicher Eigenfertigungsanteil in der Werkstätte Floridsdorf fixiert werden soll. Als weitere Standbeine zum Erhalt der Arbeitsplätze müssen die Wartung und Instandhaltung von neuen und alten Schnellbahngarnituren in Werkstätten der ÖBB erfolgen und seitens des Personenverkehrs der ÖBB rechtzeitig und in ausreichendem Ausmaß bestellt bzw. in Auftrag gegeben werden. Wohnungspolitik - Geordneter Wohnungsmarkt als Vorraussetzung für sozial orientierte und innovative Stadtentwicklung Eine der wichtigsten Vorraussetzungen für eine innovative und sozial orientierte Stadtentwicklung ist ein geordneter Wohnungsmarkt. Dazu zählt ein regulierter und fairer Ausgleich zwischen Mieter- und Vermieterinteressen ebenso wie der geregelte Ausgleich zwischen den Allgemeininteressen der Bevölkerung und den Interessen der einzelnen Immobilieneigentümer. Auch wenn wesentliche Instrumente der Wohnungspolitik – wie etwa das Mietrechts- oder das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz - in die Kompetenz des Bundes fallen und nicht im Einflußbereich der Stadt Wien liegen, muß es Aufgabe der Wiener Stadtregierung sein, zu diesem geordneten Wohnungsmarkt und zu diesem Interessensausgleich beizutragen. Insbesondere muß es Ziel der Stadt sein, in allen Wohnungssegmenten und in allen Stadtteilen für Jungfamilien und Zuwanderer leistbare und sichere Wohnmöglichkeiten zu schaffen. Die Arbeiterkammer Wien fordert deshalb von der Wiener Stadtregierung folgende Maßnahmen: Der Bestand an Gemeindewohnungen und gemeinnützigen Mietwohnungen muß gesichert werden sowie die Objektförderung des Wohnungsneubaus als Schwer-punkt der Wohnbauförderung erhalten werden. Bei der Wohnbauförderung soll eine Weiterentwicklung nach folgenden Gesichtspunkten vorgenommen werden: * Bei der Vergabe von Wohnbauförderungsmitteln soll die Gemeinnützigkeit von Wohnbaugesellschaften besonders berücksichtigt werden. * Die förderungsrechtliche Mietzinsbindungen bei der geförderten Althaussa-nierung soll auf mindestens 25 Jahre verlängert werden. Um die derzeitige Wohnbeihilfe in Wien zu einer effizienten Unterstützung für die einkommensschwächsten Familien zu machen, sollten bei der Wohnbeihilfe folgende Maßnahmen berücksichtigt werden: * Die Höhe der Wohnbeihilfe sollte nicht vom Alter der Familienmitglieder abhängen, sondern vom Haushaltseinkommen und den Wohnkosten. * Die Mindesteinkommensgrenzen sollten deutlich verringert werden. * Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld sollten nicht wohnbeihilfenmindernd angerechnet werden. * Ausländische Arbeitnehmer sollten schon früher als erst nach 5 Jahren Aufenthaltes Wohnbeihilfe erhalten können. * Der Anteil des Selbstbehaltes an der Gesamtmiete sollte verringert werden. Da ausländische Arbeitnehmer besonders oft vom schlechten Erhaltungszustand ihrer Wohnhäuser und Wohnungen betroffen sind, sollte die Stadt Wien alle gesetzlichen und behördlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um die Durchführung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten durchzusetzen. Um die Grundstückspreise für den Wohnbau zu senken und den geförderten Mietwohnungsbau in sensiblen innerstädtischen Stadtgebieten zu erleichtern, sollte eine Widmungskategorie "geförderter Wohnungsbau" in der Wiener Bauordnung eingeführt werden und die Baupflicht auf diesen derart gewidmeten Grundstücken auch konsequent umgesetzt werden. Durch eine Infrastrukturabgabe für nicht widmungsgemäß verwendetes Bauland würden Anreize gesetzt, Bauland für den Wohnungsneubau zu nutzen. Regionale Kooperationen In Anlehnung an die derzeitige AK-Beschlußlage erinnert die Vollversammlung die Wiener Stadtregierung daran, dass die Forderungen zur regionalen Kooperation in der Ostregion nach wie vor aktuell sind. Die AK hat in diesem Zusammenhang eine Stärkung der Planungsgemeinschaft Ost, Regionalbeiräte für die inhaltliche Arbeit sowie einen Regionalkongress gefordert. Es ist notwendig, dass die regionale Zusammenarbeit neben der wirtschaftlichen Komponente die sozialen und kulturellen Bedingungen des Zusammenlebens auf engem Raum einbezieht, die regionalen Eigenheiten berücksichtigt und dauerhaft zusammenarbeitet. Hierfür gibt es in der AK Wien seit dem Mai 94 einen entsprechenden Leitantrag zur Kommunalpolitik. Es ist ein Vorschlag für eine Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit in der inner-österreichischen Ostregion: Einerseits stehen die innerösterreichisch politisch-administrativen Grenzen derzeit nicht zur Diskussion und andererseits sind für die neuen Entwicklungen im größeren Rahmen der EU-Osterweiterung keine organisatorischen Strukturen vorhanden. Beiden Forderungen gemeinsam ist die Schaffung eines institutionalisierten Rahmens für eine übersichtliche und offene Herangehensweise, die die Kompetenzen der AK als regionalem Akteur von vorne weg zur Mitgestaltung der Prozesse einbezieht. Die Forderungen begründen sich durch die seit Jahren bestehenden veränderten Aufgabenstellungen und Anforderungen für Regionalkooperation im Ballungsraum Wien unterhalb der nationalen Ebene. Unter Berücksichtigung auf die fortgeschrittene Zeit müssen sie daher um die Aspekte der EU-Osterweiterung ergänzt werden. Die verschiedenen wirtschaftlichen, demografischen, verkehrlichen und ökologischen Entwicklungen haben neue Problem- und Anforderungsqualitäten erzeugt (Zusammenführung von Ostsicht/Westsicht und deren Auswirkungen), die die alten, „bewährten“ Formen der Kooperation, bei weitem übersteigen. SCHULPOLITIK Zukunftsweisende Berufsbildung Um weiterhin den speziellen Anforderungen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktstruktur eines Ballungsgebietes – wie zB höher qualifizierte Stellenangebote, höheres Angebot im Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen sowie der Dienstlei-stungen in den Bereichen Gesundheit, Soziales und Unterricht – nachzukommen, müssen die beruflichen Bildungseinrichtungen nicht nur in ihrer Qualität gesichert werden, sondern das Angebot muß auch mit der Nachfrage der Wirtschaft und mit den Bedürfnissen und Wünschen der zukünftigen ArbeitnehmerInnen übereinstimmen. Anders als im gesamten Bundesgebiet, wo bis 2005 ein Rückgang bei der 15-jährigen Wohnbevölkerung zu verzeichnen ist, bleibt in Wien der Höchststand von 15.600 Jugendlichen aus dem Jahr 1997 stabil und werden ab dem Jahr 2002 zudem deutliche Anstiege erfolgen. Dieser allein schon demographisch bedingten erhöhten Nachfrage an weiterführenden Ausbildungsplätzen und den wachsenden Ansprüchen von Eltern und Jugendlichen an eine höherqualifizierende Ausbildung steht ein unvermindert schwaches An-gebot an Lehrstellen sowie ein zu geringes Angebot im Bereich der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) gegenüber. Die VV fordert die Stadt Wien auf, das Recht eines jeden Jugendlichen auf einen Ausbildungsplatz zu realisieren. Um auch die Ausbildungskapazitäten im Bereich der BMHS zu erweitern, soll die Stadt Wien beim Bund beantragen, neue Schulen im Bereich der IKT- sowie der kaufmännischen Ausbildung zu errichten. Vorrangig ist eine Handelsakade-mie/Handelsschule im Norden von Wien zu eröffnen. Recht der Jugendlichen auf einen Ausbildungsplatz Entgegen dem Trend in anderen Bundesländern weist Wien nach wie vor einen Überhang an Lehrstellensuchenden im Vergleich zu den offenen Lehrstellen auf. Die VV fordert daher auch weiterhin die Möglichkeit, Lehrgänge und Stiftungen bei selbständigen Ausbildungseinrichtungen zu führen, diese Ausbildungszeit auf eine spätere Lehrzeit anzurechnen sowie vom Bund die Sicherstellung der finanziellen Mittel. Wird der Bund dieser Aufgabe nicht gerecht, ist die Stadt Wien aufgerufen, hier für eine entsprechende Abdeckung zu sorgen. Das Problem der unzureichenden Ausbildungsplätze in Wien stellt sich seit nunmehr über vier Jahren und kann nicht mehr als vorübergehender Engpaß bezeichnet werden. Deshalb fordert die VV erneut, dauerhafte Lösungen im Form von überbetrieblichen Ausbildungen, Lehrlingsstiftungen, praxisorientierter Ausbildung in Form einer Berufsfachschule zu schaffen. Bei der Gestaltung der Berufsfachschule ist darauf zu achten, dass insbesondere in den IKT-Berufen sowie den wirtschaftsnahen Dienstleistungen Ausbildungen angeboten werden, für die verstärkt Mädchen zu gewinnen sind. Abstimmung Bildungsangebot und wirtschaftliche Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung der Osterweiterung Die AK fordert die Stadt Wien auf, Maßnahmen zu treffen, die zur Abstimmung der sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen der Region, der wirtschaftspolitischen Strategien sowie der inhaltlichen Ausrichtung der Berufsbildungsmöglichkeiten beitragen. Dabei sollen zukunftsweisende Wirtschaftsbereiche wie zB IKT, Logistik, Energiewirtschaft, Sozial- und Gesundheitsbereich ihre frühzeitige Umsetzung in entsprechenden Bildungsangeboten finden. Auch die Vorbereitung auf die anstehende Osterweiterung und deren wirtschaftlichen Auswirkungen sind in den Bildungsangeboten zu berücksichtigen. Diese Koordinierung ist sowohl für die BMHS, die Kollegs als auch für den FH-Bereich notwendig. Neben der bereits beschlossenen FH-Förderung soll sich die Stadt Wien dafür einsetzen, dass die Beschäftigung mit angewandter Forschung an den FH-Studiengängen deren Qualität anhebt und dass die notwendige Infrastruktur eingerichtet wird, um den Know-how-Transfer zwischen den Unternehmen, den öffentlichen Stellen und den FH-Studiengängen zu fördern. Weiters soll sich die Stadt Wien dafür einsetzen, dass im Herbst 2001 auch FH-Studiengänge für Sozialarbeit in Wien starten können und mit dieser Einrichtung die Höherqualifizierung von Frauen gefördert wird. Darüber hinaus ist die Stadt Wien aufgefordert, besonders Fachhoch-schulen für Berufstätige zu forcieren. Schulsanierungsprogramm und Ausstattung Die AK Wien begrüßt das Sanierungsprogramm der Stadt Wien und regt an, bei den Sanierungen auch gleichzeitig den Ausbau von bedarfsgerechten, ganztägiger Schulformen mitzuberücksichtigen. Darüber hinaus ist bei diesen Schulformen im Rahmen des Finanzausgleichs auf eine adäquate Lehrerausstattung zu drängen. Alle 400 Wiener Pflichtschulen wurden mit rund 10.000 Computern ausgestattet und werden durch ein hochleistungsfähiges Datennetz miteinander verbunden. Damit zählen die Wiener Schulen zu den am besten ausgestatteten Schulen Österreichs. Nun gilt es auch den Einsatz der modernen Technologien im Unterricht zu forcieren. Die AK Wien regt an, einen „Pädagogischen Computerführerschein“ für LehrerInnen zu schaffen, um sie methodisch-didaktisch zu befähigen, moderne Technologien bestmöglich einzusetzen. Damit würde Wien auch in diesem Bereich eine Vorreiter-rolle in Österreich einnehmen. Die Stadt Wien hat im Rahmen der baulichen sowie der Sanierungsmaßnahmen, aber auch bei der Computerausstattung für einen hohen Standard bei den Wiener Berufsschulen gesorgt. Die AK Wien fordert, dass an den Berufsschulen vermehrt ein Angebot für das Erlangen des Computerführerscheins zustandekommt und dass den Jugendlichen auch genügend Übungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Von den Kapazitäten der Berufsschule her sollen insbesondere die IKT-Ausbildungen und die Berufsschulen für Verwaltungs- und wirtschaftliche Berufe stärker ausgebaut werden. Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche mit „Defiziten“ Die Zahl der Jugendlichen in Risikogruppen (Jugendliche ohne Hauptschulabschluß, ohne Abschluß der Polytechnischen Schule, mehrmaliges Repetieren etc) im Schulbereich steigt, gleichzeitig wachsen die Anforderungen der Betriebe an lehrstellensuchende Jugendliche. Das Ziel muß die Verbesserung der Qualifikationen durch Förderprogramme, durch verstärkte Angebote zum Nachholen von Abschlüssen sowie Aufholen von Defiziten und adäquate Ausbildungsprogramme in Trägereinrichtungen sein. Daher sollte die Stadt Wien auf die Möglichkeit der Erlangung des Hauptschulabschlusses im öffentlichen Schulwesen durch eine Verbreitung des Angebots und Verankerung als eigenen Lehrgang im Schulorganisationsgesetz drängen. Reform der AHS-Oberstufe Die derzeitigen Formen der Oberstufe sind starr organisiert und lassen wenig Spielraum für individuelle Wünsche und Bedürfnisse. Die Schulen der Oberstufe sollten flexibler organisiert werden, um Jugendliche besser auf das Studium vorbereiten zu können. Auch mehr Möglichkeiten zur individuellen Schwerpunktsetzung soll es geben. Für die letzten beiden Jahre soll ein Kurssystem den Klassenverband ersetzen. Die SchülerInnen sollen auch selbst Schwerpunktsetzungen vornehmen und insbesondere selbständiger arbeiten lernen. Außerdem sind v.a. in der AHS-Oberstufe neue Inhalte wie Politische Bildung, Informatik und Berufs- bzw Studienorientierung aufzunehmen. Die Stadt Wien könnte hier Akzente durch Schulversuche an der AHS-Oberstufe setzen. Evaluierung und Ausbau der verbindlichen Übung „Berufsorientierung“ Die Wahl eines zukunftsweisenden Ausbildungsplatzes hängt sehr wesentlich vom Prozeß der Berufs- und Bildungswegorientierung während der Pflichtschulzeit ab. Sowohl in der AHS-Unterstufe, der Hauptschule als auch in der Polytechnischen Schule ist der entsprechende Unterricht zu intensivieren, in Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen aber auch den Berufsschulen sollen die SchülerInnen Erfahrungen in konkreten Tätigkeiten machen. Forcierung von neuen Kooperationsmodellen im Mittelstufenbereich Das Modell der “Differenzierten Kooperationsschule” wurde in einer überfraktionellen Arbeitsgruppe erarbeitet und im Kollegium des Wiener Stadtschulrats von allen Fraktionen einstimmig beschlossen. Die "Differenzierte Kooperationsschule" ist eine gegenüber der Hauptschule veränderte Schulform mit erweiterter Allgemeinbildung und einer differenzierten beruflichen Orientierung sowie einer besonderen Vorbereitung auf eine mögliche weitere Schullaufbahn. Die Stadt Wien sollte einen Ausbau der Kooperationsschule in Kombination mit Schulverbünden forcieren. Weiterentwicklung der Maßnahmen zur Integration von bilingualen Kindern und Jugendlichen Eine Konsequenz der Ergebnisse der gemeinsamen Studie „Bilingualität und Schule“ von AK und Stadt Wien ist die Forderung nach einer Starthilfe für jene bilingualen Kinder, die keinen Kindergarten besuchen. Diese Vorbereitungskurse müßten jedoch flächendeckend im Schulbereich angesiedelt werden. Eine Änderung der Schulgesetze ist die Voraussetzung dafür, allen Kindern ohne Kindergartenbesuch eine Starthilfe mindestens ab der Einschreibung im März anbieten zu können. Darüber hinaus sind auch in der Berufsschule und anderen Oberstufenschulen Fördermaßnahmen für bilinguale Kinder vorzusehen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Weiterentwicklung von Integrationsmaßnahmen sind aber auch die Bereitstellung notwendiger Ressourcen, die durch die Vereinbarungen im Finanzausgleich in Frage gestellt sind. Hier sollte die Stadt Wien weitere Verhandlungen mit dem Bildungsministerium führen. Förderung der Weiterbildung als entscheidender Impuls für die Entwicklung Wiens Die Stadt Wien hat über ihre hohen Zuwendungen an den Verband Wiener Volksbildung dafür gesorgt, dass die Volkshochschulen Kurse zu Preisen anbieten können, die für sehr viele WienerInnen erschwinglich sind. Diese großzügige Förderpolitik soll auch in Zukunft beibehalten werden. Auch ist dafür zu sorgen, dass den Einrichtungen der Erwachsenenbildung die Räumlichkeiten der Wiener Pflichtschulen zu Konditionen überlassen werden, die keine Erhöhung der Kursgebühren erzwingen. Die Stadt Wien hat durch ihren maßgeblichen Finanzierungsanteil am Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds (WAFF) wichtige arbeitsmarktpolitische Impulse gesetzt. Damit konnte 1999 die positive Trendwende am Wiener Arbeitsmarkt erreicht werden. Dieser Weg ist konsequent fortzuführen. Insbesondere ist ein maßgeblicher Teil der zukünftigen Erträge der in Gründung befindlichen Bank-Austria-Stiftung für die Arbeitnehmerförderung zu widmen. In Zukunft muß sich die Strategie des WAFF verstärkt in Richtung einer nachfrage-orientierten Arbeitsmarktpolitik entwickeln. Interventionen des WAFF sollten sich daher nicht nur auf Arbeitslose ausrichten, sondern das gesamte Arbeitskräftepotential (inkl. der Beschäftigten und der „stillen Reserve“) einbeziehen. Natürlich bleibt die Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit und die Verhinderung der dauerhaften Ausgrenzung aus dem Arbeitsmarkt ein zugrundeliegender Schwerpunkt des WAFF. Mit einer ausreichenden Dotierung des WAFF-Budgets wird es weiterhin möglich sein, das Qualifikationsniveau der Wiener ArbeitnehmerInnen zu sichern bzw zu erhöhen und damit eine wesentliche Basis für die Entwicklung des Wirtschaftsraumes Wien zu gewährleisten. Das „Bildungskonto“ des WAFF ist eine wichtige Maßnahme zur Förderung der beruflichen Weiterbildung und wird voll ausgeschöpft. Die AK hat die in dieser Hinsicht bisher inaktive Bundesregierung aufgefordert, über eine „Weiterbildungs-Milliarde“ die Mittel der Länder zur Förderung der beruflichen Weiterbildung zu verdoppeln. Die Stadt Wien sollte in den Verhandlungen mit dem Bund ebenfalls in diese Richtung argumentieren. Informations- und Beratungsstellen ausbauen Die Vorbereitung von Jugendlichen auf die Berufswelt war der AK stets ein großes Anliegen. Maßnahmen zur Berufs- und Bildungswegorientierung sind wichtiger denn je. Um der starken Nachfrage v. a. auch seitens der Schulklassen entsprechen zu können, wäre die Errichtung eines weiteren Berufsinformationszentrums in Wien dringend notwendig. Besonders wichtig ist auch die Förderung spezifischer Einrichtungen für benachteiligte Gruppen am Arbeitsmarkt (Mädchen, Kinder von MigrantIn-nen, behinderte Jugendliche). Umfangreichere Ausbildungs- und Berufs-Informationsveranstaltung Seit vielen Jahren findet im Gebäude des Stadtschulrates die Info-Veranstaltung „Wohin mit 14?“ statt. Im Vergleich zur Nachfrage ist die Veranstaltung zu klein di-mensioniert. Wichtig wäre eine mehrtägige Groß-Veranstaltung vergleichbar mit der Studien- und Berufsinformationsmesse für MaturantInnen. Erhöhung der Werteinheiten für den Bereich Berufsorientierung Voraussetzung für einen qualitätsvollen Berufsorientierungsunterricht an den Schulen sind entsprechende Maßnahmen in der Lehreraus- und -fortbildung. Die Stadt Wien sollte sich dafür einsetzen, dass das ursprüngliche, ohnehin zu knapp bemessene Kontingent an Werteinheiten dafür wiederhergestellt bzw aufgestockt wird. Öffnung der Betriebe der Stadtverwaltung für „Realbegegnungen“ Für eine anschauliche und realitätsgerechte Gestaltung des Berufsorientierungsunterrichts sind Betriebserkundungen, Interviews mit Berufstätigen und andere Formen von „Realbegegnungen“ gut geeignet. Leider sind zu wenig Unternehmen bereit, dahingehend mit Schulen zu kooperieren. Daher sollten sich Betriebe der Stadtverwaltung dafür zur Verfügung stellen. Diplomierte/r Kranken- und GesundheitspflegerIn auch im zweiten Bildungsweg Um das Ausbildungssystem der Gesundheitsberufe durchlässiger und chancengerechter zu gestalten, sollte seitens der Stadt Wien eine berufsbegleitende Aufschulung von der PflegehelferIn zum/r Diplomierten Kranken- und GesundheitspflegerIn eingerichtet werden, die auch für nicht-gemeindebedienstete PflegehelferInnen zu einem leistbaren Kostenbeitrag zugänglich ist. Kultur und Beschäftigung Wien liegt mit 7-8 % Beschäftigungspotential des Kultursektors im Mittelfeld vergleichbarer europäischer Großstädte. Das bedeutet, dass der Anteil des Kulturbereichs an der Beschäftigung in Wien dem einer vergleichbaren Großstadt entspricht. Die Bedeutung des Sektors Kultur und Unterhaltung für den Arbeitsmarkt ist also nicht – wie wahrscheinlich gemeinhin angenommen – überdurchschnittlich hoch. In den auf Kultur besonders spezialisierten Großstädten, liegt der entsprechende Anteil an der Beschäftigung bei rund 10 %. Ziel der öffentlichen Kulturpolitik müßte es deshalb sein, auch in jenen Bereichen aktiver zu werden, die besonders geeignet erscheinen, potentiell beschäftigungswirksam zu sein. Hier seien beispielsweise folgende Bereiche angeführt, die für Wien zukunftsträchtig sein könnten: die Digitalisierung und die Musikindustrie, die Auflösung der traditionellen Unterscheidung von E und U, der Verwertungs- und Vermarktungsbereich hinter kreativen Leistungen, Kultur als Wettbewerbsfaktor zur Schaf-fung unverwechselbarer Produkte (Design), Unternehmensimage (Kunstsponsoring) und vermehrtes Kulturerlebnis im Tourismusangebot. SOZIALPOLITIK Die Qualität der Sozialhilfe zugunsten der Schwächsten verbessern Die AK Wien unterstützt die Bemühungen der Stadt Wien, die Tätigkeit des Sozialamtes zu reformieren. Die angekündigte Reform ist aus Sicht der AK Wien begrüßenswert, denn bislang führen bürokratische Hürden bzw schwer zugängliche Leistungen in vielen Fällen zu einer Unterversorgung bzw zur Nichterreichung der primären Ziele der Sozialhilfe (Verhinderung von Armut). Über die vorgelegten Bemühungen hinaus, hält es die AK Wien für notwendig, das Sozialhilferecht weiterzuentwickeln: Das aus den 70er Jahren stammende Sozialhilfegesetz bedarf der Modernisierung und der Ausweitung zur Abdeckung neu entstehender Notlagen. Dabei * sollte der Zugang zu Mindestsicherungsleistungen bei legalem Aufenthalt unabhängig von der Staatsbürgerschaft eröffnet und * der explizite Ausschluss von AsylwerberInnen auf Sozialhilfe aufgehoben werden. Eines der zentralen Ziele bei der Unterstützung bedürftiger Personen im erwerbsfähigen Alter muß es sein, Hilfestellungen für den Zugang zu regulärer Erwerbsarbeit zu eröffnen. Das geltende Sozialhilferecht steht dem teils entgegen: * durch die generelle Rückzahlungsverpflichtung * durch den sofortigen Wegfall der gesamten Sozialhilfeleistung, sobald Einkommen erzielt wird Kontraproduktiv wirken vor allem die Regreßregelungen bei den SozialhilfebezieherInnen selbst, da sie in vielen Fällen demotivierend für einen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben wirken. Gelingt ein Wiedereinstieg ins Erwerbsleben, so sollte zumindest für eine längerandauernde Zeitspanne eine Rückzahlungsverpflichtung für den/die HilfeempfängerIn ausgeschlossen werden bzw die Höhe des erzielten Einkommens als Maßstab für die Rückzahlungsverpflichtung dienen. Verschiedene Aktivitäten etwa in Form von Sozialprojekten werden durch die Bestimmungen zum sofortigen Wegfall der Sozialhilfeleistung bei Erzielung eines Erwerbseinkommens konterkariert. Jedes noch so geringe Erwerbseinkommen, das im Zuge von Beschäftigungsprojekten als Teil therapeutischer oder anderer Behandlung erzielt wird, führt zum Wegfall der Sozialhilfeleistung. Diese Verknüpfung sollte nach Meinung der AK überdacht und durch eine zielgerichtetere Lösung ersetzt werden. Eine Gleichstellung mit NotstandshilfebezieherInnen, die bis zur Geringfügigkeitsgrenze Einkommen erzielen dürfen, sollte – für einen bestimmten Zeitraum ab Wiederaufnahme einer Erwerbsarbeit bzw einer Arbeit in einem Beschäftigungsprojekt - geprüft werden. Ein Hemmnis für den Zugang zu Sozialhilfeleistungen ist in etlichen Fällen die bestehende Rückzahlungsverpflichtung von Erben und unterhaltsverpflichteten Angehörigen. Nach Auffassung der AK Wien sollten Notlagerisiken – wenn überhaupt – nur in sehr eng umgrenzten Fällen an andere Personen überwälzt werden. In der Praxis wird durch den Durchgriff auf Familienangehörige in Form von überzogenen Unterhaltsverpflichtungen nicht selten die Armutsgefährdung auf den Familienverband ausgedehnt. Eine zeitgemäße Neuregelung wäre jedenfalls vonnöten. Über finanzielle Hilfestellungen hinaus sollte nach Ansicht der AK Wien vermehrt Augenmerk auf Rechtsansprüche auf soziale und aktivierende Hilfestellungen in Form eines Zugangs zu gesellschaftlich relevanten Sach- und Dienstleistungen (Zugang zu Aus- und Weiterbildung, aktive Arbeitsmarktpolitik, berufliche und medizinische Rehabilitation) sowie verbesserter Teilhabechancen über Hilfestellungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Vereinbarkeit von familiärer Pflegearbeit und Erwerbsarbeit über bedarfsgerechte Kinderbetreuungsplätze; Pflegehilfe; Betreuungshilfen eröffnet werden. Kinderbetreuung in Wien Wenngleich die Infrastruktur an Kinderbetreuungsplätzen in Wien vergleichsweise gut ist, gibt es aus Sicht der AK Wien mehrfachen Verbesserungsbedarf. Ein zentrales Problem sind die hohen Kosten für Kinderbetreuung. Zwar werden die Kosten der öffentlichen Betreuungseinrichtungen nach dem familiären Einkommen sozial gestaffelt, die niedrig angesetzten Einkommensgrenzen führen aber zu – nach Ansicht der AK Wien – überdimensioniert hohen Kosten für die Kinderbetreuung, sobald beide Elternteile Erwerbseinkommen erzielen. Im Ergebnis stellen die sozial gestaffelten Kinderbetreuungskosten ein Hemmnis für die Erwerbstätigkeit von Müttern dar. Aus Sicht der AK Wien sollte die öffentliche Kinderbetreuung deutlich kostengünstiger angeboten werden. Insbesondere für erwerbstätige Eltern sind flexible Öffnungszeiten und eine ganzjährige Führung der Kinderbetreuungseinrichtung wichtig. In vielen Fällen wird das bestehende Angebot den Erwerbserfordernissen nicht gerecht. Es sollten daher verstärkt die Bedürfnisse der Eltern erhoben und dementsprechend berücksichtigt werden. Engpässe gibt es vor allem bei der Betreuung von Kleinkindern. Dies führt zu Problemen bei der Berufsrückkehr im Anschluß an die Karenz. Bedingt durch die Knappheit der Krippenplätze verlieren auch arbeitslose Personen sehr rasch den Kinderbetreuungsplatz, wenn sie nicht bereits Arbeit in Aussicht haben. Darüber hinaus spricht sich die Vollversammlung auch für ein erweitertes Angebot an Kindergarten- und Hortplätzen aus. Ohne Kinderbetreuung ist allerdings auch die Perspektive auf einen Arbeitsplatz unrealistisch. Nicht zufriedenstellend sind aus Sicht der AK Wien die Qualifikationserfordernisse für die Berechtigung zur Ausübung der Tätigkeit als Tagesmutter (-vater). Die AK Wien fordert, ein Wiener Tagesbetreuungsgesetzes mit Mindeststandards bei der Aus- und Fortbildung rasch einzuführen, um die vorhandenen Kinderbetreuungssysteme auf hohem Qualitätsniveau abzusichern. Es sollte auch eine Durchlässigkeit zu anderen Berufsfeldern im sozialen Dienstlei-stungssektor geschaffen werden. Jedenfalls sollten Tagesmütter (-väter) arbeits- und sozialrechtlich abgesichert werden. Pflegebedarf und Unterstützung bei der Pflege In den nächsten Jahrzehnten wird der Pflegebedarf und damit der Bedarf an Unterstützung bei Pflegediensten aufgrund der Alterung der Bevölkerung stark ansteigen. Über die heute schon umfassend zu treffende Vorsorge hinaus, sind kurzfristig einige, wenige Maßnahmen dringlich umzusetzen: * Rücknahme der Änderung bei „Essen auf Rädern“ (Anspruch erst ab Pflegegeldstufe 2) * Verstärkter Ausbau teilstationärer Leistungen (Tageszentren usw) * Erweiterung des Angebots an Kurzzeitpflege * Mehr (quantitativ und qualitativ) Beratung für pflegende Angehörige * Hinwirken auf bundeseinheitliche Ausbildung in Pflegeberufen Integration von ZuwandererInnen Ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche soziale und wirtschaftliche Entwicklung Wiens ist die geglückte Integration der ZuwandererInnen in das Leben der Stadt. Die aktuellen sozialen und ökonomischen Erfordernisse machen es notwendig, Zuwanderungs- und Integrationspolitik auch auf Landesebene neu zu definieren. Aus Sicht der AK Wien erfordert eine sozial verantwortungsvolle Integrationspolitik gegenüber legal zugewanderten MigrantInnen die Orientierung an folgenden Grundsätzen: Arbeitsmarkt, Wohnen und Soziales * Grundsätzlich soll Zuwanderung an langfristigen sozialen, gesellschaftlichen und Arbeitsmarktinteressenslagen und nicht am kurzfristigen Unternehmensinteresse ausgerichtet werden. Dabei ist dem Gesichtspunkt der Familienzu-sammenführung prioritäre Bedeutung beizumessen. * Den ZuwandererInnen soll die Möglichkeit offen stehen, ihren Lebensunterhalt durch legale Arbeit selbst zu bestreiten. * Sie sollen Zugang zu beruflichen Weiterbildungs- und Aufstiegschancen erhalten. * Menschenwürdiges Wohnen ist dadurch sicherzustellen, dass ZuwandererInnen, die besonders häufig von Mietwucher betroffen sind, so wie allen anderen davon Betroffenen Hilfestellung gegen Wohnspekulantentum geboten wird und, dass ihnen dort wo dies noch nicht der Fall ist, der Zugang zu allen Formen des geförderten Wohnbaus ermöglicht wird. * ZuwandererInnen ist der volle Schutz des sozialen Netzes einzuräumen. * ZuwandererInnen sind in besonderem Maße durch Ausbeutung am Schwarz-Arbeitsmarkt betroffen und werden im Rahmen überdimensionierter Saisonierkontingente zu meist besonders ungünstigen Bedingungen beschäftigt, sodass auch seitens der Stadtpolitik alles unternommen werden sollte, um diesen Missständen zu begegnen. Konkret bedeutet dies für die Wiener Stadtpolitik, dass * die grundsätzlich erfolgreiche Arbeitsweise des Wiener Integrationsfonds und dessen Mittelausstattung beibehalten und gesichert und die * Bildungschancen und der Spracherwerb für ZuwandererInnen verstärkt begünstigt werden, zB durch Ausbau der Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten der ZuwandererInnen im Rahmen der Wiener Einrichtungen wie zB dem Wiener ArbeitnehmerInnenförderungsfonds (WAFF) und dem Wiener Integrationsfonds sowie in Kooperation mit anderen Einrichtungen zB auch jenen der Arbeitnehmerinteressenvertretungen. * Ferner soll der Zugang zur Sozialhilfe und zum sozialen Wohnbau auch ZuwandererInnen offen stehen und * Unterstützung der Stadt Wien bei der Bekämpfung des SchwarzunternehmerInnentums (zB im Rahmen der Auftragsvergabe der Stadt Wien) geleistet werden. * Schließlich sollte die Stadt Wien soweit es in ihrem Einfluß steht sich dafür einsetzen, dass die dauerhafte Integration von ZuwandererInnen in den Arbeitsmarkt nicht durch ständige Ausweitung von Saisonierkontingenten erschwert wird. Politische Rechte: Aus Sicht der AK Wien kann der unserer Gesellschaft zu Grunde liegende Demokratiegedanke nur gelebt werden, wenn auch die ZuwandererInnen, die mittlerweile einen großen Teil der Bevölkerung darstellen, von der politischen Teilhabe nicht vollständig ausgeschlossen sind. Wie die Erfahrungen in den europäischen Ländern mit kommunalem Wahlrecht für AusländerInnen zeigen, kann die Beteiligung der ZuwandererInnen an bestimmten politischen Rechten ein wichtiger Beitrag zur Integration und zum gegenseitigen Verständnis zwischen allen Bevölkerungsgruppen darstellen. Die AK Wien hält es daher für sinnvoll, wenn ZuwandererInnen ab einer gewissen Mindestaufenthaltsdauer das * aktive und passive Wahlrecht auf Bezirks- und Landesebene eingeräumt wird. Kulturelles und soziales Miteinander: Ein wichtiger Indikator für eine gelungene Integration ist nicht die erzwungene Assimilation der ZuwandererInnen, sondern die Schaffung eines Klimas, das den Dialog und die wechselseitige Rücksichtsnahme und das Verständnis zwischen den Bevölkerungsgruppen fördert. Aus Sicht der AK sind daher die * diesbezüglichen Maßnahmen des Wiener Integrationsfonds weiter auszubauen und sind * Projekte anderer Träger, die dem kulturellen Leben der ZuwandererInnengruppen Raum und Ausdrucksmöglichkeit schaffen zu fördern bzw Kooperationen mit diesen anzustreben. AsylwerberInnen: Unabhängig von der regulären Zuwanderungspolitik ist eine Asylpolitik zu gewährleisten, die eine menschenwürdige Aufnahme und Unterbringung der AsylwerberInnen sicherstellt. Asylpolitik ist Bundessache, bedarf in ihrer Umsetzung der Beteiligung der Länder - insbesondere bei der Unterbringung der AsylwerberInnen. Die AK Wien setzt sich dafür ein, dass auch seitens der Stadt Wien dazu ein angemessener Beitrag geleistet wird. Maßnahmen zur Integration von Langzeitarbeitslosen Wenngleich sich der Arbeitsmarkt in Wien in der jüngsten Zeit positiv entwickelt hat, ist hier ein überdurchschnittlich hoher Anteil von Langzeitarbeitslosigkeit zu verzeichnen. Ein wesentlicher Grund dafür ist darin zu sehen, dass Wien einen überdurchschnittlich hohen Anteil von vorgemerkten Arbeitslosen mit Integrationshemmnissen, zB in Form von Überschuldung, Behinderung, oder mangelnden Sprachkenntnissen bei ZuwandererInnen, aufweist. Eine erfolgreiche Integration dieser Menschen in den Arbeitsmarkt erfordert auch einen erhöhten Mitteleinsatz und die Entwicklung von besonderen Maßnahmen der Integration sowie die systematische Zusammenarbeit aller Träger und Einrichtungen, die sich mit Arbeitsmarktpolitik befassen. Die Arbeiterkammer Wien setzt sich daher dafür ein, dass * die erfolgreiche Politik des WAFF unter Einbeziehung der Sozialpartner und die ausreichende Dotierung des WAFF fortgesetzt bzw gesichert werden, * dass dabei insbesondere auf die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit Bedacht genommen und die Zusammenarbeit mit den Vertretungen der ArbeitnehmerInnen wie bisher gepflogen wird. * Durch besondere Maßnahmen wie die gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung, die Förderung von Sozialökonomischen Beschäftigungsprojekten und die Kooperation mit den Sozialpartnern und dem Arbeitsmarktservice Wien im Rahmen von Territorialen Beschäftigungspakten soll die Arbeitsmarktintegration insbesondere von Langzeitarbeitslosen und benachteiligten Gruppen am Arbeitsmarkt gefördert werden. * Gleichzeitig ist jedoch im Sinne einer zukunftsorientierten Präventionsstrategie darauf zu achten, dass auch durch eine systematische Förderung und Entwicklung von Zukunftsqualifikationen eine Aufwertung des Wiener Ar-beitsmarktes und daher eine Verbesserung der Berufs- und Erwerbschancen der Beschäftigten und Arbeit Suchenden erfolgt. Auch hier sollte die Kooperation zwischen den verschiedenen Einrichtungen (WAFF, Arbeitsmarktservice, Sozialpartner) gesucht werden. * Bei allen Maßnahmen sollte auf das Gender Mainstreaming geachtet werden um das Prinzip der Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern zu wahren.

Ergebnis: Angenommen angenommen

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