Lohnunterschiede © Andrey Popov, stock.adobe.com
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AK Diskussion Gleichstellung: Halbe-Halbe bei der Karenz ist ein Muss!

Die im Rahmen der Reihe #SoMussSozialstaat veranstaltete Diskussion zum Thema Gleichstellung hatte ein zentrales Ergebnis: Es braucht eine gerechtere Verteilung der Kindererziehung. Sie ist das Um und Auf, um Frauen nach der Geburt eines Kindes wieder zurück in den Arbeitsmarkt zu bringen – mit einem entsprechenden Einkommen, das sich in der Folge positiv auf das Schließen des Gender Pay Gaps auswirken wird.  

Wann wird sich endlich etwas ändern? Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit sich endlich etwas ändert? Und was muss die Politik tun? Darüber diskutierte eine hochkarätige Runde am 19. April:


Horaczek: Wann ist „noch immer“ zu Ende?

Wann ist „noch immer“ zu Ende, fragte Falter Journalistin Nina Horaczek die Expert:innen-Runde bestehend aus Eva-Maria Holzleitner, SPÖ Bundesfrauenvorsitzende, Wirtschaftscoach Christine Bauer-Jelinek, Erich Lehner, Obmann des Dachverbands der Männerarbeit, Iris Burtscher, Journalistin bei den Salzburger Nachrichten und Katharina Mader, Ökonomin in der AK Wien und meinte damit, wann Frauen endlich gleich viel verdienen wie Männer, nicht mehr die Care-Arbeit im Alleingang stemmen und typische Frauenberufe besser bezahlt werden. Denn noch immer ist all das anders.

Burtscher: Es fehlt an Kinderbetreuung

Warum Österreich von einer Gleichstellung noch immer weit entfernt ist, bezeichnet Iris Burtscher, Journalistin bei den Salzburger Nachrichten, als „ungünstige Mischung aus gesellschaftlichen Erwartungen, politischen Entscheidungen und ökonomischen Gegebenheiten“. „Es fehlt an Lohntransparenz, an Kinderbetreuung, die Karenzzeiten sind in Österreich länger, das führt zu einem höheren Anteil an Teilzeit und das zu einem Gender Pay Gap, der bei knapp 19 Prozent liegt und damit in der EU der zweithöchste ist.“

Holzleitner: Rechtsanspruch auf Betreuungsplatz!

Deshalb ist aus Sicht von Eva-Maria Holzleitner, Bundesfrauenvorsitzende der SPÖ, einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz sehr wichtig: Erst wenn ich einen solchen Anspruch habe, kann jede Frau frei wählen. Aber diese Wahlmöglichkeit existiert derzeit in Österreich nicht – weder bei der Kinderbetreuung noch bei der Aufteilung der Karenzzeiten.“

Lehner: Halbe-Halbe bei der Kindererziehung

Dabei gebe es bei Männern durchaus die Bereitschaft, in Karenz zu gehen und Teilzeit zu arbeiten, jedoch wird es politisch nicht in die Pflicht genommen, sagt Erich Lehner, Vorstand des Dachverbands der Männerarbeit in Österreich. „Doch die Schlüsselfrage bei der Gleichstellung ist die Kindererziehung. Hier und bei der Pflege müssen wir Halbe-Halbe bekommen“, betont Lehner.

Mader: Väter müssen auch Care-Arbeit übernehmen

Denn es zeigt sich in der Statistik, so Katharina Mader, Ökonomin in der AK Wien Abteilung Frauen und Familie, dass „entgegen dem Bild, das wir haben, jüngere Väter überhaupt nicht mehr Kinderbetreuung machen. Sobald das erste Kind kommt, kommen auch die traditionellsten Rollenbilder mit. Deshalb müssen im Erwerbsleben Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass Väter auch die Care-Arbeit übernehmen.“

Bauer-Jelinek: 50:50 jenseits von Wahlfreiheit

Für Wirtschaftscoach Christine Bauer-Jelinek ist dagegen „50:50 jenseits von Wahlfreiheit“. Sie spricht sich dafür aus, andere Modelle anzudenken – etwa, dass sowohl Frauen als auch Männer von der Care-Arbeit wirtschaftlich leben könnten: „Quantitative Gleichstellung ist nichts, was uns weiterbringt.“

Erich Lehner dagegen würde sich „wünschen, dass in Österreich wieder ein Halbe-Halbe Kampagne gemacht wird“: „Es braucht Strukturen. Normalerweise machen wir eine Politik, um die Schwächeren zu stärken. In diesem Fall müssen wir die Männlichkeit begrenzen.“ Und Katharina Mader ergänzt: „Gleichstellungspolitik muss schon den Anspruch haben steuernd zu sein.“

Wie kann die Gleichstellung vorangetrieben werden?

Auf die Frage von Moderatorin Nina Horaczek, welchen Joker die Diskutant:innen denn ziehen würden, um die Gleichstellung in Österreich voranzutreiben, sprechen sich Eva-Maria Holzleitner und Erich Lehner daher klar für das Splitten der Karenz auf. Denn das hätte, so Holzleitner, die langfristigsten und effektivsten Effekte. Katharina Mader plädiert für das Instrument des Gender Budgeting. Wonach alles Handeln der Politik, das budgetäre Wirkung hat, danach untersucht wird, welche Wirkungen es auf die Gleichstellung hat.

Dagegen würde Christine Bauer-Jelinek die quantitative Gleichstellung sofort abschaffen: „Jeder Mensch, der sich um Care-Arbeit kümmert, soll unterstützt sein und frei entscheiden können – also kein Frauenministerium, keine Frauenförderung, keine Männerförderung, sondern ein Orientieren von unten nach oben und nicht nach Geschlechtern“.

Für Iris Burtscher müssen politische Maßnahmen jetzt Fahrt aufnehmen: „Es hat sich ja schon sehr viel getan, nur in super Zeitlupe. Die Schnecke bewegt sich also in die richtige Richtung: Die Bildung von Frauen hat sich verbessert, es gibt vermehrt Frauen in Führungspositionen. Aber jetzt braucht es mehr strukturelle Änderungen, damit dieser Backlash, der durch Corona eingeleitet wurde, sich nicht verschärft.“

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