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Die Corona-Krise hat erneut die große Bedeutung der Kinderbetreuung und Elementarbildung für Gesellschaft und Wirtschaft gezeigt. Die Sozialpartnerinnen und die Industriellenvereinigung (IV) setzen sich gemeinsam dafür ein, dass es zu Lösungen der unmittelbaren Herausforderungen in Zusammenhang mit Covid-19 kommt. Sie stehen für eine breit ausgebaute und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung und Elementarbildung, um den Lebens- und Wirtschaftsstandort für die Zukunft zu gestalten.
Kinderbetreuung und Kinderbildung sind nicht der Schlüssel zur Lösung eines bestimmten Problems, sondern ein ganzer Schlüsselbund. Hier sind mehrere Bereiche miteinander verknüpft: Arbeitsmarktpolitik, Bildungspolitik und Kinderbetreuungsmaßnahmen. Die frühkindliche Betreuung und Bildung erfüllt zwei wesentliche Funktionen: Sie unterstützt die elterliche Arbeitsmarktteilnahme und fördert die Kindesentwicklung. Gleichzeitig erreicht sie mehrere Ziele: Vereinbarkeit von Familie und Beruf, mehr Fachkräfte am Arbeitsmarkt und faire Chancen für jedes Kind.
Die große Bedeutung von Elementarbildung steigt in Zeiten der Corona-Krise und hoher Arbeitslosigkeit noch zusätzlich: Investition öffentlicher Mittel in den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen haben einen hohen Beschäftigungseffekt und tragen gleichzeitig zu besseren Erwerbschancen von Frauen und Bildungskarrieren von Kindern bei. Zudem stärken sie den ländlichen Raum, denn neben der Verfügbarkeit von attraktiven Arbeitsplätzen, insbesondere für gut gebildete Frauen, ist die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wichtiger Faktor, um Abwanderung entgegen zu wirken. Auch die lokale Nachfrage wird durch den Ausbau von Kinderbetreuung erhöht.
Durch die hohe Beschäftigungswirkung entstehen hohe Rückflüsse: Zwei Drittel der investierten Mittel würden in Form von Steuern und Abgaben sowie durch Einsparungen in der Arbeitslosenversicherung wieder an die öffentliche Hand zurückfließen. Laut Berechnungen des Wifo fließen für jeden im Bereich sozialer Dienstleistungen investierten Euro 70 Cent wieder an die öffentliche Hand zurück.
Auch die Wirtschaft profitiert: Frauen sind besser gebildet als jemals zuvor und unverzichtbar für den Arbeitsmarkt. Mit gut ausgebauter Kinderbetreuung kehren sie schneller an den Arbeitsplatz zurück und sind zeitlich flexibler. Vor allem die weiblichen Beschäftigten bekommen damit die Chance auf stabile Erwerbskarrieren, gute Einkommen und später eine entsprechend höhere Pension. Investitionen in Elementarbildung und Kinderbetreuung sind damit ein Beschäftigungs- und Konjunkturmotor.
Die teilweise Schließung von Kindergärten und Schulen hat viele Eltern vor schwierige Herausforderungen gestellt. So wichtig der Schutz der Gesundheit ist, muss dieser dennoch gegen ebenso wichtige Ziele wie Bildung, Wirtschaft und das Wohlergehen von Familien und Kinder abgewogen werden. Arbeitgeber und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch die Beschäftigten in der Kinderbetreuung brauchen mehr Planungssicherheit und verlässliche Lösungen. Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen dürfen nicht voreilig geschlossen werden. Es muss klare und transparente Konzepte geben, um eine verlässliche Kinderbetreuung für alle zu gewährleisten. Dies ganz besonders im Interesse und zum Wohl der Kinder.
Im Jahr 2019 wurden österreichweit 27,6 Prozent der unter 3-jährigen Kinder in Kindertagesheimen betreut. Neben Wien mit 44 Prozent übertraf nur noch das Burgenland (34 Prozent) das Barcelona-Ziel von zumindest 33 Prozent Betreuungsquote. Dabei ist Kinderbetreuung eine Win-win-Situation für die ganze Familie: Eltern können ihrer Beschäftigung nachgehen und die Kinder sind – mit einer hohen elementarpädagogischen Qualität – in Betreuung und werden gefördert.
Die Sozialpartnerinnen und IV fordern:
Kleinkindergruppen und Kindergärten sind frühkindliche Bildungseinrichtungen, deswegen muss sichergestellt werden, dass alle Kinder einen Platz in einer elementaren Bildungseinrichtung bekommen. Es soll daher mittelfristig einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Geburtstag geben.
Dieser muss in der Praxis aber auch einlösbar sein. Dafür braucht es vor allem für Kleinkinder mehr Plätze und insgesamt bessere Öffnungszeiten. Um den Ländern und Gemeinden für die Umsetzung Planungssicherheit sowie ausreichend Zeit für die fundierte Ausbildung der künftigen Pädagoginnen und Pädagogen zu geben, braucht es eine Übergangsphase. Der Rechtsanspruch soll daher in zwei Etappen erfolgen, und zwar ab Herbst 2023 ab dem 2. Geburtstag gelten und ab Herbst 2025 ab dem 1. Geburtstag des Kindes.
Die täglichen und jährlichen Öffnungszeiten müssen so gestaltet sein, dass sie eine Vollzeitarbeit für beide Eltern ermöglichen.
Zusätzlich zu den öffentlichen und privaten Angeboten wird eine regelmäßige betriebliche
Kinderbetreuung für Unternehmen immer mehr zum Thema. Durch die Errichtung von
Betriebskindergärten lassen sich Kinderbetreuungslösungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden, die auch optimal auf die Bedürfnisse des Unternehmens abgestimmt sind. Die Betriebe investieren damit gezielt in die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Die Pläne und das Engagement von Unternehmen, die Kinderbetreuung innerbetrieblich auszubauen und entsprechend zu investieren, gilt es zu unterstützen – insbesondere, da die Umsetzung mit hohen Finanzierungskosten einhergeht - sei es durch Neubau eines Gebäudes oder durch bauliche Adaptionen die für eine Kinderbetreuungseinrichtung notwendig sind.
Die Sozialpartnerinnen und IV fordern:
Die Corona-Krise hat einmal mehr gezeigt, wie problematisch die uneinheitlichen Regelungen in der Elementarbildung und Kinderbetreuung sind. Es braucht gemeinsame Anstrengungen und Kooperation zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, statt Hürden durch die Kompetenzverteilung zwischen diesen Ebenen.
Als Bildungsinstitution soll es für die Kleinkindergruppen und Kindergärten eine klare Zuständigkeit auf Bundesebene geben und die Festlegung einheitlicher, hoher Mindeststandards für die pädagogische Qualität in Form eines Bundesrahmengesetzes.
Das Regierungsprogramm sieht hier die Errichtung eines Beirates für Elementarpädagogik zur Erarbeitung von Vorschlägen für einheitliche Qualitätsmindeststandards in der Elementarpädagogik vor, die ab 2022/23 in eine Bund-Länder-Vereinbarung münden sollen. Die Sozialpartner und IV begrüßen diese Initiative und fordern eine rasche Einberufung des Beirates, in dem auch die Wissenschaft sowie, die Sozialpartner und die IV namhaft vertreten sein sollen. Die zu vereinbarenden Qualitätsstandards müssen sich auf hohem Niveau bewegen, um den Zielsetzungen bester frühkindlicher Bildung zu entsprechen.
Mit dem „Bildungsreform Elementarpädagogikpaket - Kindergarten als Bildungseinrichtung stärken“ (2016) und „Zukunft der Elementarbildung in Österreich“ (2017) haben die Sozialpartner und IV dazu bereits konkrete Vorschläge gemacht. Hohe Mindeststandards, mehr Personal und mehr Räumlichkeiten sind nicht nur für eine hohe pädagogische Qualität wichtig. Im Kontext der Krisenfolgen und Szenarien, die weitere regionale Lockdowns und verstärktes Homeoffice bzw. Distance Learning erfordern könnte, machen diese Maßnahmen flexibles Agieren bei Epidemien möglich und erhöhen damit in weiterer Folge die Krisenresilienz.
Die Sozialpartnerinnen und IV fordern:
Der Ausbau der Sprachförderung im Kindergarten ist ein wichtiges Element für die Vorbereitung auf die Volksschule. Dabei steht die Förderung der Deutschkenntnisse an erster Stelle. Darüber hinaus ist die Vielfalt von Erstsprachen eine wichtige Ressource. Weiters muss Englisch als Weltsprache gefördert werden. Der Kindergarten ist ein Ort für den Kontakt und die erste Aneignung anderer Sprachen.
Um die Kinder für den Schuleintritt gut vorzubereiten hat sich das verpflichtende, kostenlose Kindergartenjahr zwar als sehr wirksam, jedoch deutlich zu kurz erwiesen und soll auf ein 2. Jahr für alle Kinder ausgeweitet werden.
Unsere Welt wird immer digitaler. Um mit diesen Entwicklungen gut umgehen zu können, ist es für die kommenden Generationen wichtig, den Umgang mit digitalen Medien frühzeitig spielerisch kennenzulernen.
Naturwissenschaftlich-technische Qualifikationen sind Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft und Wirtschaft und eröffnen jungen Menschen bislang kaum gekannte berufliche und persönliche Chancen. Kinder sind von Natur aus geborene Forscherinnen und Forscher. Dieses natürliche Interesse an
Naturwissenschaften und Technik gilt es möglichst früh aufzugreifen und kindergerecht zu fördern. Gezielte Förderung von Mädchen kann zudem dazu beitragen, dass in diesen immer noch stark männerdominierten Bereichen mehr Frauen tätig werden.
Die Sozialpartnerinnen und IV fordern:
Im Regierungsprogramm ist eine Ausbildungsoffensive für Elementarpädagoginnen und -pädagogen, insbesondere in den berufsbegleitenden Kollegs für Elementarpädagogik vorgesehen, um den raschen weiteren Ausbau von qualitätsvollen Bildungsplätzen in elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen sicherzustellen und den Betreuungsschlüssel zu verbessern.
Die Sozialpartnerinnen und die IV begrüßen diese Ankündigung und plädieren für eine rasche Umsetzung dieser Maßnahme, damit ausreichend qualifiziertes Personal für den weiteren Ausbau der Kleinkindergruppen und Kindergärten vorhanden ist. Dabei soll auch die Diversität gefördert werden, indem mehr Männer und Personen mit nicht-deutscher Muttersprache für die pädagogischen Berufe gewonnen werden.
Wiewohl die Kindergarten-PädagogInnen Hervorragendes leisten, hat das österreichische
Ausbildungssystem Reformbedarf: Notwendig ist eine einheitliche und bessere Ausbildung der unterstützenden Kräfte, auch zur pädagogischen Assistenz, eine Öffnung der Bundesanstalten für Elementarpädagogik (BAFEP) hin zu tertiären Einrichtungen sowie die schrittweise Tertiärisierung für Elementar- und Hortpädagoginnen und -pädagogen. Für die Ausbildung der Tageseltern sind bundesweit einheitliche Qualitätskriterien vorzusehen, die an die Ausbildungsstandards der pädagogischen Berufe anschließen und somit eine schrittweise Höherqualifizierung ermöglichen.
Für dieses ambitionierte Programm braucht es die entsprechenden finanziellen Mittel. Die von der Bundesregierung geplante substanzielle Aufstockung der laufenden 15a-Vereinbarung wird von den Sozialpartnern und der IV begrüßt und sollte rasch umgesetzt werden. Allerdings braucht es mehr Mittel, damit Österreich auch im internationalen Vergleich Schritt halten kann.
Diese Investitionen fördern nicht nur ein besseres Angebot und höhere Qualität in Kleinkindergruppen und Kindergärten, sie wären auch ein wichtiger Bestandteil eines Konjunktur-Beschäftigungspakets. Auch im internationalen Vergleich zeigt sich, dass hier Aufholbedarf besteht: Die EU-Staaten investieren im Schnitt 1 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in Kindergärten2. Hierzulande ist es um ein Drittel weniger. Österreich muss hier aufschließen, um nicht abgehängt zu werden. Damit stünde über 1 Milliarde mehr jedes Jahr für Zukunftsinvestitionen in der Elementarbildung zur Verfügung.
Um sicherzustellen, dass diese Mittel auch für den zugedachten Zweck eingesetzt werden, braucht es ein transparentes und nachhaltiges Modell der Finanzierung von Kinderbildung.
Die laufende Finanzierung muss mit der Leistungserbringung verbunden sein: Künftig soll die Finanzierung mit dem tatsächlichen bereitgestellten Angebot verknüpft werden, indem Zuschüsse pro betreutem Kind (differenziert nach Alter der Kinder, Öffnungszeit etc.) ausbezahlt werden. So bekommen jene Gemeinden, die ein gutes Angebot an Kinderbildung haben oder dieses verbessern, mehr Mittel.
Die Sozialpartnerinnen und IV fordern:
Die Sozialpartnerinnen und Industriellenvereinigung bekennen sich zu einer bedarfsorientierten, flächendeckenden, flexiblen sowie leistbaren Kinderbetreuung und hochwertigen Elementarbildung als unverzichtbare Zukunftsbereiche. Deshalb setzen sie sich gemeinsam für Investitionen und nachhaltige Verbesserungen ein.
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